Kapitalmarktunion: Lindner verpasst EU-Plänen einen Dämpfer

"Es wäre nicht klug, alle Eier in einen Korb zu legen", sagte Bundesfinanzminister Christian Lindner zu Plänen der EU, Kleinanleger von mehr Investitionen in Europa zu überzeugen. [EPA-EFE/CLEMENS BILAN]

Die EU will ihre Bürger davon überzeugen, mehr ihrer Ersparnisse in Europa statt im Ausland anzulegen. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) verpasste diesen Plänen jedoch einen Dämpfer: Kleinanleger wären gut beraten, global zu investieren.

Lindner befeuerte damit eine Debatte, die sich zu einem potenziellen Hindernis für die Pläne der EU zur Einrichtung einer „Spar- und Investitionsunion“ entwickeln könnte – ein neuer Name für die bereits seit Jahren angestrebte Kapitalmarktunion.

Er bekräftigte seine Skepsis gegenüber der Verknüpfung der Kapitalmarktunion mit einer Präferenz für Investitionen innerhalb der EU.

„Finanzielle Bildung [führt] dazu, dass man, wenn man sich engagiert an Kapitalmärkten, das sinnvollerweise weltweit gestreut in unterschiedlichen Assetklassen, unterschiedlichen Währungsräumen tut“, erklärte er am Dienstag (24. September) bei der Vorstellung eines OECD-Berichts zur Stärkung der Finanzbildung in Deutschland.

Danach gefragt ob dies dem Ziel der EU widerspricht, mehr private Investitionen nach Europa zu lenken, antwortete Lindner: „Es wäre nicht klug, alle Eier in einen Korb zu legen.“

Wenn jedoch mehr Menschen einen größeren Teil ihrer Ersparnisse in Kapitalmärkte investieren würden, anstatt sie auf ihren Bankkonten zu belassen, führe das dazu, „dass von diesem Kapitalstock natürlich auch ein signifikanter Teil im Inland bzw. in Europa angelegt werden wird“, fuhr Lindner fort.

Er führte dies auf einen „Home Bias“ (Heimattendenz) der Anleger zurück.

Lindner beanspruchte auch eine entscheidende Rolle bei der Aufnahme des Ziels der Finanzbildung in die EU-Agenda zur Kapitalmarktunion. „Das verdankt sich ausdrücklich auch unserem Wirken in Europa“, sagte er.

EU will europäische Investitionen bevorzugen

Nach über einem Jahrzehnt schleppenden Fortschritts bei der Kapitalmarktunion ist das Thema kürzlich wieder auf die Tagesordnung der EU gerückt. Sie gilt als bevorzugter Weg, um Investitionen in Klimaschutz und Digitalisierung zu fördern.

Diese Rückkehr spiegelt auch einen erwarteten Rückgang der öffentlichen Investitionen wider, da sich die EU dem Ende ihres schuldenfinanzierten Wiederaufbauprogramms („Next Generation EU“) nach der Pandemie nähert.

Die Portugiesin Maria Luís Albuquerque, die in der nächsten EU-Kommission für Finanzdienstleistungen und die Spar- und Investitionsunion zuständig sein soll, hat dafür eine lange Aufgabenliste.

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen beauftragte sie mit der Entwicklung einer „europäischen Strategie zur Finanzkompetenz“. Zudem solle sie dazu beitragen, „den enormen Reichtum an privaten Ersparnissen zur Unterstützung unserer umfassenderen Ziele einzusetzen“.

Im Rahmen der Bemühungen der EU, die Investitionen der Bürger in die europäische Realwirtschaft zu lenken, wird Albuquerque auch für die Entwicklung eines neuen Produkts für Kleinanleger zuständig sein.

Dieses wurde vom ehemaligen italienischen Ministerpräsidenten Enrico Letta vorgeschlagen und soll dazu beitragen, das Geld der Bürger hauptsächlich in Europa zu investieren.

In seinem Bericht über den Zustand des Binnenmarktes hob Letta hervor, dass 33 Billionen Euro an privaten Ersparnissen in Form von Einlagen und Bargeld auf dem gesamten Kontinent gehalten würden. „Rund 300 Milliarden Euro davon werden jährlich in ausländische Märkte investiert, hauptsächlich in US-Vermögenswerte“, hieß es in dem Bericht.

Von der Leyen führte dies darauf zurück, dass der europäische Kapitalmarkt „zu fragmentiert“ sei, wie sie in ihrer Rede zur Wiederwahl im Juli erklärte. „Das muss sich ändern“, sagte sie.

Die Kommission hofft, ihr neues Anlageprodukt durch steuerliche Anreize gegenüber anderen Anlageprodukten besser zu stellen. Lindner betonte jedoch im August, dass er „auf keinen Fall national eine Engführung nur auf unseren Markt begünstigen will“.

[Bearbeitet von Anna Brunetti/Martina Monti]

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