Der Landwirtschaftsausschuss des Europäischen Parlaments hat ein Verhandlungsmandat für bevorstehende Gespräche mit den nationalen Ministerinnen und Ministern gebilligt. Darin wird eine Übergangsperiode von bis zu zwei Jahren vorgeschlagen; die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) könnte also bis 2023 zurückgestellt werden.
In ihrer allerersten Fernabstimmung am Dienstag erzielten die Abgeordneten im COMAGRI-Ausschuss eine Einigung, die sicherstellen soll, dass die EU-Gelder an die Landwirte auch ohne eine Einigung über die Reform der GAP weiter fließen werden.
Die MEPs unterstützen demnach grundsätzlich eine einjährige Laufzeit für eine solche „Übergangs-GAP“, wie sie auch die Europäische Kommission befürwortet hat. Sie schlagen aber auch eine automatische Verlängerung um ein weiteres Jahr vor, die in dem (sehr wahrscheinlichen) Fall ausgelöst wird, dass weder der langfristige Haushalt des Blocks (MFR) noch die neuen GAP-Regelungen ab 2021 vor dem kommenden Oktober vereinbart werden können.
Damit wollen die Abgeordneten vor allem die Fortsetzung der Zahlungen an Landwirte sichern: Der Sektor soll – gerade angesichts der aktuellen Gesundheitskrise – weiterhin ausreichend unterstützt werden, auch wenn es noch keine klare Marschrichtung für die kommende GAP gibt.
„Die Landwirte brauchen Berechenbarkeit, Stabilität und finanzielle Kontinuität sowie einen klaren Ausblick für die kommenden zwei Jahre,“ argumentierte die bei dem Dossier federführende Europaabgeordnete, die Finnin Elsi Katainen von der liberalen Fraktion Renew Europe.
Wenn das Parlamentsplenum im Mai endgültig grünes Licht für diese Position des Parlaments gibt, sollen sofort Verhandlungen mit den zuständigen nationalen Ministerien aufgenommen werden. Ziel sei eine endgültige Einigung noch vor Ende Juni und der Übergabe der Ratspräsidentschaft von Kroatien an Deutschland.
Rennen gegen die Zeit
Die Festlegung von derartigen Übergangsregelungen ist zu einem echten Wettlauf gegen die Zeit geworden: Übergangsperioden sollten vor dem 1. August 2020, dem Stichtag für die Berichterstattung mehrerer Mitgliedsstaaten an die Kommission, verabschiedet werden und in Kraft treten.
Die nationalen Landwirtschaftsministerien haben Anfang dieses Monats hingegen nur ein Teilmandat vereinbart. Aktuell wird im Rat noch debattiert, ob eine ein- oder zweijährige Übergangsfrist gefordert werden soll. Es ist zu erwarten, dass die Dauer der Übergangsperiode auch zum größten Streitpunkt bei den interinstitutionellen Gesprächen wird.
In einem internen Arbeitsdokument, das von EURACTIV eingesehen werden konnte, scheint die Kommission derweil bereit zu sein, die Kohäsionspolitik für den Zeitraum 2014-2020 und die darunter laufenden Programme um zwei Jahre bis 2022 zu verlängern. So sollen die dringendsten Bedürfnisse in der Krise abgedeckt werden.
In Anbetracht der Ähnlichkeiten zwischen der GAP und der Kohäsionspolitik könnte die EU-Exekutive einen ähnlichen Weg für die Agrarpolitik einschlagen.
Diskussion um den mehrjährigen Finanzrahmen
Die Übergangsregelungen für die GAP sind eng verknüpft mit den Diskussionen über den zukünftigen MFR, da die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten über die Höhe der Mittel entscheiden müssen, die letztendlich in den einzelnen Landwirtschaftsprogrammen bereitgestellt werden können.
Die COMAGRI-Abgeordneten betonten in dieser Hinsicht einmal mehr, dass weitere Kürzungen der GAP im nächsten MFR vermieden werden sollten. Die Mittel müssten in realen Zahlen zumindest auf dem Niveau von 2014-2020 gehalten werden.
Sowohl die Direktzahlungen in der ersten Säule der GAP als auch die Förderung der ländlichen Entwicklung sollten sich im Jahr 2021 an den Werten des EU-Haushalts 2020 orientieren, betonten die Parlamentarier in einem Zusatzantrag.
Berichterstatterin Katainen erklärte in dieser Hinsicht, die europäische Landwirtschaft brauche gerade in unsicheren Zeiten klare Regeln und eine starke Finanzierung. Die Lebensmittelproduzenten könnten nicht nach dem Motto „alte Regeln, weniger Geld“ arbeiten.
„Es ist offensichtlich, dass wir mit weniger nicht mehr erreichen können. Die Mitgliedsstaaten müssen es schaffen, sich während dieser Übergangsperiode rechtzeitig und mit ausreichenden Mitteln auf die neue GAP vorzubereiten,“ fügte sie hinzu.
Der COMAGRI-Ausschuss verabschiedete gestern außerdem einen Änderungsantrag des sozialdemokratischen Europaabgeordneten Paolo De Castro, in dem gefordert wird, dass die „Krisenreserve“ ab 2021 von außerhalb der GAP finanziert und auf dem derzeitigen Niveau gehalten werden soll. Nicht genutzte Mittel müssen demnach nicht zurückgegeben werden; und es soll darüber hinaus die Möglichkeit bestehen, sie unbegrenzt zu erhöhen.
[Bearbeitet von Sam Morgan und Tim Steins]