Sexistische Äußerungen in den Parlamentssitzungen, Faustkämpfe in den Parlamentsgebäuden, Jean-Claude Junckers Wutsausbruch und das „Verhör“ von Mark Zuckerberg: EURACTIVs Medienpartner Euroefe wirft einen Blick zurück auf die Ereignisse der vergangenen fünf Jahre, die die achte Legislaturperiode des Europäischen Parlaments geprägt haben.
Oktober 2014: Umstrittener Kommissar Cañete
Am 1. Oktober 2014 stand das Parlament kurz davor, die Ernennung des spanischen Kommissars für Klimaschutz und Energie zu blockieren.
Miguel Arias Cañete musste sich für seine sexistischen Bemerkungen entschuldigen und einen möglichen Interessenkonflikt aufgrund seiner Vergangenheit in der Ölindustrie ausräumen. Um seinen angestrebten Posten doch noch antreten zu können, war der Spanier gezwungen, seine Anteile an zwei Ölgesellschaften zu verkaufen. Seine Frau, sein Sohn und sein Schwager sind immer noch Gesellschafter bzw. sogar Teilhaber an den beiden Unternehmen.
Oktober 2016: UKIP-Mitglied krankenhausreif
Am 6. Oktober 2016 wurde der Europaabgeordnete Steven Woolfe, der damals als Favorit für den Vorstand der britischen UKIP galt, nach einer körperlichen Auseinandersetzung während einer Parteiversammlung am Rande einer Plenarsitzung des EU-Parlaments in einem Straßburger Krankenhaus stationär behandelt.
Ein Bild, das ihn bewusstlos auf dem Boden des Parlaments zeigt, ging schnell viral. Der ehemalige Führer der UKIP, Nigel Farage, sagte damals, er bedauere „zutiefst, was passiert ist“.
März 2017: Sexistische Äußerungen
Im März 2017 „erklärte“ der polnische Abgeordnete Janusz Korwin-Mikke in einer Plenarsitzung das Lohngefälle zwischen Männern und Frauen: Er begründete dieses mit der angeblich natürlichen „Unterlegenheit“ von Frauen. Der rechte Politiker sagte wörtlich: „Natürlich müssen Frauen weniger verdienen als Männer, denn sie sind schwächer, kleiner und weniger intelligent. Deswegen müssen sie weniger verdienen, Punkt.“
Das Parlament verhängte eine Strafe, die jedoch später vom EuGH als unzulässig eingestuft und widerrufen wurde.
April 2017: „Rote Linien“ für den Brexit
Das EU-Parlament legte im April 2017 seine Prioritäten für das Brexit-Abkommen fest. Diese waren der Rechtsstatus der in der EU lebenden britischen Bürger (und umgekehrt) sowie die neuen Außengrenzen mit besonderer Berücksichtigung der Situation in Nordirland. Dort dürfe der Friedensprozess nicht beeinträchtigt werden, so das Parlament.
Zu diesem Thema ging eine Rede des spanischen Abgeordneten Esteban González Pons gegen Populismus und für die EU viral.
Juli 2017: Todesfälle Kohl und Veil
Am 1. Juli 2017 kamen Weltführer wie der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu, der russische Premierminister Dimitri Medwedew und der frühere US-Präsident Bill Clinton nach Straßburg, um dem ehemaligen deutschen Bundeskanzler Helmut Kohl zu gedenken. Mit Kohl starb einer der wichtigsten Akteure der europäischen Integration.
Nur wenige Tage später verstarb auch Simone Veil, die erste Präsidentin des Europäischen Parlaments sowie Symbolfigur des europäischen Feminismus und des Kampfes gegen Antisemitismus.
Juli 2017: Junckers Wutausbruch
Die Anwesenheit von nur 30 der insgesamt 751 MEPs im EU-Parlament während einer Rede des maltesischen Premierministers Joseph Muscat am 4. Juli 2017 veranlasste Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zu einer Wutrede gegen das Europäische Parlament, das er unter anderem als „lächerlich“ bezeichnete.
„Wenn Herr Muscat Frau Merkel oder Herr Macron wäre, dann hätten wir hier ein volles Haus. Das Parlament ist vollkommen lächerlich,“ so Juncker, der ebenfalls aus einem kleinen EU-Mitgliedstaat, Luxemburg, stammt.
Mai 2018: Zuckerbergs Anhörung
Facebook-Chef Mark Zuckerberg entschuldigte sich am 22. Mai 2018 während einer öffentlichen Stellungnahme, die online übertragen wurde, bei den Vorsitzenden der Fraktionen des Europäischen Parlaments. Zuckerberg hatte bereits einen Monat zuvor vor dem US-Senat ausgesagt und sich demütig gezeigt, nachdem der massenhafte Datenmissbrauch durch die Firma Cambridge Analytica bekannt geworden war. Die illegale Nutzung von Facebook-Userdaten hatte wahrscheinlich auch Einfluss auf das Brexit-Referendum.
Oktober 2018: Start des #Metoo-Blogs
Im Oktober 2018 startete eine Gruppe von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Europäischen Parlaments den Blog „MetooEP“, in dem Opfer sexueller Belästigung oder sexistischen Verhaltens ihre Geschichten anonym veröffentlichen können.
Das EU-Parlament hat als Reaktion auf den Start des Blogs Maßnahmen ergriffen, um zukünftige Belästigungen dieser Art zu verhindern. Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments können Kurse zu diesem Thema besuchen, die jedoch nicht obligatorisch sind.
Erst kürzlich hatte sich die deutsche Abgeordnete Julia Reda erneut zum Thema Sexismus in den EU-Institutionen geäußert.
März 2019: Tajanis Mussolini-Lob
Am 13. März 2019 ruderte der Präsident des Europäischen Parlaments, Antonio Tajani, zurück. Zuvor hatte er in einem Interview gesagt, unter dem italienischen Diktator Benito Mussolini sei nicht alles schlecht gewesen. Wörtlich sagte Tajani damals gegenüber Radio 24: „Mussolini? Bis er Hitler folgte und damit der ganzen Welt den Krieg erklärte, bis er ein Förderer der Rassengesetze wurde, tat er – mit Ausnahme der dramatischen Matteotti-Geschichte – positive Dinge, um die Infrastruktur in unserem Land aufzubauen. Mit Blick auf konkrete Fakten kann man nicht sagen, dass er nichts erreicht habe.“
Später entschuldigte Tajani sich und sprach von einem Missverständnis. Auf Twitter schrieb er: „Ich bin immer ein überzeugter Antifaschist gewesen, ich erlaube niemandem, etwas anderes zu behaupten. Die faschistische Diktatur, Rassengesetze und Opfer sind das dunkelste Kapitel in der italienischen/EU-Geschichte.“
[Bearbeitet von Zoran Radosavljevic und Tim Steins]