Europaabgeordnete fordern Änderungen am mehrjährigen Finanzrahmen (MFR), um die EU-Mittel aufzustocken. Erst dann wollen sie dem EU-Haushalt 2017 zustimmen. EURACTIV Frankreich berichtet.
Der diesjährige Haushaltsstreit zwischen Parlament und Rat verspricht, sportlich zu werden. Die Mitglieder des Haushaltskontrollausschusses im EU-Parlament werden diese Woche einen Entschließungsantrag annehmen, der die Reform des kommenden MFR (2017-2020) zur Voraussetzung für die Annahme des 2017-Haushalts erklären wird. EURACTIV hat einen ersten Blick in den Text werfen können.
Die Gesetzgeber wollen mit dem Antrag eine starke Botschaft an den Rat senden: Die Flüchtlingskrise erfordert mehr EU-Mittel. Sowohl Rat als auch Kommission haben wiederholt versprochen, Ressourcen hierfür bereitzustellen. Zu sehen ist davon noch nichts.
Ein Loch aufreißen, um ein anderes zu stopfen
Sollte doch mal etwas Geld aus den EU-Töpfen fließen, stammt es meist aus bestehenden Programmen. „Der Juncker-Plan hat schon Horizon 2020 und Connecting Europe geplündert. Jetzt braucht man sich nur noch bei der GAP und beim Erasmus bedienen“, so ein verärgerter EU-Abgeordneter.
Frankreich sorgt sich sehr über die Zukunft von Bachelor+. „In Frankreich allein bräuchten wir 85 Millionen Euro, um der Nachfrage gerecht zu werden“, betont Lucas Chevalier, ein Vertreter des Studentenaustauschprogramms.
2014 senkten die 28 Mitgliedsstaaten ihre EU-Haushaltsbeiträge auf etwa 140 Milliarden Euro. Der Betrag liegt weit hinter den benötigten Mittel zurück. Folglich wurden EU-Programme zur potenziellen Zielscheibe für Kürzungen. Doch trotz alledem weigert sich der Rat, den Haushaltsrahmen zu reformieren. Ein solcher Schritt würde aufzeigen, wie hoch das finanzielle Defizit der EU inzwischen geworden ist. Und Schuld daran sind allein die Mitgliedsstaaten.
Aus informierten Kreisen heißt es, der Rat habe eigentlich gar kein Verhandlungsmandat für diese Reform. Ein solches würde er nur über ein Notverfahren erhalten.
Haushaltspolitischer Frühjahrsputz
Die von der Kommission vorgeschlagene Reform des Finanzrahmens von 2017 bis 2020 zeugt durchaus von Mut. So soll die Buchführung weitreichend überprüft und die Mitgliedsstaaten verpflichtet werden, nicht ausgegebene EU-Gelder zurückzuzahlen. Denn viele Fördergelder aus der EU-Kohäsionspolitik bleiben ungenutzt, entweder aufgrund mangelnder Förderprojekte oder – und das ist häufiger der Fall – aufgrund mangelnder Kompetenz und Parallelinvestitionen.
„Theoretisch ist das ein guter Ansatz, um den Haushalt wieder in gesunde Bahnen zu lenken. Wir müssen uns aber selbst auch fragen, warum diese Mittel nicht genutzt werden“, meint Isabelle Thomas, eine französische Abgeordnete der Sozialisten und Demokraten (S&D) im Haushaltsausschuss.
Der Kohäsionshaushalt wird nicht als einziger Federn lassen müssen. Auch auf die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) könnte zurückgegriffen werden, um neue Forderungen zu decken – ungeachtet der Agrarkrise, die die Kommission bereits dazu zwang, ihre Flexibilitätsgelder für Nothilfen in der Milch- und Fleischindustrie anzuzapfen.
Ein haushaltspolitischer Frühjahrsputz würde es ermöglichen, eine „Krisenreserve“ anzulegen. Hybridlösungen, wie viele andere Fonds sie bieten – auch jene für die Türkei und Afrika, wären somit nicht länger erforderlich.
Eigene Ressourcen
Der am 25. Oktober zur Abstimmung stehende Entschließungsantrag „bedauert, dass die Kommission keine Erhöhung der aktuellen Grenzen des mehrjährigen Finanzrahmens vorgeschlagen hat.“ Der EU-Haushalt müsse den politischen Zusagen und strategischen Zielen der EU entsprechen.
Erneut ergibt sich somit die Frage nach eigenen Ressourcen, die der EU die notwendigen Mittel bieten würden, ohne auf die Beiträge der Mitgliedsstaaten angewiesen zu sein. Mögliche Ansätze wären in diesem Zusammenhang die Besteuerung multinationaler Unternehmen, eine Finanztransaktionssteuer oder eine Steuer auf die CO2-Bilanz importierter Waren. Keine dieser Maßnahmen wird jedoch leicht umzusetzen sein.