Manfred Weber, der Fraktionsvorsitzende und potenzielle Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei bei den anstehenden EU-Wahlen, hat deutlich gemacht, seine Partei bleibe ihren christdemokratischen Prinzipien treu. Man habe Antworten auf Populismus und Extremismus. EURACTIVs Medienpartner Euroefe berichtet.
So zeigte Weber sich überzeugt, die EVP habe den europäischen Bürgern bewiesen, dass sie „vertrauenswürdig“ sei. Dies habe sich insbesondere bei der Bewältigung der Wirtschaftskrise gezeigt, sagte er im Gespräch mit Efe. „Wir haben alle notwendigen Reformen eingeleitet. Ja, sie waren unbeliebt; aber notwendig,“ so der bayerische Politiker.
Er sei desweiteren der Ansicht, dass die EVP auch verstärkt auf den Populismus reagieren sollte. Die Konservativen müssten ein „ehrgeiziges“ Projekt für die kommenden Generationen anbieten.
Dabei gehe er nicht davon aus, dass sich irgendeine nationale Partei innerhalb der EVP-Fraktion dazu verleiten lassen könnte, sich weiter nach rechts zu bewegen, um Stimmverluste gegenüber Populisten oder Rechtsextremen zu vermeiden.
Weber als Favorit im Rennen um die Spitzenkandidatur
Weber tritt auf dem EVP-Kongress am 7. und 8. November in Helsinki gegen den ehemaligen finnischen Ministerpräsidenten Alexander Stubb an, um Spitzenkandidat für die Partei bei den Europawahlen im kommenden Jahr zu werden. Damit wäre er auch der Top-Kandidat für die Nachfolge von EU-Kommissionspräsident Juncker.
Die EVP-Partei ist die größte in Europa. Die Präsidenten der Europäischen Kommission, des Rates und des Parlaments sind Mitglieder der EVP, ebenso wie die Regierungschefs von acht EU-Staaten und vierzehn Mitglieder der Europäischen Kommission.
Im Rennen um die Spitzenkandidatenposition gilt Weber als Favorit. Er wird von einigen der prominentesten Persönlichkeiten der Partei, darunter Bundeskanzlerin Angela Merkel, unterstützt.
Problemfall Orbán
Im Gespräch räumte Weber allerdings ein, dass der ungarische Premierminister Viktor Orbán durchaus „ein Problem“ für die EVP-Familie sei.
Der EVP-Fraktionsvorsitzende erinnerte daran, dass er im September mit der Mehrheit der Europaabgeordneten für die Auslösung von Artikel 7 und die Sanktionierung Ungarns gestimmt hatte. Grund für seine Haltung sei dabei gewesen, dass er die „eindeutige Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der Rechtsstaatlichkeit“ in Ungarn gesehen habe. Dazu dürften die ungarischen Maßnahmen gegen NGOs sowie die Schwierigkeiten für die Central European University gehören.
Weber hatte es den Abgeordneten der EVP ausdrücklich freigestellt, wie sie über die Maßnahmen gegen Ungarn abstimmen wollen. Der Beschluss zur Auslösung von Artikel 7 wurde dennoch mit großer Mehrheit gefasst. Dies beweise, so Weber, dass es eine entschlossene Haltung seiner Partei gegen Orbáns Aktionen gebe und dass „es keine Sonderbehandlung geben darf, wenn wesentliche Prinzipien gebrochen werden“.
Allerdings bedeutet dies scheinbar nicht, dass Orbáns Partei Fidesz aus der EVP geworfen werden könnte. Weber erläuterte dazu, Artikel 7 werde gegen ein Land und nicht gegen eine Partei ausgelöst. Ihm sei wichtig, im Dialog Lösungen und gegenseitiges Verständnis zu finden.
Katalonien
Angesprochen auf den Konflikt in Katalonien betonte Weber, er halte es für notwendig, die europäische Gesetzgebung zu „überdenken“. Man müsse auf verstärkte „gegenseitige Achtung“ der gerichtlichen Entscheidungen zwischen den Mitgliedstaaten hinarbeiten.
So sei er der Ansicht, dass Auslieferungsregelungen zwischen den Mitgliedstaaten neu bewertet werden sollten. Dass in dieser Hinsicht nicht alles glatt laufe, habe der Fall des ehemaligen Präsidenten Kataloniens, Carles Puigdemont, gezeigt. Dieser war vergangenen Dezember aus Spanien nach Belgien geflohen und zwischenzeitlich in Deutschland festgenommen, dann allerdings wieder auf freien Fuß gesetzt worden. Inzwischen befindet er sich wieder in Brüssel.
Es sollte klare Regelungen geben, um Kriminelle oder Verdächtige in das EU-Land auszuliefern, in dem die Ermittlungen laufen, betonte Weber.
Mit Blick auf den Fall Puigdemont betonte der EVP-Fraktionschef, das spanische Justizsystem sei „stark und unabhängig“. Es ergebe „keinen Sinn“, dass ein deutsches Gericht, das nicht alle Fakten kenne, derart eingreifen und über den Fall urteilen könne.
Weber unterstrich, als Politiker respektiere er gerichtliche Entscheidungen. Dennoch spreche er sich deutlich für Änderungen in der europäischen Gesetzgebung aus. Auslieferungen sollten einfacher zugelassen und die „gegenseitige Achtung“ der Justizsysteme der EU-Mitgliedstaaten gefördert werden.