Österreich steht in den Startlöchern zum EU-Wahlkampf

Wahlplakate in Österreich. [EPA/CHRISTIAN BRUNA]

Nur einen Tag nach dem Ende der Österreichischen EU-Ratspräsidentschaft setzte der EU-Wahlkampf ein. Der Spitzenkandidat der EVP, Manfred Weber, war nicht nur Gast von Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz beim traditionellen Neujahrskonzert, sondern nahm auch gleich die Gelegenheit wahr, um die Zielrichtung des Wahlkampfes vorzugeben. Ins Visier geraten dabei insbesondere die populistischen, nationalistischen Parteien. So auch der Regierungspartner von Kurz, die FPÖ. Was für Spannung innerhalb der Koalition sorgen könnte.

Breite rechtspopulistische Plattform in Arbeit

Die FPÖ hat die letzten Tage jedenfalls genützt, ihre DNA nachzuschärfen. Einmal mehr ging es dabei um die Flüchtlingsfrage. So hagelte es Angriffe gegen die Sozialinstitution Caritas, der vorgeworfen wurde, eine „Asylindustrie“ zu betreiben. Härte fordert man auch bei in Ausbildung stehenden Jugendlichen, die bei einem negativen Asylbescheid nicht bis Ende der Lehrzeit ein Aufenthaltsrecht erhalten sondern sofort abgeschoben werden sollen.

Zu Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, schon seit Monaten immer wieder Angriffsziel der FPÖ, hieß es, er mache die EU „nur noch lächerlich“. Wortführer ist einmal mehr FPÖ-Spitzenkandidat Harald Vilimsky. Der Koalitionspartner ÖVP reagierte mit betretenem Schweigen, was innerparteilich für Murren sorgte. Wie so oft heißt es aber, man wolle keinen öffentlichen Streit suchen.

Österreich zieht Bilanz des EU-Ratsvorsitzes

Rumänien übernimmt zum Jahreswechsel den EU-Ratsvorsitz. Die österreichische Ratspräsidentschaft hat eine hohe Latte gelegt. Zentrales Thema wird der EU-Wahlkampf.

In der Europapolitik dürfte dieser freilich nicht ausbleiben. Allein schon deshalb, weil die Rechtspopulisten, wie Vilimsky in einem Interview durchklingen ließ, schon seit Monaten Gespräche über eine erweitere EU-Fraktion führen. Die gemeinsame Klammer in einem Satz formuliert: „Wir wollen keine Extremisten, keine Radikalen, aber diejenigen, die sagen, die EU soll sich ändern und muss sich auf ihre Kernaufgaben reduzieren.“ Man erhofft sich, damit sogar die sozialdemokratische S&D auf den zweiten Platz zu verdrängen.

Vilimsky sucht Konfrontation mit Karas

Die FPÖ hat sich auch schon einen Reibebaum beim Koalitionspartner ÖVP ausgesucht, den Fraktionsführer der Partei im EU-Parlament, Othmar Karas. Ein überzeugter Europäer, der dies mitunter auch die eigene Partei wissen ließ, wenn diese es opportun fand, auf eine populäre Welle aufzuspringen. So etwa bei der Anpassung der Familienbeihilfe an die jeweiligen Lebenshaltungskosten bei ausländischen Arbeitnehmern, wenn deren Kinder nicht in Österreich sondern in ihrer Heimat leben. Karas, seit 1999 EU-Abgeordneter, gilt als einer der erfahrensten und angesehensten österreichischen Europapolitiker, hat sich aber selbst noch eine Entscheidung, ob er erneut kandidieren wird, für die kommenden Wochen vorbehalten.

Im Gegensatz zu den anderen vier Parteien, die den Sprung ins neue EU-Parlament schaffen werden beziehungsweise wollen, möchte die Volkpartei erst jetzt im Januar ihre Kandidaten bekannt geben. Sicher ist vorerst nur, dass Kurz die Entsendung ins EU-Parlament von Vorzugsstimmen abhängig machen will. Eine Motivation dafür ist, die Wahl durch die Mitbestimmungsmöglichkeit für die Wähler attraktiver zu machen, um so für eine Mobilisierung und damit eine höhere Wahlbeteiligung zu sorgen. Diese lag 2014 bei nur 45 Prozent.

Karas selbst hat auf diesem Gebiet gute Erfahrungen. Mehr noch, dank seiner Vorzugsstimmenkampagnen schaffte es die ÖVP sowohl 2009 als auch 2014, den ersten Platz zu erringen. Zudem gilt er als Bannerträger von Alois Mock, also jenes Politikers, der den Beitritt Österreichs zur EU betrieb und durchzog. Heute ist es 30 Jahre her, das Österreich den Aufnahmeantrag einreichte.

Kurz und eine FPÖ der Mitte

Mit einer Pressekonferenz werden am Dienstag Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz und Vizekanzler Heinz-Christian Strache den 1. Jahrestag der ÖVP-FPÖ-Koalition feiern.

Parteien suchen Selbstbestätigung

Die EU-Wahl 2019 ist für die österreichischen Oppositionsparteien auch aus Gründen der Profilierung wichtig. So möchte auch die neue SPÖ-Vorsitzende, Pamela Rendi-Wagner, wieder für ein Erfolgserlebnis sorgen. Sie schickt den von ihr abgelösten Klubobmann Andreas Schieder ins Rennen. Die Grünen, seit Oktober 2017 nicht mehr im österreichischen Parlament vertreten, hoffen mit dem Ex-Nationalrat Werner Kogler zumindest im EU-Parlament wieder vertreten zu sein. Dasselbe erhoffen sich die NEOS mit Claudia Ramon. Aber auch für die ÖVP steht einiges auf dem Spiel. Sie legt auf die Verteidigung der Nummer 1 Wert und will mit der EU-Wahl eine Bestätigung für ihre Politik insgesamt. Dazu gehört auch das Profil einer „Pro-Europa-Partei“.

Die Themenlage spielt der ÖVP in die Karten. Die Schwerpunkte, die die EVP mit Weber setzen will und die er in Wien mit dem Bundeskanzler besprochen hat, liegen voll im Gleichklang mit der Volkspartei. Sie finden auch mehrheitliche Zustimmung unter der Wählerschaft. So soll im Interesse einer effektiven Außen- und Sicherheitspolitik künftig vom Einstimmigkeitsprinzip abgegangen und auf das Mehrheitsprinzip gesetzt werden. Eingeführt werden sollen aber auch eine EU-weite Digitalsteuer und eine Finanztransaktionssteuer, Gesetze, die bislang über das Diskussionsstadium nicht hinausgekommen sind. Auf der Agenda steht schließlich auch der Stopp der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei, eine Langzeitforderung von Kurz, die auch Weber vertritt, aber bislang keine Mehrheit fand.

Manfred Weber: EVP steht zu ihren Werten

Im Interview mit EURACTIV Polen spricht EVP-Spitzenkandidat Manfred Weber über seine Visionen für die EU sowie über die Probleme mit dem EVP-Mitglied Viktor Orbán.

Bannon und Le Pen zu Gast: Rechtes Stelldichein im flämischen Parlament

Beim Stelldichein im flämischen Parlament in Brüssel kritisierten Le Pen und Bannon vor allem den UN-Migrationspakt.

Studie: EU-Regionalpolitik beeinflusst Wahlverhalten

Wähler, die von der EU-Förderung in ihrer Region wissen, stimmen häufiger für pro-europäische Politiker, hat eine Studie herausgefunden. Dennoch bleiben EU-Strukturfonds weitgehend unbekannt - und oft ineffizient.

 

Abonnieren Sie unsere Newsletter

Abonnieren