Fans im Stadion gibt es aktuell nicht. Traurig für die Fans, aber gut für die Umwelt, denn Fans sind eine Belastung für das Klima. Früher oder später werden sie zurückkommen und in der Zwischenzeit können sich Vereine um ihre CO2-Bilanz kümmern.
In der letzten “normalen” Saison waren es neun Millionen Einweg-Plastikbecher, welche in der 1. und 2. Bundesliga im Müll landeten. Die Deutsche Umwelthilfe unterstützt deshalb Vereine dabei, auf Mehrweg-Konzepte umzusteigen und konnte bereits einige Profiklubs überzeugen. Beim FC Bayern allein können dadurch 20 Tonnen Abfall pro Jahr eingespart werden. Die Mehrwegbecher werden gespült und wieder verwendet.
Borussia Mönchengladbach setzt sogar beim Spülen der Mehrwegbecher auf besonders viel Nachhaltigkeit, wie eine Umfrage von der gemeinnützigen Klimaschutzorganisation „myclimate“ ergeben hat. Der Verein gibt als einziger Bundesligist an, die Becher direkt im eigenen Stadion zu spülen, sodass nicht einmal Transportwege anfallen.
Der Weg zum Stadion verursacht Emissionen
Apropos Transportwege: Die Mobilität bei den anreisenden Fans spielt ebenfalls eine große Rolle bei der Klimabilanz der Vereine. Alle Vereine, die an der myclimate-Umfrage teilgenommen haben, gaben an, dass die Anreise zum Stadion mit dem regionalen ÖPNV im Ticketpreis mit inbegriffen ist. „Alle Klubs sind sich darüber im Klaren, dass sie eine ökologische Verantwortung tragen und so setzen sich bereits alle intensiv mit dem Thema auseinander, was vorbildlich ist“, lobt Janosch Menger, der an der myclimate-Umfrage mitgearbeitet hat.
Jedoch zeigen die Ergebnisse auch, dass es noch viel Potential gibt, in Sachen Klimaschutz aktiv zu werden: „Bei der Umsetzung von konkreten Maßnahmen zeigt sich ein gemischtes Bild. Hier gibt es Klubs, die sehr engagiert und aktiv sind und das schon seit einigen Jahren“, stellt Menger fest. Mainz 05 sei beispielsweise bereits seit 2010 klimaneutral, sagt Menger, und kompensiere mittlerweile auch die Anreisen der Gastmannschaft. Andere Klubs stünden hingegen erst am Anfang und seien noch dabei, eine Nachhaltigkeitsstrategie zu entwickeln.
Professionelle Beratung für die Klubs
myclimate rät den Bundesligaklubs darum, das Thema Klimaschutz systematisch anzugehen. Ihr Ziel sollte es sein, klimaneutral zu werden. Dafür ist es allerdings notwendig, eine jährliche CO2-Bilanz zu erstellen, um Fortschritte und Nachholbedarf zu erkennen. „Genau wie für Unternehmen auch ist es ratsam für die Klubs, dass sie sich professionell beraten lassen, um ein langfristige Strategie zu entwickeln, sofern sie nicht selbst über eigenes Know-how in diesem Fachbereich verfügen“, empfiehlt Janosch Menger von myclimate.
Für die Reduzierung der Emissionen im Fußballgeschäft sind allerdings nicht allein die Vereine in der Verantwortung. Auch die Fans selbst können dazu beitragen, dass der Fußball insgesamt klimafreundlicher wird. Sie müssen beispielsweise das Angebot, mit dem ÖPNV zum Stadion zu fahren, auch nutzen anstatt mit dem Auto anzureisen. Die TSG Hoffenheim hat sich zudem etwas Besonderes einfallen lassen, um ihren Fans die Möglichkeit zu bieten, zur Klimaschutzstrategie des Verein beizutragen. Die Kraichgauer bieten in ihrem Online-Ticket-Shop die Möglichkeit an, ein sogenanntes Klima-Ticket zu erwerben, wodurch eine beliebige Anzahl von Baumsetzlingen zum Ticket hinzugebucht werden kann.
Auch Verbände sind in der Pflicht
Nicht zuletzt sind auch die Dachverbände mitverantwortlich, da diese in der Außenwirkung des Fußballs ebenso eine Vorbildrolle einnehmen. So gilt es ebenso für DFB und DFL, Nachhaltigkeitsstrategien zu entwickeln. Zwar fragt die DFL regelmäßig bei den Klubs der 1. und 2. Fußballbundesliga nach, ob sie Maßnahmen zur Reduktion von Müll und Energieverbrauch unternehmen – und tatsächlich, die überwiegende Mehrheit der Vereine beantwortete dies positiv – doch sie fordern keinerlei Maßnahmen zwingend ein. Der „Arbeitskreis Verantwortung“ der DFL lädt lediglich zum Austausch über das Thema Nachhaltigkeit ein.
Janosch Menger von myclimate wünscht sich von allen Seiten, etwas mehr Bemühungen. Vereine und Verbände sollten mit gutem Beispiel vorangehen und so in puncto Nachhaltigkeit ein Zeichen für Gesellschaft und Wirtschaft setzen: „Fußball ist die beliebteste Sportart in Deutschland und genießt ein enormes öffentliches Interesse. Gerade deswegen kommt dem Fußball eine besondere gesellschaftliche Verantwortung zu.“
Corona-Pandemie könnte eine Chance sein
Und so fordert inzwischen sogar Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) die Bundesliga auf, nachhaltiger zu werden und mehr auf Ökologie zu achten. Auch die EM 2024, welche in Deutschland stattfinden wird, sollte seiner Meinung nach durch Kompensationsmechanismen klimaneutral gestaltet werden. Hoffenheim-Mäzen Dietmar Hopp forderte im November 2020 sogar, dass TV-Gelder für die Vereine und Verbände künftig an Klimaschutz-Maßnahmen gekoppelt werden sollen.
Und so könnte die Corona-Pandemie, in der viele der klimabelastenden Faktoren des Profifußballs zwangsläufig weggefallen sind, auch eine Chance sein, um über solche Klimaschutz-Strategien nachzudenken. Nicht zuletzt könnte dies auch einen positiven Image-Effekt für Vereine und Verbände haben. Im Zuge der Sonderbehandlung des Fußballs während der Pandemie hat die gesamte Branche diesen auch nötig, denn die Fußballer durften spielen als die Schulen in Deutschland noch geschlossen waren. Dafür erntete die Politik sowie Bundesliga selbst viel Kritik.