Die dänische EU-Kommissarin Margrethe Vestager wird für eine zweite Amtszeit in Brüssel bleiben – auch, wenn sie es nicht schaffen sollte, die nächste Präsidentin der Europäischen Kommission zu werden.
Mette Frederiksen, Dänemarks neugewählte Premierministerin, sagte am Mittwoch, Vestager habe in Brüssel gute Arbeit geleistet und werde deswegen für einen zweiten Einsatz bei der Kommission nominiert.
Während Vestager offiziell weiterhin im Rennen um die EU-Kommissionspräsidentschaft ist, war bisher unklar, ob die Liberale überhaupt in Brüssel bleiben würde, da sie aus einer anderen Partei kommt als Frederiksen. Letztere gehört den Sozialdemokraten an.
Klar war, dass in Kopenhagen wohl niemand Vestager zurückhalten würde, wenn ihr tatsächlich die EU-Kommissionspräisdentschaft angeboten würde. Eine Verlängerung ihrer „einfachen“ Kommissionsmitgliedschaft war aus parteipolitischen Gründen hingegen weniger wahrscheinlich.
Diese Unsicherheit wurde durch Frederiksen nun ausgeräumt: Die neue Premierministerin sagte einem dänischen Fernsehsender, Vestager habe „wirklich wichtige Arbeit für die EU und damit für Dänemark geleistet“. Sie dürfe daher „auch weiterhin als dänische Kommissarin fungieren“.
Auf die Nachfrage, ob sie nicht versucht sei, einen oder eine Verterterin ihrer eigenen sozialdemokratischen Partei für die Rolle zu benennen, antwortete Frederiksen: „Wenn es um internationale Posten geht, muss man natürlich prüfen, ob wir nicht bereits eine erfahrene und qualifizierte Kommissarin haben, die gute Möglichkeiten hat, weiterzumachen.“
Per Twitter dankte Vestager den Sozialdemokraten für ihre erneute Nominierung und schrieb knapp: „Ich bin glücklich“.
Ja! Jeg er glad. Tak @Spolitik https://t.co/wdKdJoK348
— Margrethe Vestager (@vestager) June 26, 2019
Wettbewerbskommissarin Vestager
Aus EU-Quellen hieß es gegenüber EURACTIV bereits, Vestager werde wahrscheinlich versuchen, weiterhin das Wettbewerbsportfolio der Kommission zu behalten.
Zwar muss die Auswahl der Kommissionsmitglieder auch vom Europäischen Parlament abgesegnet werden; aufgrund der viel beachteten und gelobten Arbeit der Dänin in den vergangenen fünf Jahren dürfte sie aber mit sehr großer Wahrscheinlichkeit grünes Licht von der EU-Versammlung erhalten.
Die neue Premierministerin, die mit ihren 41 Jahren auch die jüngste dänische Regierungschefin aller Zeiten ist, wird am Sonntag nach Brüssel reisen, um an ihrem ersten Treffen des Europäischen Rates mit anderen EU-Staats- und Regierungschefs teilzunehmen. Der Gipfel wurde einberufen, nachdem beim Treffen in der vergangenen Woche in Bezug auf die Ernennung des oder der nächsten Kommissionschefin keine Fortschritte erzielt wurden.
Frederiksen hielt sich bezüglich ihrer Taktik bedeckt und wollte nicht kommentieren, ob sie darauf drängen werde, Vestager zur Kommissionspräsidentin zu ernennen – oder eine eher zurückhaltende Rolle in den Verhandlungen übernehmen will.
Trump: “Sie hasst die USA“
Vestager ist jedoch nicht bei allen Politikern gleichermaßen beliebt: Ebenfalls am Mittwoch kritisierte US-Präsident Donald Trump in einem Interview erneut die EU-Strafen gegen Firmen wie Google und Facebook.
In Bezug auf Vestager sagte Trump gegenüber Fox News: „Sie hasst die Vereinigten Staaten. Vielleicht noch mehr als jede andere Person, die ich je getroffen habe… Was sie unserem Land antut! Sie verklagt alle unsere Unternehmen.“
Er fügte gewohnt unklar hinzu: „Wir sollten Google und Facebook und all sowas verklagen – was wir vielleicht auch tun werden.“
Aus Sicht von Politikexperten könnte Trumps Tirade gegen Vestager, die er zuvor des Öfteren als die „Steuer-Lady der EU“ bezeichnet hatte, ihre Chancen auf die Kommissionspräsidentschaft verbessert haben.
Vestagers Nominierung durch Frederiksen bedeutet auch, dass nun neun von 28 zukünftigen Kommissionsmitgliedern bekannt oder zumindest „mehr als wahrscheinlich“ sind. Die amtierende bulgarische Kommissarin Marija Gabriel, ihre tschechische Amtskollegin Věra Jourová sowie die Estin Kadri Simson und die Finnin Jutta Urpilainen gelten als bereits gesetzte weibliche Kandidatinnen.
Darüber hinaus sind László Trócsányi aus Ungarn, Valdis Dombrovskis aus Lettland, Nicolas Schmit aus Luxemburg und Maroš Šefčovič aus der Slowakei weitere Namen, die im Gespräch sind.
Mit Blick auf das Ziel der Geschlechterparität in der Kommission stellt dies bereits eine deutliche Verbesserung gegenüber der Kommissarauswahl im Jahr 2014 dar: Jean-Claude Juncker hatte kürzlich im Gespräch mit der Bild am Sonntag erklärte, damals sei unter den Vorschlägen in der ersten Runde nur eine einzige Frau gewesen.
Die Kommission des Luxemburgers umfasste schlussendlich immerhin neun weibliche Mitglieder – was einer Quote von 32 Prozent entspricht.