Die umfangreichen Mittel aus der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU sollten den „echten Landwirten“ zur Verfügung gestellt werden – und nicht denjenigen, die Landflächen verpachten und damit ohnehin große Gewinne erwirtschaften, fordern Mitglieder des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung des Europäischen Parlaments. Ein Bericht von EURACTIVs Medienpartner Dnevnik.
Eine Delegation von Ausschussmitgliedern war kürzlich zu Besuch in Bulgarien. Dort trafen sie sich mit Erzeugerorganisationen, Vertretern verschiedener Landwirtschaftszweige, dem Nichtregierungssektor und anderen Organisationen.
Der Ausschussvorsitzende Czesław Adam Siekierski (EVP) wies im Rahmen des Besuchs darauf hin, die Konzentration der Landflächen in den Händen einiger Weniger sei zu hoch. Er hingegen halte es „für sehr wichtig“, dass den Bauern, die die Äcker bestellen, das Land bestenfalls auch gehören sollte.
Im Rahmen der anstehenden GAP-Reform sind keine wesentlichen Änderungen an den Zielen der EU-Agrarpolitik vorgesehen. Aber es wird Änderungen in der Form geben, in der diese Ziele umgesetzt werden: Künftig müssen die Mitgliedstaaten in „Strategieplänen“ ihre spezifischen Möglichkeiten und Ansätze zur Erreichung der europäischen Ziele darlegen.
Eine der großen Änderungen besteht darin, dass die Länder in Zukunft nicht nur Pläne für die zweite Säule der GAP (Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums), sondern auch für die Direktzahlungen an die Landwirte vorlegen werden.
„Wir sind der Meinung, dass die Ziele besser erreicht werden können, wenn wir den Mitgliedsstaaten mehr Gestaltungsmöglichkeiten geben,“ erläuterte Siekierski. Das jeweilige Potenzial der Staaten müsse besser berücksichtigt werden.
Der polnische Abgeordnete betonte weiter, die Europäische Kommission werde die Pläne eines jeden Landes entgegennehmen und analysieren, dürfe aber keine Entscheidungen treffen, die zu Wettbewerbsverzerrungen führen könnten.
Europäische Landwirtschaft: Geringe Einkommen und kein Nachwuchs
Siekierski wies auch darauf hin, dass lediglich sechs bis sieben Prozent der Landwirte unter 35 Jahre alt seien. Eines der Ziele der GAP-Reformen müsse es daher sein, diesen Trend zu bekämpfen. Ein weiteres Ziel sei die Stabilisierung der landwirtschaftlichen Einkommen in der EU. Diese lägen aktuell bei nur noch 15 Prozent des Durchschnittseinkommens anderer Berufsgruppen in Europa.
Schließlich müsse auch sichergestellt werden, dass die Agrarmärkte stabilisiert werden. Siekierski verwies dabei beispielsweise auf schwankende Wetterbedingungen, die zu Verlusten für die Erzeuger und zu erhöhter Marktvolatilität führen.
Es gebe auch ein Wettbewerbsproblem, sagte er: Die EU exportiere Agrarerzeugnisse im Wert von 30 Milliarden Euro und führe gleichzeitig Produkte im Wert von 111 Milliarden Euro ein. Diese negative Handelsbilanz müsse verbessert werden.
Zinsfreie Darlehen für Landwirte
Aus Sicht des bulgarischen Abgeordneten Momchil Nekow (S&D) ist es inzwischen notwendig, zinslose Kredite für Erzeugerorganisationen bereitzustellen. Auch unlautere Handelspraktiken in der Lebensmittelkette seien „ein wichtiges Thema“, um das man sich auf EU-Ebene kümmern sollte.
„Wenn der Gewinn eines Produkts 100 Lewa beträgt, erhält der Produzent nur 20 Lewa, der Verarbeiter 30 Lewa und der Einzelhandel 50 Lewa. Also erhält der tatsächliche Erzeuger am wenigsten. Er ist der Schwächste in der Kette,“ so Nekow.
Er erklärte weiter, der Vorschlag, das Programm zur Entwicklung des ländlichen Raums um 15 Prozent zu kürzen und diese Mittel auf migrationspolitische Felder zu übertragen, sei „unzulässig“. Er wies darauf hin, dass das GAP-Programm tatsächlich vor allem zur Bekämpfung der Binnenmigration und der Landflucht beitrage.
Direktzahlungen an Großgrundbesitzer
Wladimir Urutschew (EVP) erinnerte daran, dass die GAP die finanziell bedeutendste Politik der EU ist. Im aktuellen Programmplanungszeitraum wurden mehr als 400 Milliarden Euro bereitgestellt, was mehr als einem Drittel des Gesamtetats entspricht.
Der größte Einzelposten seien dabei die Direktzahlungen an Landwirte. Urutschew warnte, ohne diese Unterstützung könnte die Ernährungssicherheit in Europa gefährdet werden. Es stelle sich jedoch die Frage, wohin dieses Geld genau fließe, fügte der Abgeordnete hinzu.
Denn tatsächlich gehe ein Großteil der Direktzahlungen an diejenigen, die über „riesige Mengen an Land“ verfügen, diese verpachten und damit Gewinne machen.
Das europäische Recht verbietet diese Praxis nicht, denn der freie Kapitalverkehr ist eine Grundfreiheit im Binnenmarkt.
Aus Sicht des bulgarischen MEPs sollten die Gelder aber vor allem den Erzeugern zugutekommen: „Wir müssen sehen, wie wir [die aktuelle Situation] einschränken können,“ so Urutschew.