Die Vorsitzende der Europäischen Stiftung für Progressive Studien, Maria João Rodrigues, ist der Ansicht, dass der Sozialgipfel in Porto, der von der portugiesischen EU-Ratspräsidentschaft angestoßen wurde, ein „historischer Moment“ für das EU-Engagement für soziale Rechte werden könnte.
In ihrer Rede bei der Eröffnungssitzung der Digitalveranstaltung „From Declaration to Action: Time for Social Rights“ am vergangenen Freitag (5. März) betonte João Rodrigues, die Europäische Säule sozialer Rechte könne dem gesamten EU-Projekt ein neues Fundament geben.
„Am Anfang haben viele Leute gesagt, dass wir keine soziale Säule brauchen. Einige sagten, sie sollte nur in den Mitgliedstaaten der Eurozone umgesetzt werden. Und einige Regierungen erklärten zwar, sie würden die Säule begrüßen, hätten aber nicht die Absicht, sie in ihren Ländern umzusetzen,“ erinnerte sie zunächst.
Um die soziale Säule effektiv umzusetzen, sei es aber wichtig, dass sich die 27 Mitgliedsstaaten und EU-Institutionen nun verbindlich „zu den Zielen verpflichten“, die von der Europäischen Kommission skizziert wurden. Der entsprechende Aktionsplan für die Europäische Säule sozialer Rechte wurde am vergangenen Donnerstag vorgestellt.
„Wir bewegen uns jetzt auf den nächsten Moment zu, der hoffentlich historisch sein wird – nämlich den Sozialgipfel in Porto, wo dieser Aktionsplan nach einer weitreichenden Debatte offiziell vorgestellt wird,“ so die Portugiesin weiter. In diesem Rahmen solle sich die EU für die „Rettung von Arbeitsplätzen“ einsetzen. Schließlich gebe es „eine tiefe Rezession mit enormen sozialen Auswirkungen“.
João Rodrigues drängte die verantwortlichen Akteure auch dazu, den Zugang zu Weiterbildungsmaßnahmen für deutlich mehr Menschen in ganz Europa zu gewährleisten. Nur so könne man die EU-Bürgerinnen und -Bürger auf den erwünschten „ökologischen und digitalen Wandel“ vorbereiten.
Zu guter Letzt betonte sie außerdem die Notwendigkeit, Armut und soziale Ausgrenzung zu bekämpfen und warnte vor einer „enormen Zunahme sozialer Ungleichheiten“ als Folge der Pandemie und des besagten Wandels.
Dieses letzte Ziel, so João Rodrigues, könne mit Hilfe eines Mindestlohnsystems erreicht werden. Sie warnte jedoch, dass für die Verwirklichung eines solchen Plans und seine Umsetzung gewisse finanzielle Mittel erforderlich sein werden.
Die Portugiesin schlug daher den Einsatz der Konjunkturpaketgelder und eine „umfassende Aktualisierung“ des Stabilitäts- und Wachstumspakts vor. Dies sei notwendig, um sicherzustellen, dass „die nationalen Haushalte die finanzpolitischen Voraussetzungen haben, um in soziale und gute öffentliche Dienstleistungen zu investieren“.
Weiter betonte sie, auch das „Finanzsystem“ trage „große Verantwortung“. In diesem Sinne müsse garantiert werden, dass diejenigen Unternehmen, die auf dem Binnenmarkt große Gewinne erzielen – vor allem digitale Plattformen – auch die entsprechenden Steuern und Abgaben zahlen.
Ihr Schlussplädoyer: „Wir haben eine sehr wichtige Aufgabe vor uns, denn die Krise, die wir gerade erleben, wird länger und komplexer sein, als wir ursprünglich erwartet haben. Es geht nicht nur um die wirtschaftliche Erholung, sondern um den Wiederaufbau unserer Gesellschaften. Wir müssen sie in ein neues Ideal des Wohlstands für alle verwandeln.“
[Bearbeitet von Josie Le Blond und Tim Steins]