Wie am Mittwoch (18. Mai) bekannt gegeben wurde, will die EU im Rahmen des sogenannten IPARD-III-Programms rund 112 Millionen Euro in die landwirtschaftliche und ländliche Entwicklung Albaniens investieren.
Das Programm läuft von 2021 bis 2027 und zielt darauf ab, nachhaltige Lebensmittelsysteme zu unterstützen, indem es die Wettbewerbsfähigkeit des Agrar- und Ernährungssektors erhöht und ihn schrittweise an den EU-Rahmen anpasst.
Darüber hinaus sollen Effizienz und Nachhaltigkeit der landwirtschaftlichen Produktion verbessert werden, um die Nachfrage nach sicheren, gesunden und nachhaltigen Lebensmitteln sowie nach artgerechter Tierhaltung zu decken.
Weitere Kernpunkte der Initiative sind die Förderung der Unternehmensentwicklung und der Beschäftigung in ländlichen Gebieten sowie die Verbesserung der Position der Landwirt:innen in der Wertschöpfungskette.
Das Programm soll auch dazu beitragen, mehr Personal für den Agrarsektor zu gewinnen und die kommunale Entwicklung auf lokaler Ebene zu verbessern.
Die albanische Regierung wird die EU-Mittel um weitere 34 Millionen Euro aufstocken, sodass sich der Gesamtbetrag auf 146 Millionen Euro beläuft.
Premierminister Edi Rama erklärte, dass diese Mittel allen, die in Albanien in der Landwirtschaft arbeiten und diese weiterentwickeln wollen, die Türen öffnen werden.
„Diese massive EU-Finanzierung ebnet einen noch breiteren Weg für alle, die ihr Unternehmen entwickeln wollen. Was hier geschieht, ist eine außergewöhnliche Innovation im ländlichen Leben unseres Landes, die sich bisher hinausgezögert hat“, sagte Rama.
Landwirtschaftsministerin Frida Krifca erklärte ihrerseits, dass die Mittel „der albanischen Landwirtschaft die Möglichkeit geben werden, neue Gewächshäuser, Agrartourismus, Sammelstellen, Traktoren und andere mechanische Geräte zu entwickeln wie nie zuvor.“
Dank früherer Finanzierungen im Rahmen von IPARD 2 konnte die Regierung den Sektor erheblich verbessern, fügte sie hinzu. „Es werden Leute eingestellt, Neugründungen unterstützt und die Qualitätsstandards der Produktion sind gestiegen.“
Einsatz der Fördermittel
Die Mittel werden in Tranchen aufgeteilt, die über die Jahre der Programmlaufzeit ausgezahlt werden. Der größte Betrag, rund 31,4 Millionen Euro, ist für Investitionen in Sachanlagen der Landwirt:innen vorgesehen, weitere 30 Millionen Euro für Investitionen in Anlagen für die Verarbeitung und Vermarktung von Agrarerzeugnissen.
Etwa 2,1 Millionen Euro sollen für die Förderung des ökologischen Landbaus verwendet werden. Albanien hat sich kürzlich verpflichtet, das EU-Ziel des Green Deal zu erreichen, wonach bis 2030 23 Prozent aller landwirtschaftlichen Flächen ökologisch bewirtschaftet werden sollen, was einer Steigerung um 100 Prozent gegenüber dem derzeitigen Stand entspricht.
Weitere wichtige Investitionen beinhalten die 21,3 Millionen Euro zur Diversifizierung der landwirtschaftlichen Betriebe und Unternehmensentwicklung sowie 12 Millionen Euro für die öffentliche Infrastruktur im ländlichen Raum.
Umstellung auf eine ökologische Landwirtschaft
Auf der 33. Regionalkonferenz für Europa in Polen, die von der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) organisiert wurde, sagte Krifca zu, dass die ökologische Landwirtschaft bis 2030 25 Prozent der gesamten Landwirtschaft ausmachen soll.
„Albanien hat sich verpflichtet, den Einsatz ökologischer Anbaumethoden auszuweiten, um das EU-Ziel von 25 Prozent ökologisch bewirtschafteter landwirtschaftlicher Flächen zu erreichen… Wir sind noch weit davon entfernt, aber mit der Hilfe verschiedener Partner bemühen wir uns, dieses Ziel zu erreichen“, sagte sie.
Krifca wies außerdem darauf hin, dass viele Landwirt:innen befürchten, dass sich die ökologische Umstellung negativ auf ihren Lebensunterhalt und Lebensmittelpreise auswirken könne. Sie betonte jedoch, dass es möglich sei, Ökologie und Produktivität zu vereinen.
„Während wir hier sprechen, arbeiten wir an der Fertigstellung unserer nationalen Landwirtschaftsstrategie, deren wichtigste Säulen die Einführung von landwirtschaftlichen Praktiken sind, die geringere Auswirkungen auf die Umwelt haben und gleichzeitig die Erträge sichern und sogar steigern“, fügte sie hinzu.
Sie verwies dabei auf traditionelle Agrarsysteme wie den Olivenanbau und die nachhaltige Nutzung von Weiden als mögliche Maßnahmen, die eingeführt werden sollen.
Aufholbedarf
Albanien verfügt über ein beträchtliches Potenzial zur Entwicklung seiner Landwirtschaft, das jedoch durch wirtschaftliche Schwierigkeiten und fehlende Investitionen bisher behindert wurde.
Während des 50 Jahre währenden Kommunismus wurden die landwirtschaftlichen Flächen in Genossenschaften aufgeteilt und für die Bedürfnisse des Staates bewirtschaftet. Dieses System begann jedoch schon früh zu bröckeln. Große Teile des Landes kämpften mit Nahrungsmittelknappheit.
Nach dem Ende des Regimes wurde das Land an die Bauern und Bäuerinnen zurückgegeben, die jedoch völlig unzureichend vorbereitet waren und denen es an Maschinen, Infrastruktur und Know-how fehlte.
Nachdem Albanien fast 50 Jahre lang vom Rest der Welt abgeschnitten war, hatte sich in der Landwirtschaft viel verändert, und das Land stand vor der Aufgabe, seinen Rückstand aufzuholen.
Bis heute gibt es nur kleine Fortschritte zu verzeichnen, da die verschiedenen Regierungen es versäumt haben, Nachhaltigkeit und Landwirtschaft zu einer Priorität zu machen. Andererseits waren die Landwirt:innen auch nicht bereit, neue Techniken zu übernehmen, in neue Maschinen oder Verfahren zu investieren oder ihre Produkte an die Bedürfnisse des Marktes anzupassen.
Das EU-Programm soll ab Anfang 2023 beginnen, aber die Regierung hofft, dass ein Teil der Mittel bereits ab Ende dieses Jahres zur Verfügung stehen wird, wenn sie die entsprechenden Verfahren rechtzeitig abschließt.