Die Staats- und Regierungschefs der EU haben am Dienstag (25. Mai) das geplante COVID-19-Zertifikat der EU genehmigt. Dem waren monatelange Diskussionen mit dem Europäischen Parlament und der Kommission vorausgegangen.
Das EU-Parlament und die Mitgliedsstaaten hatten sich bereits am vergangenen Donnerstag (20. Mai) vorläufig auf das „Grüne Digitale Zertifikat“ geeinigt.
Auf dem gestrigen EU-Gipfel erteilten die Staats- und Regierungschefs nun die endgültige Zusage. Das EU-Parlament wird voraussichtlich in der Plenarwoche vom 7. bis 10. Juni sein grünes Licht geben.
Das Zertifikat dürfte dann voraussichtlich ab dem 1. Juli voll einsatzfähig sein.
Die Zertifikate werden allen Personen ausgestellt, die bereits geimpft wurden, einen negativen PCR-Test vorweisen können oder nachweisen, dass sie sich komplett von einer Corona-Infektion erholt haben. Im letzteren Falle einer Genesung wird das Zertifikat ab dem 11. Tag nach dem ersten positiven Test ausgestellt. Gültig bleibt es dann bis zum 180. Tag nach diesem Test.
„Jede und jeder in der EU versteht, dass das COVID-19-Zertifikat eine Notwendigkeit ist und dazu beitragen wird, den Reiseverkehr innerhalb des Blocks wieder zu öffnen,“ kommentierte ein EU-Diplomat gegenüber EURACTIV.com.
Eine umstrittene Frage ist aktuell allerdings noch, ob Touristen bei der Rückkehr in ihr Heimatland unter Quarantäne gestellt werden könnten. Es ist zu erwarten, dass sich die EU-Länder das Recht vorbehalten, zumindest Reisende, die aus Ländern mit hohen Infektionsraten zurückkehren, weiterhin unter Quarantäne zu stellen – auch wenn sie ein Zertifikat haben.
„Es gibt noch viel Ungewissheit bezüglich der Mutationen, besonders der aus Indien,“ räumte der Diplomat ein. Länder, die zurückkehrende Touristen unter Quarantäne stellen wollen, müssten die Kommission in jedem Fall zwei Tage im Voraus benachrichtigen; die Maßnahmen sollten stets „verhältnismäßig“ sein.
Kritiker dieser recht schwammigen Regelung sind der Ansicht, die mögliche Verhängung einer Quarantäne für zurückkehrende Reisende könnte dem Tourismus schaden.
Derweil einigten sich die EU-Staaten gestern auch auf die Finanzierung von PCR-Tests. Das Europäische Parlament hatte gefordert, dass diese Tests aus dem EU-Haushalt finanziert und den Bürgerinnen und Bürgern kostenlos zur Verfügung gestellt werden.
Ganz so weit wollten die Staaten jedoch nicht gehen: Es werden 100 Millionen Euro aus dem EU-Haushalt vorgesehen. Damit werden die PCR-Tests künftig zwar nicht kostenlos, aber zumindest zu günstigeren Preisen angeboten.
Einsatz für andere Zwecke
Unterdessen gibt es Diskussionen um mögliche weitere Verwendungsformen für das EU-Zertifikat: Die EU-Bescheinigung ist in erster Linie dazu gedacht, das Reisen zu erleichtern. Einige Länder wollen es jedoch auch für inländische Zwecke nutzen, etwa für den Zutritt zu Kinos, Theatern und Restaurants.
Der EU-Diplomat erklärte im Gespräch mit EURACTIV, letztendlich bleibe es den Mitgliedsstaaten überlassen, ob und wie sie das Zertifikat im Inland nutzen. Über die Rechtmäßigkeit dieser jeweiligen Nutzungen müsse von den nationalen Gerichten entschieden werden.
Aus Österreich hieß es beispielsweise bereits, dass geimpfte Personen neben dem EU-Zertifikat einen nationalen „Grünen Pass“ erhalten werden, der es ihnen erlaubt, Restaurants, Hotels oder kulturelle Einrichtungen zu besuchen, ohne ein negatives Testergebnis vorweisen zu müssen.
In diesem Fall, so der Diplomat, würden Staaten wie Österreich allerdings verpflichtet sein, auch die EU-Zertifikate von ausländischen Staatsbürgern, die das Land besuchen, anzuerkennen.
[Bearbeitet von Josie Le Blond und Tim Steins]