Die Außenminister der EU haben am Montag ihre „volle Unterstützung“ für die neue Haltung der EU gegenüber China ausgedrückt. Demnach wird das Reich der Mitte als „Systemrivale“ angesehen.
Die Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Federica Mogherini, sagte Reportern nach einer ganztägigen Diskussionsrunde zum Thema China, sie zähle auf die volle Unterstützung der 28 EU-Staaten. „Ich habe keinerlei Vorbehalte oder Kritik an unserem Ansatz gehört,“ fügte sie hinzu.
In einer in der vergangenen Woche veröffentlichten Erklärung hatte die Europäische Kommission China zwar als „Verhandlungspartner“ bezeichnet, gleichzeitig aber erklärt, Peking sei auch ein „wirtschaftlicher Konkurrent um technologische Führung und ein Systemrivale, der alternative Governance-Modelle fördert.“
An der EU-Ratstagung nahm zum ersten Mal auch ein hoher chinesischer Beamter, Außenminister Wang Yi, teil. Wang räumte ein, die EU und China stünden aktuell in „gewissem Wettbewerb“ zueinander, „das Wichtigste“ sei aber, dass „die Zusammenarbeit das Hauptthema der Beziehungen zwischen der EU und China ist“.
Hochrangige EU-Beamte und Diplomaten sind jedoch zunehmend besorgt über die Gefahr, dass chinesische Unternehmen in Europa mit den Geheimdiensten Pekings zusammenarbeiten. Dies gilt insbesondere für Huawei, einem führenden Unternehmen im Bereich der Telekommunikationsinfrastruktur.
Wang rief die Europäer hingegen dazu auf, nicht den Schritten der USA zu folgen und das Unternehmen nicht von ihren Märkten auszuschließen: „Was wir ablehnen, sind unbegründete Anschuldigungen aus politischen Gründen sowie Versuche, ein ausländisches Unternehmen zu Fall zu bringen,“ sagte er am Montagmorgen.
„Äußerst freundlich“ die Gangart verschärfen
Außerdem beschweren sich die Europäer nach wie vor über die Zugangsbeschränkungen für ihre Unternehmen zum chinesischen Markt sowie über den erzwungenen Technologietransfer.
Mogherini teilte gestern in dieser Hinsicht mit, die beiden Partner hätten während der „äußerst positiven und freundlichen“ Diskussion gewisse Punkte ermittelt, „um sicherzustellen, dass die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und China auf einen fairen, respektvollen, ausgewogenen und gegenseitig vorteilhaften Kurs ausgerichtet sind“.
Doch trotz des freundlichen Tons will Europa seine Haltung gegenüber Peking verschärfen. Die EU hat bereits ihre Handelsschutzinstrumente verstärkt, um chinesischen Staatssubventionen entgegenzuwirken. Darüber hinaus werden die Staats- und Regierungschefs der EU die Kommission Ende dieser Woche auffordern, zusätzliche Maßnahmen zur Bekämpfung unlauterer Praktiken vorzuschlagen. Dies legt zumindest der jüngste Entwurf für die Schlussfolgerungen des anstehenden Gipfeltreffens nahe, den EURACTIV.com bereits einsehen konnte.
Darüber hinaus wollen die Staats- und Regierungschefs der EU ihre jeweiligen Minister und das Europäische Parlament auffordern, die Verhandlungen über die Einführung eines neuen internationalen Beschaffungsinstruments abzuschließen. Dieser Mechanismus dürfte die Verhandlungsposition der EU bei Gesprächen über den Marktzugangs in Drittländern stärken.
Derweil bestätigte Eurostat am Montag, dass das Handelsdefizit der EU gegenüber China im Januar auf 21,4 Milliarden Euro gestiegen ist – gegenüber 20,8 Milliarden Euro im Vorjahr.
Wang erinnerte in dieser Hinsicht an ein neues Gesetz, das vergangene Woche von der chinesischen Regierung verabschiedet wurde, und das die chinesische Wirtschaft für ausländische Investoren öffnen soll.
EU-Beamte und Diplomaten stehen den chinesischen Bemühungen nach Jahren unerfüllter Versprechungen und schlechter Umsetzung jedoch äußerst skeptisch gegenüber.
Marktzugang bzw. Marktbeschränkungen werden auch unter den Hauptthemen des EU-China-Gipfels sein, der am 9. April stattfindet. Die Europäer wollen dann auf diverse Fristen drängen, um sicherzustellen, dass die Chinesen ihre Zusagen einhalten und europäischen Firmen besseren Zugang zu chinesischen Verbrauchern und Aufträgen ermöglichen.
China und die EU werden sich „bis zum Sommer 2019 in Bezug auf eine Reihe vorrangiger Marktzugangsbarrieren und -anforderungen für ihre Marktteilnehmer einigen“, heißt es in den von der EU-Seite ausgearbeiteten Schlussfolgerungen für den Gipfel, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters.
Das Dokument legt darüber hinaus 2020 als Ziel-Zeitpunkt für den bilateralen Investitionsvertrag, der seit fast einem Jahrzehnt verhandelt wird, fest.
Unterschiedliche Ansichten
Wang räumte ein, dass die beiden Partner „unterschiedliche Ansichten“ über Wirtschaft und Handel haben. Trotz des „unvermeidlichen“ Wettbewerbs würden aber beide Seiten mehr von einer fairen, unvoreingenommenen und diskriminierungsfreien Zusammenarbeit profitieren, betonte er.
Bei umwelt- und geopolitischen Themen sind China und die EU sich hingegen weitestgehend einig. So wurde gestern erneut die weitere Zusammenarbeit bei der Aufrechterhaltung des iranischen Atomabkommens, der Bekämpfung des Klimawandels, der Umsetzung der Ziele für nachhaltige Entwicklung sowie der Unterstützung einer multilateralen, auf Regeln beruhenden Weltordnung bekräftigt.
Mogherini fügte hinzu, man arbeite auch gemeinsam an einer Reform der Welthandelsorganisation und kooperiere in außenpolitischen Fragen, beispielsweise mit Blick auf Nordkorea, Afghanistan oder Venezuela.
Die EU-Spitzendiplomatin fügte allerdings hinzu, es wäre „ziemlich naiv, wenn nicht sogar lächerlich, zu verheimlichen, dass wir Unterschiede in der Art und Weise haben, wie wir unsere jeweilige Regierungsführung und unsere politischen Systeme angehen.“
Präsident Xi auf Europa-Besuch
Chinas Präsident Xi Jinping startet in den kommenden Tagen eine Europa-Tournee. Dies spreche „Bände über die Bedeutung Europas“ für Peking, betonte Außenminister Wang.
Xi wird Ende dieser Woche Italien, Frankreich und Monaco besuchen.
Allerdings werden insbesondere Chinas Pläne, Italien verstärkt in sein Projekt „Neue Seidenstraße“ sowie das 16+1-Format einzubeziehen, im Rest Europas als Versuch gesehen, die Europäer zu spalten.
Mogherini betonte: „Während die Einheit der EU immer ein Plus ist, ist sie gegenüber China ein selbstverständliches, selbsterhaltendes Interesse der EU-Mitgliedstaaten. Denn keiner [unserer Staaten] hat die schiere Größe, die Wirkung und die Macht, mit China gleichberechtigt zu verhandeln,“ sei es bei Handels-, Investitions- oder Sicherheitsfragen.
Wang versicherte im Gegenzug, China begrüße und unterstütze die EU-Integration „nachdrücklich“. Seiner Ansicht nach könnten sich die „Neue Seidenstraße“ und die EU-Initiative „Connecting Europe“ bei der Finanzierung wichtiger Infrastrukturen gegenseitig ergänzen.
[Bearbeitet von Sam Morgan und Tim Steins]