Spaniens Oberster Gerichtshof, bestätigte, dass der katalanische Separatistenführer Carles Puigdemont nicht vom umstrittenen Amnestiegesetz gedeckt wird. Der zuständige Richter beruft sich auf eine Ausnahmeregelung für die Veruntreuung öffentlicher Gelder.
Der spanische Richter am Obersten Gerichtshof, Pablo Llarena, wies am Dienstag (10. September) – wie von Experten erwartet – den Einspruch von Puigdemont, dem Anführer der Separatistenbewegung ‚Gemeinsam für Katalonien‘ (JxCat), gegen eine frühere Entscheidung des Richters ab, die in die dieselbe Richtung ging.
Puigdemont, der am 8. August Barclona einen kurzen und umstrittenen Besuch abgestattet hatte, befindet sich seither wieder in Waterloo bei Brüssel. Dort ist er nach den Ereignissen vom 1. Oktober 2017 ins Exil gegangen und wartet darauf, im Rahmen des Amnestiegesetzes endgültig nach Spanien zurückkehren zu können.
Der ehemalige katalanische Präsident (Generalitat) hatte sich Anfang April kurzzeitig in Südfrankreich niedergelassen. In Spanien wird er in Abwesenheit gesucht und ist zusammen mit mehreren seiner engsten Mitarbeiter Gegenstand eines nationalen Haftbefehls.
In seiner förmlichen Antwort an Puigdemonts Anwälte wies der spanische Richter die Argumente des Separatistenführers und zweier seiner ehemaligen Regionalminister, Lluis Puig und Antoni Comín, die Anwendung der Amnestie auf sie zurück.
Die drei Separatisten haben jedoch die Möglichkeit, die Entscheidung vor der Berufungskammer des Obersten Gerichtshofs anzufechten.
In seiner Argumentation betonte der Richter, dass das im Juni in Kraft getretene Amnestiegesetz Veruntreuungsdelikte ausschließt. Dies beinhaltet, wenn Betroffene „mit dem Ziel handeln, einen persönlichen Vorteil vermögensrechtlicher Natur zu erlangen.“
Der Richter kam zu dem Schluss, dass dies die drei Angeklagten nicht in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen lässt. Denn die Angeklagten „haben beschlossen, die von den Steuerzahlern bereitgestellten öffentlichen Mittel für die Kosten“ des illegalen Referendums vom 1. Oktober 2017 zu verwenden.
Nach Ansicht des Richters haben Puigdemont und seine damalige Regierung eine Entscheidung getroffen, für die sie keine rechtlichen Befugnisse hatten.
Juristische Offensive der Opposition
Puigdemont reagierte scharf auf die Entscheidung des Gerichts und prangerte die „groteske Willkür“ des Richters an. Er forderte die Anwendung des Amnestiegesetzes auf ihn, wie es der Oberste Gerichtshof von Katalonien (TSJC) beschlossen hatte, berichtete Euractivs Partner EFE.
In dieser Entscheidung vom Juni beschloss der Gerichtshof von Katalonien, das Amnestiegesetz auf den ehemaligen Innenminister Miquel Buch und Puigdemonts ehemaligen Leibwächter Luis Escolà anzuwenden. Beide waren im Zusammenhang mit den Ereignissen von 2017 zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt worden.
Das Oberste Gericht Kataloniens begründete seine Entscheidung damit, dass der Innenminister und der Leibwächter die öffentlichen Gelder nicht zur persönlichen Bereicherung verwendet, sondern für die katalanische Separatistenbewegung, verwendet haben.
Spanischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez (PSOE/S&D) stellte das Amnestiegesetz als politisches Instrument zur Förderung der „Versöhnung“ zwischen Madrid und Katalonien vor.
Das Gesetz gilt als Kernstück eines umfassenderen Abkommens, das Sánchez im Gegenzug für die Unterstützung der Separatisten für seine Regierung ausgehandelt hatte. Dies ermöglichte es dem Vorsitzenden der Sozialistischen Partei Kataloniens (PSC), Salvador Illa, die Regionalregierung Kataloniens zu übernehmen.
Die Spanische Volkspartei (Partido Popular/EVP), die wichtigste Oppositionskraft, und die rechtspopulistische Partei VOX (PfE), die drittstärkste Partei im Parlament, halten das Gesetz für verfassungswidrig. Vor dem Sommer kündigten sie gemeinsam eine breite juristische Offensive gegen das Gesetz an, unter anderem vor dem Europäischen Gerichtshof.
Mehrere regionale Regierungschefs der spanischen Volkspartei reichten am Montag (9. September) ebenfalls Klagen beim spanischen Verfassungsgericht ein, um das Gesetz zu kippen.
Sánchez sieht sich auch innerhalb seiner eigenen Partei mit Widerstand gegen das Gesetz konfrontiert. Der Präsident der autonomen Gemeinschaft Kastilien-La Mancha, Emiliano García-Page, bezeichnete das Gesetz als „verfassungswidrig.“ Er argumentierte, es verstoße „gegen den Grundsatz der Gleichheit der Bürger.“
[Bearbeitet von Owen Morgan/Kjeld Neubert]