Obwohl die alljährlichen Verhandlungen zwischen französischen Supermärkten und ihren Lieferanten am Montag offiziell beendet wurden, ist der „Preiskrieg“, der auch in diesem Jahr wieder für Spannungen gesorgt hat, noch lange nicht vorbei. EURACTIV Frankreich berichtet.
Nach drei Monaten angespannter Diskussionen endeten die Gespräche mit recht viel Ärger: Diverse Verträge wurden nicht vor Ablauf der Frist unterzeichnet; und die Vermittler haben nun ein Zeitfenster von lediglich 15 Tagen, um zu versuchen, die Konflikte zu lösen.
Die jährlichen Verhandlungen über die Einkaufspreise zwischen Supermärkten einerseits und den Landwirten sowie anderen Produzenten, die die Läden mit Lebensmitteln beliefern, andererseits, sind seit Einführung der Gespräche im Jahr 2008 ein Streitthema.
Schwierige Verhandlungen
Die weit verbreitete Armut in der Landwirtschaft bleibt ein großes Problem. Die FNSEA (Nationale Föderation der Bauerngewerkschaften) und der Verband der Junglandwirte kritisierten im vergangenen Monat eine „schleichende Kostenerhöhung, die sich den Produzenten in zu vielen Sektoren aufzwingt“.
Die Gesundheitskrise würde die Preise für bestimmte Rohstoffe deutlich in die Höhe treiben, und damit auch die Kosten, die Landwirte beispielsweise für die Fütterung ihrer Tiere zu decken haben, „erheblich“ steigern, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der beiden Gewerkschaften.
Diese Erhöhung der Kosten für die Produzenten werde von den Supermärkten jedoch nicht ausreichend berücksichtigt und in die Preisgebung einkalkuliert.
Die Supermärkte würden somit „die Tatsache leugnen, dass beispielsweise der Getreidepreis einen großen Einfluss auf die Kosten für Tierfutter [und somit Fleischprodukte] hat“, so FNSEA-Präsidentin Christiane Lambert im Gespräch mit EURACTIV Frankreich.
Lambert kritisierte den „starken Druck“, der von den Einzelhändlern in den Verhandlungen ausgeübt wurde, um niedrigere Preise zu sichern – trotz des riesigen Umsatzes, der im vergangenen Jahr aufgrund der Schließung von Restaurants während der Pandemie gemacht wurde.
Laut Lambert erwiesen sich die Verhandlungen als „sehr hart“ für viele Sektoren, die von den steigenden Getreidepreisen betroffen sind. Besonders in Mitleidenschaft gezogen seien die Produzenten von Wurstwaren, Geflügel, Eiern, Milchprodukten und Backwaren.
Lebensmittelsicherheit
Es ist bei Weitem nicht das erste Mal, dass sich beide Verhandlungsseiten in der Debatte über eine faire Entlohnung der Produzenten in die Haare kriegen.
„Der Preiskrieg ist nach wie vor die Regel,“ bestätigten mehrere Gewerkschaften und Verbände, die die Lebensmittelindustrie vertreten, im Februar. Ihnen zufolge ist es Jahr für Jahr derselbe Kampf: Der „Preiskrieg“ hält an, „verarmt“ Landwirte und Lebensmittelunternehmen gleichermaßen und stelle eine „sehr konkrete Bedrohung für Frankreichs Ernährungssouveränität“ dar.
Auch Frankreichs Landwirtschaftsminister Julien Denormandie äußerte sich einen Monat vor Ende der Verhandlungen besorgt über die „Haltung“ der Supermärkte, die seiner Ansicht nach „ein Risiko für die Nachhaltigkeit unserer Ernährungssouveränität darstellt“.
Denormandie sagte kürzlich gegenüber der Fachzeitschrift La France Agricole, dass „mit dem Preiskrieg die Agrar- und Lebensmittelkette geradewegs auf eine Wand zusteuert“.
Die Einzelhändler hingegen betonen, sie müssten auch an die Verbraucherinnen und Verbraucher und deren Kaufkraft denken: „Aktuell hat mehr als ein Drittel der französischen Bevölkerung Schwierigkeiten, am Ende des Monats nicht im Minus zu stehen,“ so Jacques Creyssel, Generaldelegierter der Föderation für Handel und Vertrieb, im vergangenen Monat gegenüber dem Radiosender France Info. „Selbstverständlich müssen wir das berücksichtigen und dafür Sorge tragen, dass es insgesamt keine massive Preiserhöhung gibt,“ fügte er hinzu.
Mehrjährige Vereinbarungen als Lösung?
Um die Probleme und Pattsituationen in den Verhandlungen zu durchbrechen, „empfehle ich, dass wir einfach aus den jährlichen Verhandlungen aussteigen“, forderte derweil Serge Papin, ein Vermittler in den Verhandlungen, der vom Landwirtschaftsministerium Ende 2020 in diese Position ernannt wurde.
Er kritisierte, die Verhandlungen basierten „immer auf Machtspielen“, die letztendlich dazu führen würden, das die Landwirtschaft – „das schwache Glied und die Anpassungsvariable“ in diesem Prozess – den Preis zahlen müsse, so Papin gegenüber EURACTIV Frankreich.
Mit Blick auf die diesjährigen „besonders angespannten“ Diskussionen wünsche er sich daher mehrjährige Vereinbarungen und die Einführung eines „Produktionskostenindikators für Agrarrohstoffe“. Dieser solle als „Referenz“ in den Verträgen selbst festgehalten werden. So könnten auch zukünftige Verhandlungen bestenfalls vereinfacht werden.
Ein solcher Indikator würde die Landwirte besser vor den Unwägbarkeiten der jährlichen Verhandlungen schützen und wäre nichts anderes als „die wahre Vollendung des EGalim-Gesetzes“ – ein Gesetz, das 2018 in Kraft getreten ist, um die Handelsbeziehungen im Agrar- und Lebensmittelsektor auszugleichen und gesunde, nachhaltige und zugängliche Lebensmittel für alle zu gewährleisten. Das Gesetz zielt außerdem darauf ab, sicherzustellen, dass den Erzeugern ein „fairer Preis“ gezahlt wird, „damit sie von ihrer Arbeit anständig leben können“.
Allzu oft ist dies jedoch nach wie vor nicht der Fall.
„Bei Carrefour gab es am Wochenende eine Aktion: 8,90 Euro für das Prime Rib. Das ist ein Skandal,“ echauffiert sich Christiane Lambert. „Es ist gefährlich für die komplette Branche, den Leuten weiß machen zu wollen, dass man ein Prime Rib für weniger als zehn Euro kaufen kann,“ fügte sie hinzu.
Lambert hofft nun, dass während des 15-Tage-Zeitraums, der zur Lösung des andauernden Konflikts vorgesehen ist, die Rolle der Vermittler „respektiert wird“ und eine sinnvolle Einigung erzielt werden kann.
[Bearbeitet von Frédéric Simon und Tim Steins]