Den EU-Mitgliedstaaten ist es am Mittwoch nicht gelungen, Frankreich davon zu überzeugen, die Mandate für Handelsverhandlungen mit den USA zu unterstützen. Man hoffe aber, noch vor Ostern einen Kompromiss zu finden, der den Pariser Bedenken Rechnung trägt.
Die französische Regierung befürchtet, dass die Bemühungen um die Abschaffung von Zöllen auf Industriegüter eine „Hintertür“ zur Wiederbelebung der sogenannten Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) sein könnten.
Darüber hinaus hatte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron im vergangenen Monat erneut betont, dass Umweltstandards in Freihandelsabkommen einbezogen werden müssen.
„Ich bin gegen neue Handelsabkommen – in welcher Form auch immer – mit Partnern, die nicht den gleichen Klimastandard haben wie wir. Denn das wäre unlauterer Wettbewerb für unsere Unternehmen und unsere Landwirte,“ warnte Macron nach dem EU-Gipfel im März.
In neuen Verhandlungen mit den USA sollen die Zölle auf Industriegüter (mit Ausnahme landwirtschaftlicher Erzeugnisse) abgeschafft und darüber hinaus bestimmte nichttarifäre Handelshemmnisse beseitigt werden. Um letzteres zu erreichen, soll die Berichterstattung über technische Anforderungen (Konformitätsbewertung) für die Unternehmen erleichtert werden.
EU-Quellen erklärten gegenüber EURACTIV.com, die übrigen Mitgliedstaaten seien bereit, den französischen Forderungen nachzukommen. Dies gelte insbesondere mit Blick auf eine klare Trennung zwischen den aktuellen Vorschlägen und dem (vorerst) gescheiterten TTIP.
Die rumänische EU-Ratspräsidentschaft wurde beauftragt, einen neuen Text zur Behandlung dieser Fragen auszuarbeiten. „Es geht darum, eine Sprache zu finden, mit der die noch offenen französischen Anliegen berücksichtigt werden,“ sagte ein Diplomat.
Er fügte allerdings hinzu: „Wir wollen einen Konsens, aber Paris sollte die Geduld der anderen nicht zu sehr auf die Probe stellen.“
Einigung bis Ostern?
EU-Beamte und Diplomaten betonten, die meisten nationalen Delegationen wollten noch vor der Osterpause eine Einigung erzielen. Tatsächlich könnte ein entsprechendes Abkommen bereits am kommenden Mittwoch von den Botschaftern besiegelt werden.
Ein anderer nationaler Vertreter forderte die Diplomaten auf, „die Arbeit hier möglichst früh vor den EU-Wahlen abzuschließen, um den USA ein deutliches Signal zu geben“.
Allerdings ist Frankreichs Haltung nicht die einzige Hürde dabei: Auch das EU-Parlament scheint nicht komplett überzeugt. Die Parlamentarier konnten sich im März nicht auf eine Resolution zur Aufnahme der Handelsverhandlungen einigen. Streitpunkt ist dabei vor allem, dass die amerikanischen Stahl- und Aluminiumzölle gegen europäische Exporteure weiterhin in Kraft sind.
Das EU-Parlament muss einem Abkommen zwischen den Verhandlungsführern der EU und der USA zustimmen.
Europas Angst vor Autozöllen
Europa und die USA hatten bereits im Juli 2018 Sondierungsgespräche aufgenommen, um Zölle sowie nichttarifäre Hemmnisse im bilateralen Handel abzubauen.
Das Hauptziel der Europäer war es dabei vor allem, neue Zölle auf europäische Automobilexporte in die USA zu vermeiden. Einige in Europa sind besorgt, dass US-Präsident Donald Trump sich nun doch dazu entscheiden könnte, nachdem das US-Handelsministerium Autoimporte als „Bedrohung für die nationale Sicherheit“ eingestuft hat.
Angesichts der Unvorhersehbarkeit von Trump befürchten einige europäische Vertreter, weitere Verzögerungen in den Handelsgesprächen könnten tatsächlich zu neuen Autozöllen führen, was die angespannten Beziehungen zwischen Europa und den USA weiter verschärfen dürfte.
Ein Diplomat kommentierte mit Blick auf Trump: „Alle in Washington sind gegen eine Eskalation. Alle – bis auf einen.“
Selbst wenn die Verhandlungsmandate kommende Woche stehen sollten, könnten sich die tatsächlichen Gespräche mit den US-Vertretern aber auf Ende Mai oder sogar Anfang Juni verschieben.
Der Grund dafür: Die USA verhandeln derzeit auch mit China, um den tobenden Handelskrieg zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt einzudämmen. Nach Einschätzung einiger europäischer Diplomaten wird Washington wohl Peking Vorrang vor Brüssel einräumen.
[Bearbeitet von Zoran Radosavljevic und Tim Steins]