L´Auberge Espagnole: Erasmus für Lokalpolitiker?

Das Erasmus-Austauschprogramm gilt als Erfolgsgeschichte. [Emka74/shutterstock]

In seiner Sitzung vom 31.01.2018 sprach sich der Ausschuss der Regionen in einem Beschluss für die Einrichtung eines ERASMUS-Programms für Landes- und KommunalpolitikerInnen aus. Die Idee ist nicht neu: eine ähnliche Initiative hatte es bereits 2012 gegeben, die allerdings nicht konkretisiert wurde. Ein Franzose, François Decoster (Region Hauts-de-France) hat den Vorschlag nun wieder aufleben lassen.

Mobilität von Politikern: Europa leben um Europa besser erklären zu können

Zu häufig wird vergessen, dass die Europäische Union nicht nur aus 28 Mitgliedsstaaten mit ihren jeweiligen Staats- und Regierungschefs, sondern auch aus 91 000 regionalen und lokalen Gebietskörperschaften und Millionen von PolitikerInnen auf regionaler und lokaler Ebene besteht. Diese seien das “Bindeglied zwischen Europa und seinen Bürgern“, erinnert François Decoster, und sie seien wichtige Akteure der Kohäsionspolitik der Europäischen Union.

Die Distanz zwischen der EU bzw. ihren Institutionen und den europäischen Bürgern zu überwinden könne nach Decosters Überzeugung mit Hilfe der Lokalpolitiker gelingen: als Vermittler und als Initiatoren neuer Initiativen vor Ort. Das ERASMUS-Programm für LokalpolitikerInnen, das er nun vorschlägt, soll aus zwei Bereichen bestehen:

Weiterbildungsmaßnahmen und Mobilität. Letztere ermögliche es, Mitstreitende in ähnlichen Positionen kennen zu lernen, um sich über ähnliche Herausforderungen auszutauschen. Dies wiederum begünstige und fördere die Zusammenarbeit in gemeinsamen, transnationalen Projekten. Aber das ist noch nicht alles: PolitikerInnen, die über die Funktionsweise der Europäischen Union und ihrer Werkzeuge Bescheid wissen, und die selbst Erfahrungen im europäischen Ausland gemacht haben können ihren Wählern die Vorteile der EU auch besser vermitteln. Die EU hat solche MandatsträgerInnen, die die Errungenschaften der EU in den Fokus rücken und die Zusammenhänge gut erläutern können, bitter nötig. Der Ausschuss der Regionen argumentiert in seinem Beschluss vom 31. Januar: „[Der Ausschuss der Regionen] betont, dass die wichtigste Herausforderung darin besteht, nicht nur technisches Wissen über die EU und ihre Institutionen zu fördern, sondern auch eine Aufgeschlossenheit für Zusammenarbeit und Austausch im Zusammenhang mit der europäischen Integration […].

(K)eine Frage des Alters: 80-jähriger Spanier wird Erasmus-Student

Er sticht heraus: der 80-jährige Miguel Castillo reist nächste Woche ins italienische Verona – als Erasmus-Student.

„Erasmus”: eine Garantie zum Erfolg?

François Decoster verliert keine Zeit: er möchte dieses Projekt so schnell wie möglich in die Tat umsetzen. Wie bereits 2012 hat der Ausschuss der Regionen das Europäische Parlament um Unterstützung gebeten und vorgeschlagen, entsprechende Budgetposten für ein Pilotprojekt schon im Haushalt für 2018 einzustellen. Eine Umsetzung wäre dann ab 2019 möglich. Eine Arbeitsgruppe aus Kommission, Parlament und Ausschuss der Regionen soll die Einzelheiten des Förderprogramms ausarbeiten. Natürlich kann ein solches Projekt nicht ohne entsprechende Finanzmittel realisiert werden. Laut Vorschlag des Ausschusses der Regionen sollen sich die Europäische Kommission, die lokalen Gebietskörperschaften, bei denen die TeilnehmerInnen beschäftigt sind sowie die Weiterbildungsinstitutionen, die aus öffentlichen Geldern finanziert werden, die Kosten teilen.

ERASMUS und ERASMUS+ sind Erfolgsgeschichten der Europäischen Union. ERASMUS ist auch außerhalb, ja weit über den Bildungsbereich ein Begriff. Wenn von „ERASMUS für Lokal- und Regionalpolitiker“ die Rede ist, dann verstehen viele Menschen sofort, was sich hinter diesem Vorschlag verbirgt. Der Name allein sichert aber nicht den Erfolg des Projektes. Der erste Versuch aus dem Jahr 2012 hatte zwar breiten Zuspruch erhalten, viele Politiker hatten Interesse an einer Teilnahme gezeigt. Dennoch wurde das Projekt nie konkretisiert. Dabei handelte es sich schon damals nicht um die erste Initiative in diese Richtung. Nur wenigen ist das Programm TAIEX-REGIO PEER 2 PEER bekannt. Auch dieses zielt auf den Austausch zwischen Akteuren ab, die mit dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) oder dem Kohäsionsfonds arbeiten. Es richtet sich nicht nur an lokale und regionale Gebietskörperschaften sondern auch an deren MitarbeiterInnen. Die Einführung eines ERASMUS-Programms für Lokal- und RegionalpolitikerInnen sollte also die bereits bestehenden Angebote ergänzen und nicht nachahmen.

Die Umsetzung eines solchen Projektes würde der Europäischen Kommission Sichtbarkeit und Einfluss verschaffen. Mit Blick auf die Unwissenheit der breiten Bevölkerung wäre dies keine schlechte Idee. Sollte dieses neue ERASMUS an den Erfolg des seit 30 Jahren existierenden Mobilitätsprogramms anknüpfen, wäre dies ein großer Erfolg für den Ausschuss der Regionen und für die Europäische Union. Und vielleicht lässt sich ja auch ein Regisseur dazu inspirieren, einen Film über die Erfahrungen der Austauschpolitiker zu drehen? Also liebe Abgeordnete in den Stadt- und Landtagen, sind Sie bereit für die „Auberge Espagnole“?

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