Belgien kann nun doch dem Freihandelsabkommen mit Kanada zustimmen. CETA-Kritiker bleiben allerdings weiterhin optimistisch – noch fehlt die Zustimmung der nationalen Parlamente und des EU-Parlaments.
Eigentlich sollte CETA heute auf dem EU-Kanada-Gipfel feierlich unterzeichnet werden. Nach einer erneuten Vertagung der belgischen Verhandlungen über das Abkommen, hat die kanadische Delegation jedoch zunächst ihre geplante Reise abgesagt. Ein Sprecher von Kanadas Handelsministerin Chrystia Freeland stellte dennoch klar: „Kanada bleibt bereit, dieses wichtige Abkommen zu unterzeichnen, wenn Europa dazu bereit ist.“
Inzwischen sind die Gespräche in Belgien beendet und Belgiens Regierungschef Charles Michel sagte nach dem Treffen mit Vertretern der Wallonie, der Hauptstadtregion Brüssel und der französischsprachigen Gemeinschaft, „eine Einigung“ sei erreicht. Belgien könne damit das Handelsabkommen unterzeichnen.
CETA-Gegner geben sich kämpferisch
“Dass Belgien jetzt auch CETA unterschreiben kann, ist für die Befürworter noch lange kein Grund zum Jubeln“, sagt Felix Kolb, Geschäftsführer der Organisation Campact, die gegen CETA mobil gemacht hatte. „Der Karren steckt weiter fest im Dreck. Denn nach der Unterzeichnung durch Kanada und die EU-Regierungen muss das Abkommen auch noch die Zustimmung des Europaparlaments und der nationalen Parlamente erhalten. In Deutschland fehlt CETA auf absehbare Zeit die nötige Mehrheit im Bundesrat, denn Länder mit grüner und linker Regierungsbeteiligung werden CETA nicht zustimmen.“
Die Oppositionsparteien in Deutschland könnten das Abkommen im Bundesrat also noch Fall bringen. Aber auch die Landesfraktion der Freien Wähler in Bayern setzt sich für einen Stopp von CETA ein: „Wallonien hatte viele Bürger Europas aufatmen lassen, als es die Zustimmung zu CETA verweigerte. Denn die Sorge um die heimische Landwirtschaft und die Bedenken zu den Schiedsgerichten sind völlig berechtigt“, sagte der Landesvorsitzende Hubert Aiwanger. „Umso unverständlicher ist es, dass sich die Föderalregierung und die Regionen von Belgien nun doch geeinigt haben.“ Die Freien Wähler fordern die Bayerische Staatsregierung auf, CETA im Bundesrat abzulehnen.
Auch BUND-Vorsitzender Hubert Weiger hatte vor der innerbelgischen Einigung den breiten zivilgesellschaftlichen Protest gegen CETA gelobt und zugleich die fehlende Reaktion seitens der Politik bemängelt: „Nicht einmal die Europäische Bürgerinitiative mit mehr als drei Millionen Stimmen gegen CETA und TTIP hat die Kommission zugelassen und sie prozessiert noch immer gegen die Initiatoren, darunter den BUND, vor dem Europäischen Gerichtshof.“
„Eine gute Nachricht“
Vertreter der Wirtschaft und der EU-Politik befürworten hingegen die Entscheidung aus Belgien. EU-Ratspräsident Donald Tusk bezeichnete die Einigung auf Twitter als „gute Nachricht. Sobald alle Verfahren zur Unterzeichnung von CETA durch die EU beendet sind, werde ich Premierminister Justin Trudeau (Kanada) kontaktieren“, teilte er mit.
BDI-Präsident Ulrich Grillo sowie der SPD-Politiker und Vorsitzende des Handelsausschusses im EU-Parlament, Bernd Lange, hatte die Hängepartie um CETA zuvor scharf kritisiert. Lange hatte den Aufschub der Unterzeichnung als „zweiten Weckruf nach dem Brexit“ bezeichnet. „Es zeigt noch mal, dass wir in Europa sehr scharf nachdenken müssen, wie wir alle einbeziehen, wie unsere Entscheidungsprozesse sind und wie wir gemeinsam wieder auf einen vernünftigen Konsens kommen können und damit auch international stärker handlungsfähig werden“, sagte Lange im SWR-Tagesgespräch.