Das europäische Parlament hat gestern eine Reihe von Empfehlungen – die so genannten roten und blauen Linien * – für die laufenden Verhandlungen zur Dienstleistungsvereinbarung (TiSA) verabschiedet.
Die Verhandlungen über den Handel mit Dienstleistungen wurden im Jahr 2013 von 23 Vertragsparteien (mit der EU als einer Partei) begonnen, die zusammen 70% des internationalen Dienstleistungsverkehrs ausmachen. Sie zielen darauf ab, die internationalen Regeln zu verstärken und die Marktöffnung, beispielsweise für digitale sowie Finanz- und Transportdienstleistungen, zu verbessern.
Die Botschaft ist eindeutig: „Wenn die Verhandlungsführer alle unsere Empfehlungen (blaue und rote Linien) respektieren, wird das Abkommen ein Motor für Wachstum in Europa sein. Es wird die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen stärken und ein Sicherheitsnetz für europäische Bürger spannen“, erklärte Viviane Reding, Berichterstatterin des Europäischen Parlaments, nach der gestrigen Abstimmung über die TiSA-Verhandlungen im Plenum.
Die Resolution des Parlaments wurde mit 532 zu 131 Gegen-Stimmen und 36 Enthaltungen angenommen.
„Ich bin stolz darauf eine große Mehrheit, die das ganze politische Spektrum abbildet, versammelt zu haben. Dadurch haben die klaren Leitlinien des Parlaments für die restliche Zeit der Verhandlungen besonderes Gewicht,” sagte Reding. “TiSA ist eine Chance für Europa innerhalb unserer Grenzen zu wachsen und außerhalb der EU stark zu sein.“
In einem kürzlich mit EURACTIV geführten Interview betonte Reding, dass es bei TiSA weniger um die Öffnung von EU-Märkten geht, als darum, andere Märkte weniger verschlossen zu halten.
Die geltenden Vorschriften, die den Handel mit Dienstleistungen regeln, sind „stark überholt, da es praktisch keinen Internethandel gab, als das letzte Abkommen 1995 vereinbart wurde“, sagte MdEP Jude Kirton-Darling, Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten und Koordinatorin für den Bericht.
Da der Status Quo keine Option ist, sind Reformen der einzige gangbare Weg nach vor, wobei die Arbeitnehmerrechte bei öffentlichen Dienstleistungen unbedingt aufrecht zu erhalten sind, so Kirton-Darling. „TiSA kann helfen, die Lücken zu schließen, die zur Zeit genutzt werden, um Arbeitnehmer und Verbraucher zu missbrauchen. Aber die Kommission muss das verhindern und das auch in den kommenden Verhandlungen klarstellen“, ergänzte Kirton-Darling.
Die Branche begrüßte den Bericht. „Er ist eine starke politische Unterstützung für die Unterhändler der Kommission und wird der EU helfen, ein starken Vertrag mit ihren TiSA Partnern abzuschließen“, sagte der Vorsitzende des European Services Forums, Sir Thomas Harris. „Die Industrie wird weiterhin die Verhandlungen aufmerksam beobachten und hofft auf einen ehrgeizigen Abschluss Ende 2016,“ stellte er fest.
Die Abstimmung basiert auf einer Entscheidung des Parlaments vom Juli vergangenen Jahres, einer an die Kommission gestellte Resolution über den vollständigen Ausschluss bereits existierender und zukünftiger öffentlicher Dienstleistungen aus den TTIP-Verhandlungen mit den USA zu folgen. Ungeachtet dessen, wie diese Dienstleistungen erbracht oder finanziert werden. Desweiteren enthielt diese Resolution im Hinblick auf die TiSA-Verhandlungen die Forderung, eine “Gold Standard”-Klausel einzuführen, um öffentliche Dienstleistungen generell vom Geltungsbereich der Handelsverträge auszuschließen, ebenfalls unabhängig davon, wie sie erbracht werden.
Diese “Gold Standard”-Klausel würde die Qualität von Dienstleistungen sichern und den Zugang zu erschwinglichen öffentlichen Dienstleistungen in Handelsabkommen der EU stärken. NGOs und Gewerkschaften fordern, dass die Europäische Kommission diese Klausel für öffentliche Dienstleistungen nicht nur in den TiSA-Verhandlungen, sondern auch in TTIP und zukünftigen Handelsabkommen anwenden.