Die EU sollte ihre Pläne zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Patentsystems forcieren, fordert Binnenmarktkommissar Thierry Breton. Das derzeitige System sei „zu teuer und fragmentiert“.
In einer Rede vor den Abgeordneten im Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments am Montag erinnerte Breton an die früheren Versuche der EU, ein einheitliches europäisches Patentsystem zu schaffen, um so technologische Innovation anzuregen und zu fördern.
„Die EU hat einen soliden Rahmen für geistiges Eigentum, aber das gegenwärtige System muss viel effektiver werden. Es ist zu fragmentiert und zu teuer. Und es muss an die Herausforderungen angesichts des digitalen Zeitalters und der Umweltprobleme angepasst werden,“ sagte der Franzose.
Die Schaffung eines „einheitlichen europäischen Patentsystems“ ist eine seiner obersten Prioritäten in einer Liste von politischen Vorhaben nach dem Abklingen der Coronavirus-Krise. „Es geht darum, Lösungen zu entwickeln, die die gemeinsame Nutzung von Technologien ermöglichen. Es ist eine Frage der Wettbewerbsfähigkeit,“ fügte Breton hinzu.
Langer Vorlauf
Die EU-Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament hatten sich vor fast einem Jahrzehnt, im Jahr 2012, auf ein Patentpaket geeinigt. Die Maßnahmen umfassten die geplante Schaffung eines europäischen Einheitspatents sowie die Einrichtung eines gemeinsamen Patentgerichts (Unified Patent Court, UPC).
Ein solches Patentgericht würde es ermöglichen, ein vollständig harmonisiertes europäisches Patent mit einheitlicher Wirkung für den gesamten Block zu erteilen – und somit das derzeitige Rechtssystem mit 27 einzelnen nationalen Patenten zu ersetzen.
Im März diesen Jahres stellte das Bundesverfassungsgericht jedoch fest, dass die Zustimmung des Bundestags zum Abkommen über ein UPC gegen das deutsche Grundgesetz verstoßen hatte: Die Maßnahmen hätten vom Bundestag mit qualifizierter Mehrheit gebilligt werden müssen, was jedoch nicht geschehen ist, da bei der damaligen Abstimmung nur 35 Abgeordnete anwesend waren, so das Gericht.
Brexit
Um in Kraft treten zu können, muss das UPC-Abkommen noch von Deutschland, Frankreich und dem aus der EU ausscheidenden Vereinigten Königreich ratifiziert werden. Diese drei Länder sind auch die Länder mit den meisten Patenterteilungen, die sich am Abkommen beteiligen wollen.
Zumindest bisher: Denn das Abkommen zum UPC hatte kürzlich einen weiteren Rückschlag erlitten, als das Vereinigte Königreich seine Absicht erklärte, sich nicht länger am gemeinsamen Patent-Abkommen beteiligen zu wollen.
Industrie unterstützt Bretons Forderung
Industrievertreter begrüßten Bretons Forderungen am Montag, wiesen aber auch darauf hin, dass es wichtig sei, zunächst einen einheitlichen Rahmen für ein europäisches Patent an sich festzulegen, bevor die Einrichtung des UPC-Gerichts vorangetrieben wird.
„Wir teilen [Bretons] Ansicht, dass der europäische Patentrahmen angepasst werden muss, um den Herausforderungen des digitalen Zeitalters besser gerecht zu werden, und wir teilen sein Ziel eines einheitlichen europäischen Patents. Das UPC hat das Potenzial, die Qualität und Effizienz des europäischen Patentsystems zu erhöhen, wenn es gut umgesetzt wird,“ lobte beispielsweise Patrick Oliver, Geschäftsführer der Industriegruppe IP2Innovate.
Auch er warnte jedoch: „Wir würden allerdings darauf drängen, dass das System zuerst entsprechend angepasst werden muss. Denn sonst besteht die Gefahr, dass die aktuell bestehenden Ungleichheiten in den europäischen Patentsystemen zum Nachteil der europäischen Innovatoren noch verstärkt werden.“
(Bearbeitet von Frédéric Simon und Tim Steins)