Die EU-Staaten haben dem Vorschlag der Kommission zugestimmt, die Vorschriften für Schusswaffen zu verschärfen – nicht jedoch, ohne der Institution vorher einige Zugeständnisse abgerungen zu haben. EURACTIV Frankreich berichtet.
Es waren lange und quälende Verhandlungen. Am 20. Dezember jedoch gaben die Mitgliedsstaaten endlich grünes Licht für die nach den Anschlägen vom 13. November 2015 vorgestellte Überarbeitung der Schusswaffenrichtlinie. Im Rahmen der Diskussionen hatte die Schusswaffen-Lobby entschlossen mobil gemacht. Unterstützung erhielt sie dabei von Rechtsextremen, Konservativen und der politischen Mitte.
Angesichts des vehementen Widerstandes aus Jagd- und Schützenvereinen sah sich die Kommission gezwungen, in einigen Hauptpunkten ihres ursprünglichen Vorschlags Kompromisse einzugehen. Diese Zugeständnisse ermöglichten es den Mitgliedsstaaten nun, die überarbeitete Richtlinie mit einer qualitativen Mehrheit anzunehmen. Zwei Länder stimmten angeblich gegen die Richtlinie, wie EURACTIV aus informierten Kreisen erfuhr: Tschechien, das bisher jedwede Verschärfung der bestehenden Regeln ablehnt, und Luxemburg, das noch strengere Gesetze fordert.
Kein Komplettverbot für Halbautomatik
Ursprünglich hatte die EU-Kommission vorgeschlagen, die gefährlichsten Halbautomatikwaffen komplett zu verbieten, darunter Sturmgewehre wie die AK47 und AR15. Diese zählt sie zu militärischen Waffen. Das geplante Verbot ließ sich jedoch nicht durchsetzen. Zwar ist es bald untersagt, Waffen zu besitzen, die über ein Magazin mit mehr als 20 Kugeln verfügen, aber: Sportschützen oder Jäger sind in einigen Ländern von dieser Regel ausgenommen.
Dieser von vielen als schwach erachtete Kompromiss hielt die europäische Waffenlobby nicht davon ab, ihrer Frustration in den sozialen Netzwerken Luft zu machen. Waffen-Aktivisten halten die Zugeständnisse der Kommission für unzureichend. Die meisten Sportschusswaffen würden ihnen zufolge in die Kategorie „A“ eingeordnet werden und somit für unzulässig erklärt. Etwa 50 Waffen dieser Art werden im Schützensport verwendet.
Seit in Berlin am 19. Dezember ein LKW vorsätzlich in den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz raste, beharrt die Waffenlobby auf die Frage, ob die EU denn nun LKWs verbieten würde. Darüber hinaus rief sie den Hashtag #EUtruckban ins Leben – in Anlehnung an den Hashtag #EUgunban, mit dem sie gegen die Versuche der Kommission ankämpfte, strengeren Waffenkontrollen einzuführen.
Drohungen
Die für die Reform zuständigen Kommissare und Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker höchstpersönlich sollen regelmäßig Drohungen von Waffenaktivisten erhalten haben. Darin werfe man ihnen vor, Brexit-ähnliche Rebellionen anzuzetteln.
„Wir wurden mit außerordentlicher Gewalt bedroht. Das Ausmaß ist ähnlich hoch wie, wenn es um den Israel-Palästina-Konflikt geht“, betont der grüne EU-Abgeordnete Pascal Durand. Der Franzose nimmt an den Verhandlungen im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten des EU-Parlaments teil.
Der von den Mitgliedsstaaten verabschiedete Text muss nun in einer Plenarabstimmung des EU-Parlaments bestätigt werden. Diese findet voraussichtlich im kommenden März statt.