Obwohl sie das Jahr 2022 zum Europäischen Jahr der Jugend erklärt hat, hat die EU-Kommission Vorschläge der Konferenz zur Zukunft Europas für eine stärkere Beteiligung junger Menschen deutlich abgeschwächt.
Als sie ein „Europäisches Jahr der Jugend“ angekündigt hatte, hatte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen noch gesagt, dass „junge Menschen helfen können, die Debatte im Rahmen der Konferenz zur Zukunft Europas [CoFoE] zu führen.“
„Wir werden bereit sein, die auf der Konferenz getroffenen Vereinbarungen weiterzuverfolgen“, sagte sie damals.
Viele sind jedoch enttäuscht über die mangelnde Aufnahme der Vorschläge seitens der Kommission.
Eine Idee, für die sich das Jugendforum der Konferenz einsetzte, war die Durchführung eines „Jugendtests“, um „die Auswirkungen neuer Gesetzesvorschläge auf die europäische Jugend zu bewerten und die zur Vermeidung negativer Auswirkungen erforderlichen Maßnahmen zu ermitteln.“
Der Vorschlag forderte die EU und die Mitgliedsstaaten auf, sich auf die „spezifischen Bedürfnisse junger Menschen in allen relevanten Politikbereichen“ zu konzentrieren, um „ihnen die bestmöglichen Bedingungen für Studium und Arbeit sowie für den Start in ein unabhängiges Leben zu bieten und sie gleichzeitig in die Demokratie und die Entscheidungsprozesse, auch auf europäischer Ebene, einzubeziehen.“
Der Zweck der diskutierten Maßnahmen, zu denen auch ein Jugendtest gehört, besteht laut dem Vorschlag darin, „dass alle neuen Rechtsvorschriften und politischen Maßnahmen einer jugendorientierten Folgenabschätzung unterzogen werden, die auch eine Konsultation mit jungen Menschen vorsieht.“
Die Kommission erwähnte den Vorschlag der Jugendforen zwar im Rahmen ihres Plans, die Bürger:innen in den Mittelpunkt der europäischen Demokratie zu stellen, schlug jedoch letztendlich nur vor, Bürgergremien zu bilden, an denen ein Drittel der Teilnehmer:innen Jugendliche sind, und, wenn alle Teilnehmer:innen Jugendliche sind, dies als Jugendtest zu bezeichnen.
Frédéric Piccavet, der Vizepräsident des Europäischen Jugendforums, einer Plattform von Jugendorganisationen in Europa, die über 100 Verbände vertritt, erklärte gegenüber EURACTIV, dass der Jugendtest drei Elemente enthalten sollte, um erfolgreich zu sein: „eine konsequente Beteiligung junger Menschen und Jugendorganisationen, eine systematische Bewertung der Auswirkungen, die EU-Rechtsvorschriften auf junge Menschen haben können, und Abhilfemaßnahmen, wenn die Bewertung mögliche negative Auswirkungen aufzeigt.“
„Der aktuelle Vorschlag der Kommission für ein unverbindliches Gremium verwässert die Ergebnisse der Konferenz über die Zukunft Europas und ist ein Verrat an den Versprechen, die Präsidentin von der Leyen in ihrer Rede zur Lage der EU im vergangenen Jahr gemacht hat. Wir haben es satt, übersehen zu werden oder als Alibi herzuhalten“, fügte er hinzu.
Ein echter Test müsse Ergebnisse bringen und dürfe nicht nur eine zusätzliche Gelegenheit zu Selbstdarstellung sein, betonte die Europaabgeordnete Petra Kammerevert (S&D) gegenüber EURACTIV. „Die Beteiligung junger Menschen darf sich nicht aufs Reden beschränken, sondern kann nur dann erfolgreich sein, wenn junge Menschen tatsächlich sehen, dass die von ihnen artikulierten Forderungen auch erfüllt werden“, sagte sie.
„Ich würde mir wünschen, dass die Kommission nicht nur über die Gemeinschaft der jungen Menschen spricht, sondern auch etwas tut“, sagte Victor Negrescu, ebenfalls S&D-Abgeordneter, gegenüber EURACTIV.
„Ich fordere die Kommission und insbesondere Präsidentin von der Leyen auf, ihre Verpflichtungen und Versprechen vor dem Europäischen Parlament und vor der Konferenz zur Zukunft Europas einzuhalten“, so Negrescu weiter.
„Während der bevorstehenden Rede zur Lage der Union im September 2022 wird Präsidentin von der Leyen die ersten neuen Initiativen der Kommission in Reaktion auf die Ergebnisse der Konferenz ankündigen, auch zu Fragen, die junge Menschen betreffen. Zu diesem Zeitpunkt können wir jedoch noch keine weiteren Informationen geben“, so ein Kommissionsbeamter gegenüber EURACTIV.
Von der Leyen wird ihre jährliche Rede zur Lage der EU am 14. September halten.