SARS-CoV-2 mutiert, aber diese Mutationen ändern die Hauptmerkmale des Virus nicht wesentlich, beschwichtigt die EU-Agentur für die Kontrolle von Infektionskrankheiten.
„Dieses Virus mutiert – es häuft Mutationen an – aber im Moment sieht es nicht so aus, als ob diese Mutationen wichtige Merkmale des Virus beeinflussen, also die Schwere oder die Übertragbarkeit der Krankheit erhöhen,“ erklärt Piotr Kramarz, stellvertretender leitender Wissenschaftler am Europäischen Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC).
„Es werden also Mutationen beobachtet, aber sie verändern die Eigenschaften des Virus nicht wesentlich,“ wiederholt er gegenüber EURACTIV.com und fügt hinzu, dass diese Mutationen ständig überwacht werden.
Viele Länder in ganz Europa sehen sich derweil mit einer zweiten Pandemiewelle konfrontiert. Restriktivere Maßnahmen und Einschränkungen werden daher sowohl im Inland als auch an den Grenzen nach und nach wieder eingeführt.
Kramarz erläutert weiter, dass die meisten Menschen, die infiziert sind, reagieren, indem sie Antikörper gegen das Virus produzieren. Es sei jedoch noch unklar, wie lange diese Antikörper im menschlichen Organismus vorhanden sind: „Es sieht so aus, als ob sie einige Monate präsent bleiben; aber natürlich laufen unsere Beobachtungen dazu noch nicht lang genug,“ räumt er ein.
Nach Angaben des ECDC-Beamten gibt es in der EU nun Länder, die es noch nicht geschafft haben, aus der ersten Coronavirus-Welle herauszukommen, während in einigen anderen Staaten die Zahl der Fälle hingegen deutlich und anhaltend zurückgegangen sei, und in wieder anderen ein erneutes Ansteigen der Infektionszahlen zu verzeichnen sei.
Kramarz betont in dieser Hinsicht, dass das Wiederaufflammen der Krankheit nicht ausschließlich auf den Tourismus und die Ferienzeit zurückzuführen sei. Vielmehr würden die meisten Übertragungen nach wie vor im Inland, auf lokaler Ebene stattfinden: „Im Juni und Juli hatten die Menschen ein wenig das Gefühl, dass die Pandemie vorbei sei könnte, und haben ihr [Sicherheitsverhalten] deswegen abgeschwächt.“
Während Kramarz sich zwar aufgrund der großen wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen gegen weitere absolute Lockdowns ausspricht, befürwortet er hingegen zielgerichtete Maßnahmen, beispielsweise in Clubs, Kneipen und Fitnessstudios. Und: „Jeder kann ein wenig tun, indem er einfach so viel physischen Abstand wie möglich einhält. Hinzu kommen weitere grundlegende Dinge wie Hände waschen und Gesicht bedecken, also Maske tragen, wo es nötig ist.“
Impfmittel lässt auf sich warten
In Bezug auf den vieldiskutierten (und heiß ersehnten) Impfstoff gegen COVID-19 schätzt Kramarz die Entwicklungen als positiv ein. Er warnt dennoch: „Wir haben jedoch noch keine endgültigen Ergebnisse, so dass nicht zu erwarten ist, dass in den nächsten Monaten ein Impfstoff zur Verfügung steht.“
Er betont aber: „Aber es gibt viele positive Anstrengungen.“
Die Europäische Kommission hat bereits mit vier Pharmaunternehmen Vereinbarungen über den Kauf eines potenziellen Impfstoffs gegen COVID-19 getroffen, sobald dieser verfügbar sein sollte.
Die EU-Exekutive hofft – entsprechend den Prognosen der Industrie – dass ein solches Mittel bis Ende 2020 oder Anfang 2021 bereit sein könnte. Die Kommission machte jedoch auch deutlich, dass den EU-Mitgliedsstaaten in nächster Zeit noch kein Liefertermin genannt werden könne, da die Testphasen noch nicht abgeschlossen sind.
Sobald ein Impfstoff zur Verfügung stehe, wolle die EU ein System umsetzen, um dessen Wirksamkeit und Sicherheit in ganz Europa zu überwachen, bestätigt indes auch Kramarz: „Wir arbeiten mit der Europäischen Arzneimittelagentur zusammen, um ein Überwachungssystem vorzubereiten, wenn die Impfstoffe kommen. So können wir überwachen, wie sie eingesetzt werden und wie wirksam und sicher sie in der Praxis tatsächlich sein werden.“
[Bearbeitet von Frédéric Simon und Tim Steins]