Angehende Kommissare vor schwierigen Anhörungen im EU-Parlament

Noch bevor die Anhörungen der designierten Kommissare im EU-Parlament beginnen, die voraussichtlich Mitte Oktober stattfinden werden, kommen die Leichen im Keller einiger Kandidaten ans Licht. [EPA-EFE/RONALD WITTEK]

Ursula von der Leyen hat ihr Team von Kommissaren und deren Ressorts vorgestellt. Doch ohne eine Zustimmung der EU-Abgeordneten können diese wieder nach Hause fahren. Einige der Kandidaten sind diesem Schicksal näher als andere.

Zunächst werden die designierten Kommissare zusätzlich vom Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments (JURI) auf Interessenkonflikte hin überprüft. Anschließend werden sie von den Ausschüssen, die für ihre jeweiligen Ressorts zuständig sind, intensiv befragt und einer politischen Bewertung ihrer Eignung für den Job unterzogen.

Doch noch bevor die Anhörungen beginnen, die voraussichtlich Mitte Oktober stattfinden werden, kommen die Leichen im Keller einiger Kandidaten ans Licht.

Hadja Lahbib, Belgien – Bereitschaft, Krisenmanagement und Gleichstellung

Die derzeitige belgische Außenministerin Lahbib wird sich wahrscheinlich einer harten Befragung über eine umstrittene Erfolgsbilanz stellen müssen.

2021 besuchte Lahbib als Journalistin die Krim. Im belgischen Fernsehen sagte sie daraufhin, dass sie „in Russland“ gewesen sei. Später wich sie Nachfragen aus, ob sie „aus der Ukraine oder Russland“ zurückgekehrt sei, und sagte, dass man ein russisches Visum benötige, um auf dem Flughafen Simferopol zu landen.

Zu einem späteren Zeitpunkt, als Außenministerin, stellte Lahbibs Ministerium einer 14-köpfigen iranischen Delegation, darunter der Bürgermeister von Teheran, Visa für den Brüsseler Städtegipfel aus.

Der Vorfall führte zwar nicht zu ihrem Rücktritt. Allerdings trat der Brüsseler Staatssekretär Pascal Smet zurück, nachdem ihm vorgeworfen worden war, er habe das Außenministerium unter Druck gesetzt, die Visa zu erteilen, und belgische Gelder für die Unterbringung der Delegation missbraucht.

Olivér Várhelyi, Ungarn – Gesundheit und Tierschutz

Der scheidende Erweiterungskommissar Várhelyi muss sich einer intensiven Prüfung durch die Europaabgeordneten stellen, die er 2023 vor laufendem Mikrofon als „Idioten“ beschimpfte.

Zu den weiteren Themen, mit denen sich Várhelyi befassen muss, gehört seine umstrittene Ankündigung auf X, dass die EU die Mittel für Palästina aussetzen werde. Diese Aussage wurde später von der Europäischen Kommission zurückgewiesen.

Darüber hinaus forderte das EU-Parlament bereits eine Untersuchung, ob seine Handlungen und politischen Maßnahmen als EU-Erweiterungskommissar mit den EU-Standards übereinstimmen. Es wurde ihm vorgeworfen, die Bedeutung demokratischer und rechtsstaatlicher Reformen in Staaten, die eine EU-Mitgliedschaft anstreben, zu untergraben.

Raffaele Fitto, Italien – Kohäsion und Reformen

Der italienische Kandidat Raffaele Fitto wird aufgrund seiner Parteizugehörigkeit auf erheblichen Widerstand stoßen. Viele sind skeptisch, was die Position eines rechtskonservativen EKR-Mitglieds als Exekutiv-Vizepräsident in der neuen Kommission angeht.

Es ist weniger wahrscheinlich, dass er mit Fragen zu früheren Bestechungs- und Korruptionsvorwürfen konfrontiert wird, da das italienische Justizsystem ihn von allen Anklagen freigesprochen hat.

Zudem hat eine Studie von OpenPolis ergeben, dass seine Bilanz als Minister, der den nationalen Wiederaufbau- und Resilienzfonds beaufsichtigt, hinterfragt werden könnte. Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund, dass Italien bei der Umsetzung seiner Pläne mit Verzögerungen zu kämpfen und Probleme mit der Transparenz und Datenverfügbarkeit hat.

Dubravka Šuica, Kroatien – Mittelmeerraum

Die amtierende Vizepräsidentin der Kommission für Demokratie und Demografie wird wegen ihrer Ausgaben für offizielle Besuche im Laufe ihrer gesamten Amtszeit einer genauen Prüfung unterzogen werden. Laut einer Untersuchung von Index soll Šuica zwischen 2019 und 2024 360.000 Euro für 148 Reisen ausgegeben haben.

Fast 60 dieser Reisen führten nach Zagreb und 23 in ihre Heimatstadt Dubrovnik. Eine Reise nach Zagreb, die 1.215 Euro kostete, war für einen Gastauftritt in einem Podcast der privaten Libertas-Universität.

Maroš Šefčovič, Slowakei – Handel und wirtschaftliche Sicherheit, Interinstitutionelle Beziehungen und Transparenz

Das EU-Parlament weiß, dass der derzeitige Vizepräsident Šefčovič mit seiner erneuten Bestätigung als slowakischer Kommissar der am längsten amtierende Kommissar in der Geschichte der EU würde. Damit würde er den SPD-Politiker Wilhelm Haferkamp übertreffen.

Sein neues Ressort, zu dem auch Transparenz gehört, wurde von Transparency International Slovakia kritisiert. Grund dafür sind seine Probleme in der Vergangenheit mit der Offenlegung von Wahlkampfausgaben und der unterlassenen Abgabe einer Vermögenserklärung.

Šefčovičs prominente Aufgabe ist „nicht auf den Erfolg der slowakischen Regierung zurückzuführen […], sondern eindeutig auf sein bekanntlich gutes Verhältnis zu Ursula von der Leyen“, erklärte die slowakische Europaabgeordnete Lucia Yar von Renew gegenüber Euractiv.

Ekaterina Zaharieva, Bulgarien – Start-ups, Forschung und Innovation

Die ehemalige bulgarische Außenministerin muss sich den Vorwürfen stellen, in einen Betrug verwickelt gewesen zu sein. Dieser hatte es Tausenden ermöglicht, gegen Bargeld bulgarische Pässe zu erhalten und damit visumfrei durch die EU zu reisen.

Der Skandal, der ursprünglich 2018 von Euractiv aufgedeckt wurde, geriet aus dem Blickfeld, nachdem die nationalistische Partei VMRO, die für die Organisation des Programms verantwortlich war und mit Zaharieva in Verbindung stand, die Macht verlor.

Die Whistleblowerin Katia Mateva berichtete Euractiv kürzlich, dass die staatliche Agentur für nationale Sicherheit (DANS) den Fall trotz erheblicher Beweise unter den Teppich gekehrt habe.

Marta Kos, Slowenien – Erweiterung

Koswurde im Rahmen von von der Leyens umfassenderen Bemühungen um ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis als Kandidatin Sloweniens nominiert. Sie wird sich wahrscheinlich mit einigen jüngsten Anschuldigungen auseinandersetzen müssen.

Wie Euronews berichtete, bezeichnete Romana Tomc, Leiterin der Slowenischen Demokratischen Partei (EPP) im EU-Parlament, Kos aufgrund ihrer vermeintlichen Verbindungen zur ehemaligen jugoslawischen Geheimpolizei als inakzeptable Wahl. Kos hat die Vorwürfe inzwischen zurückgewiesen.

 [Bearbeitet von Owen Morgan/Alice Taylor-Braçe/Kjeld Neubert]

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