Die EU und Japan haben am vergangenen Freitag ein weitreichendes Partnerschaftsabkommen unterzeichnet, mit dem Investitionsprojekte gefördert werden sollen, die auf „regelbasierten und nachhaltigen Grundsätzen“ beruhen. Hintergrund sind die potenziellen Bedrohungen durch die USA und China.
Die sogenannte „Partnerschaft zwischen der EU und Japan über nachhaltige Konnektivität“ (ein Begriff, der sich auf eine Reihe von Handels-, Wirtschafts-, Verkehrs- und Umweltbereiche erstreckt) sowie über „hochwertige Infrastrukturen“ wurde anderen asiatischen Partnern auf dem Konnektivitätsforum EU-Asien am Freitag in Brüssel vorgestellt.
Die beiden Partner einigten sich demnach darauf, „freie, offene, regelbasierte, faire, nichtdiskriminierende und verlässlich planbare regionale und internationale Handels- und Investitionstätigkeiten, transparente Beschaffungspraktiken, nachhaltige Schuldenpolitik sowie hohe Standards der wirtschaftlichen, steuerlichen, finanziellen, sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit zu fördern.“
Die Vereinbarung soll diverse Infrastruktur-Dimensionen abdecken, einschließlich Digitaltechnik, Verkehr, Energie sowie persönlicher Kontakt und Austausch.
Diese Grundsätze waren bereits in dem im vergangenen Jahr unterzeichneten strategischen Partnerschaftsabkommen zwischen der EU und Japan sowie dem Abkommen über eine Wirtschaftspartnerschaft verankert worden.
Derweil könnte sich der seit langem andauernde Disput zwischen der EU und den USA in den kommenden Tagen und Wochen weiter verschärfen: US-Präsident Donald Trump wird im Zusammenhang mit dem Streit um den europäischen Flugzeughersteller Airbus voraussichtlich neue Zölle auf europäische Produkte ankündigen.
Verfechter des Freihandels
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker erklärte, das neue Abkommen mit Japan sei „in erster Linie“ ein Zeichen für die Zusammenarbeit zwischen zwei Partnern, die Protektionismus ablehnen, Offenheit anstreben und ein regelbasiertes Handelssystem verteidigen.
Unter Bezugnahme auf die im vergangenen Jahr unterzeichneten Abkommen fügte Japans Premierminister Shinzo Abe hinzu, Japan und die EU seien „Fahnenträger des Freihandels“ und „Hüter von universellen Werten“.
„Ob es sich nur um eine einzige Straße oder einen einzigen Hafen handelt: wenn die EU und Japan etwas unternehmen, sind wir in der Lage, nachhaltige, umfassende und regelbasierte Infrastrukturverbindungen aufzubauen – vom Indopazifikraum bis zum westlichen Balkan und Afrika,“ zeigte sich Abe zuversichtlich.
Der japanische Regierungschef hatte zur Unterzeichnung des Abkommens auf seinem Rückweg vom UN-Gipfel in New York einen Zwischenstopp in Brüssel eingelegt.
Im Rahmen der weiteren Annäherung zwischen der EU und Japan empfahl die Kommission den Mitgliedstaaten am Freitag außerdem, Verhandlungen mit Tokio aufzunehmen, um die Übermittlung und Verwendung von Fluggastdatensätzen (den sogenannten Passenger Name Records, PNR) zur Terrorismusbekämpfung zu ermöglichen.
Darüber hinaus haben die Japanische Agentur für internationale Zusammenarbeit (JICA) und die Europäische Investitionsbank (EIB) eine Absichtserklärung unterzeichnet, mit der ihre Zusammenarbeit verbessert und Investitionen in Entwicklungsländern stärker gefördert werden sollen.
Ein „souveränes Europa“
Das Abkommen kann als ein weiterer Schritt in den EU-Bemühungen gelesen werden, eine globale Allianz aufzubauen, um einerseits dem Protektionismus und Unilateralismus von US-Präsident Donald Trump entgegenzuwirken, andererseits aber auch eine Alternative zu den umstrittenen Investitionsplänen Chinas in der ganzen Welt anzubieten.
In den vergangenen Jahren hatte sich Europa in erster Linie auf Freihandelsabkommen verlassen, um seinen Einfluss über seine Grenzen hinaus zu entfalten. Derartige Abkommen wurden neben Japan beispielsweise auch mit Singapur und Vietnam geschlossen.
Die Initiativen sind auf die Absicht der EU ausgerichtet, wieder mehr Einfluss auf globaler Ebene zu erlangen. Die neue Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen teilte in dieser Hinsicht bereits mit, sie wolle eine „geopolitische Kommission“ führen.
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier erklärte ebenfalls, dass „wir als Europäer eine neue Phase der Globalisierung gestalten wollen“, die auf „solidem Wirtschaftswachstum und Entwicklung“ basiere.
Er räumte ein, dass diese „gute Initiative“ möglicherweise „etwas spät“ komme: Seiner Ansicht nach sei es besser gewesen, wenn die Strategie schon vor zehn oder 15 Jahren auf den Weg gebracht worden wäre.
Der europäische Vorstoß wird jedoch gerade in Asien von einigen potenziellen Partnern mit Vorsicht genossen. Murat Schurebekow, Kasachstans stellvertretender Energieminister, warnte beispielsweise davor, dass neue Strategien zur Infrastrukturverbesserung „nicht mit den derzeit bereits laufenden Dialogen konkurrieren oder in Konflikt geraten“ sollten.
Damit bezog er sich offensichtlich auf die chinesische Initiative der „Neuen Seidenstraße“, die derzeit von 152 Ländern und Organisationen, darunter acht in Europa, unterstützt wird.
Alternative zur Seidenstraße?
Doch auch Pekings riesiger Investitionsplan ist überaus umstritten, hauptsächlich aufgrund der strikten Finanzierungskonditionen, die den Partnerländern auferlegt werden. Weitere Kritik gibt es an den Umwelt- und Governance-Standards (bzw. an den Mängeln / am Fehlen selbiger).
Der stellvertretende südkoreanische Wirtschaftsminister Kang-hyeon Yun stimmte beispielsweise der Sichtweise zu, dass der Seidenstraßen-Plan „viele Probleme“ schaffe. Gleichzeitig bedauere er jedoch auch, dass sein Land und die EU im vergangenen Jahr zwar Foren zur Unterstützung von Konnektivitätsprojekten eingerichtet haben, seither aber „nichts mehr passiert“ sei.
Die USA und China würden bei ihren Konnektivitätsinitiativen hingegen Fortschritte machen. „Wir müssen aufholen und mehr Handlungsbereitschaft zeigen,“ betonte er.
Andere äußerten sich indes positiver über die neuen europäischen Ansätze. So sagte der Vorsitzende der Zentralwirtschaftskommission Vietnams, Van Binh Nguyen, er sehe keine „Rivalität“ zwischen den Strategien der EU und Chinas. Diese würden beide „mehr Möglichkeiten in Asien schaffen“. Aus diesem Grund gebe Vietnam „seine volle Unterstützung“ für die EU-Initiativen.
Romana Vlahutin, die beim Europäischen Auswärtigen Dienst hauptsächlich für den Bereich Infrastruktur und Konnektivität zuständig ist, betonte ebenfalls, die europäischen Pläne seien „nicht geschlossen“ oder exklusiven Partnern vorbehalten.
Bruno Macaes, Senior Fellow am Hudson Institute, fügte darüber hinaus hinzu: „Europa braucht eine große Vision; und diese wird jetzt unter der neuen Kommission entwickelt“.
Für die Zukunft könne er sich sogar einen „eurasischen Superkontinent“ vorstellen, in dem es Einfluss aus und in beide Richtungen – China und Europa – geben würde.
[Bearbeitet von Tim Steins]