Facebook hat seinen Namen offiziell in Meta geändert, und will sich auf die Entwicklung des „Metaversums“ konzentrieren. Kritiker:innen halten diesen Schritt für einen Versuch, von den jüngsten schädlichen Enthüllungen über das Unternehmen abzulenken.
Auf der jährlichen Connect-Veranstaltung der Plattform am Donnerstag (28. Oktober) sagte Gründer Mark Zuckerberg über den Namen Facebook: „Er umfasst zunehmend nicht mehr alles, was wir tun“.
Im Rahmen des Metaversum-Projekts wird sich Facebook verstärkt auf Technologien der erweiterten (AR) und virtuellen Realität (VR) konzentrieren und in diese investieren, wie es bereits begonnen hat. Für den Aufbau des Metaversums hat das Unternehmen angekündigt, dass es zusätzliche Mitarbeiter:innen in der EU einstellen wird.
Einige Kritiker:innen vermuten jedoch, dass die Umbenennung ein Versuch ist, von der jüngsten Flut negativer Enthüllungen über das Unternehmens abzulenken, besonders durch die Dokumente, die von der Whistleblowerin Frances Haugen veröffentlicht wurden.
Vicky Wyatt, Kampagnendirektorin bei SumOfUs, einer Non-Profit-Organisation, die sich für die Rechenschaftspflicht von Unternehmen einsetzt, erklärte gegenüber EURACTIV: „Zuckerbergs Entscheidung, sich auf das Rebranding zu konzentrieren, statt auf die Krise, in der sich sein Unternehmen befindet, ist ein weiteres Zeichen dafür, dass sich das Unternehmen mehr um sein Image kümmert, als sein toxisches Geschäftsmodell zu reparieren.“
Die Entstehung des Metaversums
Das Metaversum-Projekt zielt darauf ab, das zu schaffen, was Zuckerberg als „verkörpertes Internet“ bezeichnet hat: eine immersivere und allumfassende Online-Erfahrung, die sich stark auf AR- und VR-Technologien stützt, beides aufkeimende Märkte, die das Unternehmen seit seiner Übernahme des VR-Headset-Herstellers Oculus im Jahr 2014 erkundet.
Ziel ist es, ein Metaversum zu schaffen, das in allen Lebensbereichen eingesetzt werden kann, vor allem in den Bereichen Arbeit, Bildung, Gaming und soziale Kontakte. Das Projekt, das vom Unternehmen als langfristig und substanziell dargestellt wird, folgt auf die Kritik der Vergangenheit, dass Facebook nicht innovativ genug sei, um mit seinen Konkurrenten aus dem Silicon Valley gleichzuziehen.
Das Projekt wird erhebliche Finanzmittel erfordern; Finanzchef David Wehner hat bereits erklärt, dass die Investitionen in das Programm die Betriebsgewinne in diesem Jahr um etwa 10 Milliarden Dollar verringern werden.
In den nächsten fünf Jahren wird das Unternehmen außerdem 10.000 Mitarbeiter:innen in der EU einstellen, die an dem Projekt arbeiten sollen. „Abgesehen von den aufstrebenden Tech-Talenten“, so das Unternehmen in einem Blog-Post Anfang des Monats, „spielt die EU auch eine wichtige Rolle bei der Gestaltung der neuen Regeln für das Internet.“
„Europäische Entscheidungsträger:innen sind führend darin, europäische Werte wie freie Meinungsäußerung, Datenschutz, Transparenz und die Rechte der Einzelnen in die tägliche Arbeit des Internets einzubinden“, fügte es hinzu. „Facebook teilt diese Werte und wir haben in den vergangenen Jahren erhebliche Maßnahmen ergriffen, um diese zu wahren.“
Viele Gesetzgeber:innen sind jedoch anderer Meinung. Facebook wurde immer wieder als Beispiel dafür angeführt, warum eine Regulierung von Online-Plattformen dringend notwendig ist, nicht zuletzt in den Diskussionen über den von der EU vorgeschlagenen Digital Services Act (DSA) und Digital Markets Act (DMA).
Am Dienstag (26. Oktober) erklärte Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager gegenüber der Deutschen Welle, dass die EU „jetzt handeln“ müsse, bevor Facebook weiteren Schaden anrichten könne, und fügte hinzu, dass sich rechtliche Auseinandersetzungen mit dem Unternehmen über Jahre hinziehen könnten.
Fallout geht weiter
Die Plattform war in den letzten Monaten Gegenstand wachsender weltweiter Aufmerksamkeit, nachdem die Whistleblowerin Frances Haugen Dokumente, die sie während ihrer Tätigkeit bei dem Unternehmen gesammelt hatte, an verschiedene Medien weitergegeben hatte.
Eine erste Serie des Wall Street Journal enthüllte, dass die Plattform seit langem von dem Schaden wusste, den Instagram insbesondere für das Körperbild von Mädchen im Teenageralter anrichtete, jedoch keine Abhilfemaßnahmen ergriffen hatte.
In dieser Woche veröffentlichte eine Reihe anderer Zeitungen Artikel, die auf denselben internen Dateien basieren und eine Reihe von Vorwürfen über das Verhalten von Facebook enthüllen. Dazu gehören Behauptungen, dass das Unternehmen dem Wachstum stets Vorrang vor dem Schutz der Nutzer:innen eingeräumt hat, wenig gegen Hassreden in Gewaltsituationen unternommen hat und Entscheidungsprozesse von politischen Erwägungen bestimmen lässt.
In den Artikeln werden auch die unterschiedlichen Bemühungen von Facebook bei der Moderation von Inhalten in verschiedenen Sprachen und die Wut der Mitarbeiter:innen über das Verhalten des Unternehmens beschrieben. Viele der behandelten Themen kamen auch bei Haugens Auftritt vor einem britischen Parlamentsausschuss am Montag zur Sprache, wo sie den Gesetzgeber:innen sagte, dass Facebook „zweifellos“ den Hass verschlimmere.
Haugen wird am 8. November an einer Anhörung im Europäischen Parlament teilnehmen, wo die EU auf eine stärkere Regulierung der digitalen Welt drängt. Der Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz des Parlaments kündigte diese Woche an, dass er die für denselben Tag geplanten Abstimmungen über die vorgeschlagenen Gesetze über digitale Dienste und digitale Märkte verschieben werde, um ihre Aussage zu berücksichtigen.
Wyatt von SumOfUs sagte, Haugens Aussage bestätige, was bereits bekannt sei, und fügte hinzu: „Hier geht es nicht um ein bestimmtes Unternehmen – es geht um ein toxisches Geschäftsmodell, das Engagement und Profit in den Vordergrund stellt, ohne Rücksicht auf die Konsequenzen.“
„Big Tech hat völlig versagt, das Problem in den Griff zu bekommen. Deshalb müssen die Gesetzgeber:innen eingreifen und neue, strenge Gesetze erlassen, die diese milliardenschweren Tech-Monopole in die Schranken weisen.“
[Bearbeitet von Benjamin Fox]