Brandstetters peinlicher Persilschein für Alijew

Lange Zeit wurde der Kasache Rachat Alijew von österreichischen Behörden verschont - und sogar mit einem Pass ausgestattet. Foto: dpa

Österreichs Justizminister Wolfgang Brandstetter stellte als Anwalt dem früheren kasachischen Botschafter Rachat Alijew noch Leumundszeugnisse aus, als die schweren Vorwürfe gegen seinen Mandanten längst bekannt waren. Die Anschuldigungen hätten „rein politische Gründe“.

Österreichs Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) verwickelt sich in Widersprüche, wenn es um seine Beziehungen zu dem früheren kasachischen Botschafter Rachat Alijew (Rakhat Aliyev) geht: Noch 2011 stellte er dem Kasachen und dessen Frau Leumundszeugnisse aus. Da war allerdings längst bekannt, dass Alijew alias Shoraz der Folterungen und Misshandlungen, Mordaufträge, Geldwäsche und anderer Verbrechen beschuldigt wurde.

Das unübersichtliche grenzüberschreitende Geflecht aus Briefkastenfirmen und Stiftungen, das Brandstetter betreute, diente allem Anschein nach ausschließlich der Verschleierung des gigantischen Vermögen Alijews. Eines Vermögens, das sich der frühere Vize-Geheimdienstchef und spätere Botschafter innerhalb weniger Jahre zusammengerafft hatte, dessen Herkunft seine Anwälte indes nie in Frage stellten. Anders das Oberlandesgericht Wien, das im Dezember 2012 im "zum Teil nicht einmal im Ansatz nachvollziehbaren Geldtransaktionen" den "begründeten Verdacht" sah, dass "über diese Gesellschaften Vermögenswerte, die aus strafbaren Handlungen stammen, ‚gewaschen‘ weren sollten". Herkunft und Verbleib des Vermögens sollten "durch Verschiebungen und Investitionen verschleiert werden".

Dies brachte die Süddeutsche Zeitung in ihrer Freitag-Ausgabe zum Resümee: "Ein Justizminister, dessen Name in einem Firmenkonstrukt auftaucht, das der Geldwäsche gedient haben könnte, das ist politisch pikant."

Im Gespräch mit dem österreichischen Wirtschaftsmagazin "Format", das sich auf Recherchen von EURACTIV.de bezieht, erklärte Justizminister Brandstetter, als er Alijew kennengelernt habe, sei dieser hoch angesehen gewesen.

Noch am 9. Augsut 2011 stellten Brandstetter und sein Partner, Rechtsanwalt Otto Dietrich, ihrem Mandanten und seiner Frau, Elnora Shorazova, das beste Zeugnis aus. In zwei englischsprachigen Schreiben an die Anwaltskanzlei Ganado & Associates in Valletta auf Malta, wohin Alijew nach seinem Österreich-Aufenthalt übersiedelt ist, hieß es, unterschrieben von Brandstetter und Dietrich:

"Gerne bestätigen wir, dass wir Dr. Rakhat Aliyev seit 2007 kennen und dass sie" – hier steht das falsche Geschlecht, weil der Text offenbar wortgleich aus dem Leumundszeugnis betreffend Elnara Shorazova übernommen und schlampig adaptiert wurde – "und dass sie seither mit unseren Anwaltsbüros geschäftliche Beziehungen unterhalten. Zu jeder Zeit war die Beziehung von gegenseitigem Vertrauen gekennzeichnet."

Dann folgt der Satz, der mutmaßlich wider besseres Wissen geschrieben wurde: "Bezüglich Dr. Aliyevs Reputation und Persönlichkeit ist uns nichts Negatives bekannt."

Weiter heißt es: "Wir kennen die Anschuldigungen von Gewalttätigkeit, Geldwäsche und Betrug, die gegen unseren Klienten erhoben werden. Allerdings haben wir keinerlei Grund zur Annahme, dass diese Anschuldigungen der Wahrheit entsprechen oder zutreffen. Im Gegenteil: Die bisher vorgelegten Beweise erscheinen uns widersprüchlich und manipuliert aus wohlbekannten und rein politischen Gründen."

Zu diesem Zeitpunkt, als Brandstetter und Dietrich das Leumundszeugnis verfassten, waren die Anschuldigungen bereits so schwer, dass es in mehreren Ländern, auch in Deutschland, Klagen gab und dass Abgeordnete des Europäischen Parlaments massiv kritisierten, dass einzelne EU-Länder als Schutzraum für Folterer und Menschenrechtsverletzer dienten. EURACTIV.de hatte über den "Kasachen-Krimi um Alijew" bereits im Februar 2011 exklusiv berichtet. 


Ewald König

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