Dieser Artikel ist Teil des special reports GAP 2020: Neue Modelle, mehr Flexibilität, unklare Auswirkungen
Nach langen Anlaufschwierigkeiten sind die Diskussionen über die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) nach 2020 nun auch im Europäischen Parlament angelaufen. Der Agrarausschuss ist jedoch gespalten: Die Abgeordneten scheinen noch weit von einer Einigung darüber entfernt zu sein, wie die EU-Gelder verwendet werden und wer die Zuschüsse erhalten soll.
Der AGRI-Ausschuss des Parlaments hat am 21. November in Brüssel erstmals über die Berichtsentwürfe zur GAP nach 2020 beraten.
Die Abgeordneten sprachen sich erneut entschieden gegen eine Kürzung der Mittel aus. Die Finanzierung der GAP solle mindestens auf dem gleichen Niveau wie der Haushalt 2014-2020 gehalten werden, hatte es bereits in einer am 30. Mai angenommenen Entschließung geheißen.
Der Ausschuss ist jedoch nach wie vor in der Frage gespalten, wie die Gelder ausgegeben werden sollten und wer von ihnen profitieren kann.
Ein weiterer Streitpunkt unter den Abgeordneten sind die Direktzahlungen und die Frage, ob diese auf Grundlage von bestimmten Maßnahmen der Landwirte (beispielsweise beim Umweltschutz) oder auf Grundlage der von ihnen bewirtschafteten Fläche in Hektar gewährt werden sollen.
Die Berichterstatterin für die Strategiepläne, Esther García, plädiert weiterhin für eine flächenbezogene Beihilfe, was hingegen von zwei Schattenberichterstattern (dem Grünen Martin Häusling und dem liberalen Vertreter Jan Huitema) kritisiert wird.
Aus Sicht von García könnte darüber hinaus die Übertragung von mehr Macht an die Mitgliedstaaten zu einer effizienteren Verwendung der Geldmittel führen. Für den Sozialdemokraten Paolo De Castro, der während des letzten GAP-Trilogs für das Parlament verhandelt hatte, birgt diese Übertragung hingegen die Gefahr einer „Renationalisierung“ der GAP. Er fordert, die Agrarpolitik müsse eine „gemeinsame“ bleiben.
Was ist eigentlich ein Landwirt?
Entscheidend für die zukünftige Förderung effizienterer Ausgaben in der GAP ist dabei die Definition des Begriffs „Landwirt“: Denn durch sie wird im Wesentlichen festgelegt werden, wer Zugang zu EU-Mitteln erhält.
Berichterstatterin García erwartete eine schwierige Debatte, die neben der Frage, wer eigentlich Landwirt ist, auch Unklarheiten bei Begriffen wie „Dauergrünland“ und „Junglandwirte“ umfassen wird.
In dem Bericht über die künftigen Strategiepläne wird nämlich auch zusätzliche Unterstützung für ebenjene Jung- sowie Neu-Landwirte gefordert. Dabei wird auch betont, die Mittel müssten einheitlich vergeben werden und sollten nur an „echte Landwirte“ gehen.
Der italienische MEP Macro Zullo (EFDD), der ebenfalls Schattenberichterstatter ist, hält hingegen die Definition „echter“ Landwirt für nicht ausreichend. Er argumentiert, man solle sich lieber auf das Konzept des „aktiven“ Landwirts beziehen.
Das Problem, das Zullo damit anspricht, ist, dass in der Vergangenheit die EU-Gelder oftmals nicht an die Menschen ging, die das Land tatsächlich bewirtschaften, sondern an Eigentümer von Land, das für jede Art von landwirtschaftlichen Tätigkeiten genutzt werden könnte. Somit profitierten vor allem Großgrundbesitzer – und auch Großkonzerne im Agrarsektor.
Unmwelt- und Klimaklauseln
Der vorgelegte Bericht enthält auch einige Umweltprogramme, die im Wesentlichen freiwillige Klima- und Umweltziele festlegen.
Diese Ökologisierungspläne sollen umweltfreundliche Produktionsmodelle, insbesondere in der Tierhaltung, und nachhaltige landwirtschaftliche Praktiken fördern. Dazu zählen unter anderem die verbesserte Bewirtschaftung von Dauerweiden, die Landschaftspflege sowie Umweltzertifizierungssysteme.
Die Abgeordneten konzentrierten sich in der Debatte vor allem auf die Frage, wie die vorgeschlagene zukünftige GAP Umweltschutzmaßnahmen besser unterstützen kann, um sicherzustellen, dass sie konkrete Ergebnisse liefern.
Einige Kritikpunkte kamen in dieser Hinsicht bereits von Luke Ming Flanagan von der linken GUE/NGL-Fraktion. Er forderte ehrgeizigere Umweltprogramme.
Die Grünen kritisieren derweil die „freiwillige“ Natur der der planten Maßnahmen.
Wie geht’s weiter?
Die politischen Entscheidungsträger der EU haben sich verpflichtet, bis zum Ende des laufenden GAP-Zeitraums (2020) eine neue Strategie für den mehrjährigen Finanzrahmen für 2021-2027 aufzunehmen. Als Mitgesetzgeber spielt das Europäische Parlament dabei eine wichtige Rolle.
Die endgültige Abstimmung im AGRI-Ausschuss ist für den 18. Februar vorgesehen. Die Abgeordneten haben nun bis zum 3. Dezember Zeit, ihre Änderungsanträge zu den Verordnungsentwürfen einzureichen.
Die drei Berichterstatter erwarten Tausende von Änderungsanträgen, die auch übersetzt werden müssen, bevor die Verhandlungen zwischen den Schattenberichterstattern beginnen können. In diesen Verhandlungen sollen dann Kompromisse gefunden werden.
Theoretisch bleiben danach noch drei Termine für eine Zustimmung im Parlaments-Plenum: die beiden Sitzungen im März sowie die letzte vor den EU-Wahlen im April. Sollten die Vorschlägen dann nicht angenommen werden, wird es nach den Wahlen am neuen Parlament liegen, einen gemeinsamen Standpunkt für die Verhandlungen mit den nationalen Ministern und der Kommission zu finden.
Doch selbst im besten Fall einer Zustimmung vor Ende der aktuellen Legislaturperiode gilt es als wenig wahrscheinlich, dass die derzeitigen drei Berichterstatter noch vor den Wahlen auch in Verhandlungen mit dem Europäischen Rat treten können.