Die angespannten deutsch-russischen Beziehungen werden durch einen neuen Vorfall belastet: Karl-Georg Wellmann wurde die Einreise nach Russland verweigert. Er sei auf Russisch „angeschnauzt“ und mit Gesten behandelt worden, als wäre er „ein Verbrecher“, sagt der CDU-Bundestagsabgeordnete. Bundestagsvizepra?sident Johannes Singhammer hat nun seine geplante Moskau-Reise verschoben.
Bundestagsvizepräsident Johannes Singhammer hat am Dienstag eine geplante Visite in Russland abgesagt. Hintergrund ist ein Einreiseverbot für den CDU-Abgeordneten Karl-Georg Wellmann. Bis zur Klärung der näheren Umstände werde er seine Reise nach Moskau verschieben, teilte der CSU-Politiker Singhammer am Dienstag mit.
Wellmann war am Sonntagabend auf dem Moskauer Flughafen Scheremetjewo die Einreise verwehrt worden. „Als Vizepräsident des Deutschen Bundestages kann ich es nicht akzeptieren, dass einem Bundestagskollegen ohne Begründung auf dem Moskauer Flughafen die Einreise verwehrt wird“, so Singhammer. Er hatte nach eigenen Worten eine Reihe von Treffen etwa im russischen Außenministerium geplant.
Das Auswärtige Amt bezeichnete den Vorfall als „unverständlich und inakzeptabel“. Der Botschafter in Moskau sei unverzüglich im russischen Außenministerium vorstellig geworden.
„Ich wurde auf Russisch – das ich nicht spreche – angeschnauzt und mit Gesten behandelt, als wäre ich ein Verbrecher“, erklärte Wellmann am Dienstag gegenüber „Spiegel Online„. „Mir wurde schließlich der Pass abgenommen, den ich erst in der Maschine wiederbekam, die mich nach Deutschland zurückbrachte. Dabei begleitete mich ein Beamter bis ins Flugzeug.“
Hinweise darauf, dass er unerwünscht sei, habe er zuvor nicht gehabt, so Wellmann. „Noch in der Woche vor meiner Abreise war ein Vertreter des russischen Außenministeriums bei mir im Büro in Berlin und fragte nach meiner Reise. Mit Sergej Glasjew stand auch einer der wichtigsten Berater Putins auf meiner Gesprächsliste. Insofern schien nichts darauf hinzudeuten. Ich hatte ja auch nicht vor, mich mit Oppositionellen zu treffen.“
Wellmann vermutet, dass er auf einer Liste mit Gegensanktionen zu den EU-Strafmaßnahmen steht, die wegen des Konfliktes in der Ukraine verhängt wurden.
Der CDU-Politiker ist Vorsitzender der deutsch-ukrainischen Parlamentariergruppe und Russland-Berichterstatter seiner Fraktion. Wellmann wollte sich in Moskau nach eigenen Angaben unter anderem mit dem Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses im russischen Föderationsrat treffen.
Wellmann hatte Russland maßgeblich für den Ukraine-Konflikt verantwortlich gemacht. „Russland ist der Kriegstreiber in der Region, weil es die Separatisten mit schweren Waffen, logistischer Hilfe und Treibstoff versorgt“, sagte Wellmann im Januar der Nachrichtenagentur Reuters.
Bereits im September 2014 wurde die Grünen-Europapolitikerin Rebecca Harms an der Einreise nach Russland gehindert. Auf dem Moskauer Flughafen wurde sie demnach als „unerwünschte Person“ abgewiesen.
Harms war nach Moskau geflogen, um als Beobachterin an einem Prozess gegen die ukrainische Pilotin teilzunehmen, gegen die russische Behörden wegen Mordes an Moskauer Journalisten ermitteln. Trotz ihres Diplomatenpasses wurde Harms nach Angaben ihrer Sprecherin nicht auf russischen Boden gelassen.
Anlässlich des Einreiseverbots von Wellmann erklärt Harms nun am Dienstag: „Der Kreml muss endlich die Liste aller in Russland zurzeit unerwünschten Politiker der Europäischen Union auf den Tisch legen. Aufforderungen zum Dialog und zur Begegnung zwischen der russischen Duma, dem Europäischen Parlament und nationalen Parlamenten der Mitgliedsstaaten werden sinnlos, wenn schwarze Listen gegen Abgeordnete geführt werden. Politiker überraschend am Moskauer Flughafen abzuweisen verletzt internationale Abkommen.“