Die Vorsitzenden der Großen Koalition im Europaparlament sperren sich gegen einen Untersuchungsausschuss zu den umstrittenen Luxemburg-Leaks. Sie wiesen ihre Abgeordneten an, den Vorschlag der Grünen nicht zu unterstützen. EURACTIV Frankreich berichtet.
Wie muss man mit den Enthüllungen über die systematische Steuerhinterziehung zahlreicher multinationaler Unternehmen in Luxemburg umgehen? Darüber herrscht weiterhin Uneinigkeit unter den Fraktionen im Europaparlament.
Die EU-Kommission kündigte neue Gesetzesinitiativen zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung an. Das Parlament hingegen kann insgesamt nur sehr begrenzt eingreifen. Denn es verfügt nicht über das Initiativrecht. Die Grünen fordern die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses über Steuerhinterziehung und Steuerdumping in den EU-Ländern.
Untersuchungsausschuss
Ein solcher Ausschuss würde den Europaabgeordneten „Zugang zu vertraulichen Dokumenten und zusätzliche Quellen, sowohl in finanzieller Hinsicht als auch bei Mitarbeitern geben“, so die Linken-Fraktion GUE/NGL. Sie unterstützt die Initiative der Grünen.
Für die Einsetzung des Ausschusses benötigen die Grünen 188 Unterschriften. Das sind 25 Prozent der Europaabgeordneten. Die Konferenz der Präsidenten muss anschließend seine Verantwortlichkeit bestätigen.
Nach der Überwindung dieser Hürden muss das Plenum des Parlaments einem Ausschuss zustimmen.
Doch die Fraktionen, die im September der Kommission von Jean-Claude Juncker ihre Stimme gaben, haben ihre Mitglieder angewiesen, die Initiative nicht zu unterstützen.
In einer E-Mail an die sozialdemokratische S&D-Fraktion schrieb deren Fraktionsvorsitzender Gianni Pittella: „Die sozialdemokratische Fraktion ist gegen diesen Ausschuss, weil er aufgrund der Regeln des Parlaments nur die Befugnis haben wird, den Bruch oder den Missbrauch des gemeinsamen Europarechts zu untersuchen, was zu restriktiv ist“.
Aber Abweichler verschaffen sich Gehör. Die Delegation der französischen Sozialisten drückte ihre Unterstützung für „einen Untersuchungsausschuss aus, der nicht auf die Vorgänge in Luxemburg begrenzt ist“. Parlamentskreisen zufolge „sollen einige ALDE-Mitglieder ebenfalls ihre Unterstützung angeboten haben“.
Trostpreis Eigeninitiativbericht
Die Sozialdemokraten, die konservative Europäische Volkspartei (EVP) und die Liberalen (ALDE) befürworten eine Alternative zum Untersuchungsausschuss: Den Eigeninitiativbericht. Der Ausschuss für Wirtschaft und Währung soll diesen Bericht verfassen. Diese Berichte beinhalten nicht-bindende Empfehlungen an die Kommission – und zeitigen selten große Wirkung.
„Das ist ein sehr limitiertes Instrument, das keine angemessene Reaktion des Europaparlament auf den Steuerhinterziehungsskandal ist“, sagen der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Philippe Lamberts, und die französische Europaabgeordnete Eva Joly.
Die Reaktion der GUE/NGL-Fraktion: „Ein Eigeninitiativbericht des Ausschusses für Wirtschaft und Währung, vorgeschlagen von den EVP-, S&D-, EKR- und ALDE-Fraktionen ist inakzeptabel!“
Das Thema „Luxleaks“ spaltet das Parlament
Nicht zum ersten Mal versucht das Europaparlament ein Mitspracherecht zu den Luxemburg-Leaks zu bekommen. Die Affäre spaltete die Europaabgeordneten bereits im November.
Die Linken-Fraktion versuchte die Unterstützung der anderen Fraktionen für einen Misstrauensantrag gegen die Juncker-Kommission zu bekommen. Aber ihre Weigerung, auch die Unterschriften von Abgeordneten der extremen Rechten und den Europaskeptikern anzunehmen, endete im Scheitern des Antrags.
Nigel Farages Fraktion „Europa der Freiheit und direkten Demokratie“ (EFDD) und die unabhängigen Abgeordneten um Marine Le Pen vom Front National brachten daraufhin ihren eigenen Misstrauensantrag ein. Die Plenarsitzung in Straßburg stimmte dagegen.