Darauf hofft auch die Alternative für Deutschland (AfD), die unter dem provokanten Motto „Freiheit statt Brüssel“ am Samstag ihren Europawahlkampf eröffnete.
Massive Gewinne kann sich die fremdenfeindliche Lega von Italiens Innenminister Matteo Salvini erhoffen, die nach jüngsten Umfragen mehr als 30 Prozent der Stimmen einfahren und damit zur stärksten Kraft in Italien werden könnte. In Frankreich wird damit gerechnet, dass die französische Nationale Sammlungsbewegung (ehemals Front National) von Marine Le Pen mit mehr als 20 Prozent der Stimmen auf Platz zwei landet – hinter einem Bündnis aus der Präsidentenpartei „La République en marche“ und den Liberalen.
In den Niederlanden treten gleich zwei rechtslastige Parteien an: Die islamfeindliche Freiheitspartei (PVV) von Geert Wilders und das vor zwei Jahren gegründete rechtspopulistische Forum für Demokratie (FvD), der große Sieger der Regionalwahlen vom März. Zusammen können diese beiden Parteien mit gut 20 Prozent der Stimmen rechnen.
Im Aufwind sind Prognosen zufolge auch die österreichische FPÖ, der flämische Vlaams Belang sowie die AfD. Und Spanien dürfte zum ersten Mal Rechtsextreme ins Europaparlament entsenden – Vertreter der Vox, die seit den Regionalwahlen vom Dezember im Regionalparlament von Andalusien vertreten ist.
Sie alle wollen die Wahl zu einem Plebiszit gegen die „europäischen Eliten“ machen. Ihnen werfen sie vor, die „Masseneinwanderung und Islamisierung“ Europas nicht stoppen zu wollen. Sie treten für ein „Europa der Vaterländer“ ein, die ihre Grenzen wieder selbst kontrollieren und nicht von Brüssel regiert werden wollen. Einige sprechen sich offen für die Abschaffung der EU oder zumindest des Euro aus, andere äußern sich dazu nicht explizit.
Beim Wahlkampfauftakt in Offenburg nannte AfD-Spitzenkandidat Jörg Meuthen Parteien wie Lega, FPÖ sowie die ungarische Fidesz-Partei als mögliche Verbündete. Zugleich kündigte er an, am Montag auf Einladung Salvinis an einem Treffen in Mailand teilzunehmen.
Profitieren von der zunehmend euroskeptischen Stimmung dürfte im Europaparlament vor allem die Fraktion „Europa der Nationen und der Freiheit“ (ENF). Ihr gehören derzeit 37 Parlamentarier an, unter ihnen der ehemalige AfD-Abgeordnete Marcus Pretzell. Laut Umfragen könnte die Fraktion nach der Wahl mehr als 60 Mitglieder zählen und damit zur viertgrößten Gruppe im Parlament werden.
Bisher nutzen die Rechtspopulisten vor allem das Plenum als Bühne, wo sie oft mit ausländerfeindlichen Reden provozieren. In den Ausschüssen, wo die eigentliche Gesetzgebungsarbeit stattfindet, sind sie wenig aktiv. „Die Europagegner tragen zur Arbeit des Parlaments nichts bei“, sagt der SPD-Abgeordnete Jo Leinen. Dennoch könnten sie großen Schaden anrichten – weil ihre Blockade das Zustandekommen von Mehrheiten erschwere.
Im derzeitigen Parlament gibt es schon jetzt rund 150 euroskeptische oder europafeindliche Parlamentarier, die oft nur aus Prinzip gegen Richtlinien stimmen – weil sie eine Gesetzgebung durch die EU ablehnen. Neben den Abgeordneten der ENF sind dies auch Mitglieder der Fraktion Europa der Freiheit und der direkten Demokratie (EFDD), in der vor allem Brexit-Befürworter der britischen Ukip, aber auch Italiener der „Fünf Sterne“-Bewegung vertreten sind. Hinzu kommen 20 Fraktionslose, unter ihnen der NPD-Abgeordnete Udo Voigt sowie Vertreter der antisemitischen ungarischen Jobbik-Partei und der faschistischen griechischen „Goldenen Morgenröte“.
Die systematische Blockadepolitik der Europa-Gegner zwingt die anderen Fraktionen dazu, sich in Bündnissen auf gemeinsame Positionen zu einigen – was manchmal zu Kompromissen führt, über die letztlich niemand glücklich ist.