Bio-Landwirte läuten die Alarmglocken aufgrund potenziell „schwerwiegender“ wirtschaftlicher und ökologischer Auswirkungen neuer Pflanzenzuchtmethoden auf den EU-Agrarsektor. Sie fordern die Anwendung der GVO-Gesetzgebung bei der Zulassung neuer Saatguteigenschaften. EURACTIV Brüssel berichtet.
In einem Grundsatzpapier, das voraussichtlich im Verlauf des heutigen Tages (14. Januar) erscheinen wird, drängt die Internationale Vereinigung der ökologischen Landbaubewegungen in der EU (IFOAM EU) die EU-Kommission, neue Pflanzenzuchtmethoden rechtlich genauso wie genetisch veränderten Organismen (GVO) zu behandeln.
Diese Techniken solle man einer Risikobewertung unterziehen, so die Vereinigung. Außerdem müssten für sie verpflichtende Rückverfolgbarkeits- und Kennzeichnungsauflagen gelten, heißt es in dem von EURACTIV eingesehenen Grundsatzpapier. Den Erwartungen nach wird die EU-Kommission in den kommenden sechs Monaten entscheiden, ob sie unter die GVO-Gesetzgebung fallen oder nicht.
Bei den neuen Pflanzenzuchtmethoden geht es darum, mithilfe von Gentechnik neue Saatguteigenschaften auf der Grundlage gegebener Spezies zu entwickeln. Befürworter dieser Technologie sagen, man solle sie nicht zu den GVO zählen, da die erzeugten Pflanzen keine Fremd-DNA enthalten und so auch auf natürliche Weise hätten wachsen können.
„Unvorhersehbare“ Nebeneffekte
Der Landbauernbewegung zufolge beruhen die neuen Pflanzenzuchtmethoden jedoch auf einer Technologie, die Eingriffe auf sub-zellulärer und genomischer Ebene vornimmt. „Daher geht IFOAM davon aus, dass sie nicht den Prinzipien des Bio-Anbaus entsprechen und somit nicht in der biologischen Herstellung zu nutzen sind.“ Darüber hinaus heißt es in dem Grundsatzpapier, dass Verfahren der Genmanipulation (GM) unvorhersehbare Nebeneffekte haben könnten.
„Lebende, genetisch veränderte Organismen kann man im Falle eines Problems nicht einfach zurücknehmen. Ihre Freigabe kann negative, unumkehrbare Folgen für die Umwelt haben“, warnen Bio-Bauern. Ihre Nutzung im Agrarsektor könne zur genetischen Kontamination des Genpools führen und somit indirekt die landwirtschaftliche Artenvielfalt verringern.
Sollte man diese Methoden ohne Rückverfolgbarkeitsauflagen für die Zulassung freigeben, beeinträchtige dies vor allem Bio-Saatgutunternehmen und Züchter. „Das würde die Innovation in der Bio-Pflanzenzucht behindern.“
Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit
Seitdem GVOs und mithilfe von GVOs erzeugte Produkte in der biologischen Herstellung verboten sind, spielen Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit eine essenzielle Rolle, wenn es darum geht, die unabsichtliche Nutzung von Kulturarten neuer Pflanzenzuchtmethoden zu vermeiden – aufgelistet durch den Bio-Sektor.
Bio-Landwirte fordern Transparenz. Außerdem sollen Unternehmen rechtlich dazu verpflichtet sein, ihre Zuchtmethoden offenzulegen. „Andernfalls können Saatgutproduzenten sowie Landwirte keine informierte Wahl treffen und somit unbeabsichtigt Bio-Saatgut und -Ackerland verunreinigen“, schlussfolgert das Grundsatzpapier.