La France Insoumise, die französische Linkspartei unter Führung von Jean-Luc Mélenchon, will die EU-Wahlen zu einem „Referendum“ gegen die Politik von Präsident Emmanuel Macron und die Art Europa, für die er steht, machen. EURACTIV Frankreich berichtet.
Das zentrale Thema der bevorstehenden Europawahlen wird nicht die Einwanderung sein, sondern eine Ablehnung der Politik von Emmanuel Macron. Das versprach der Wahlkampfleiter von La France Insoumise, Manuel Bompard, kürzlich. Damit gibt er den Ton für den Europawahlkampf der Partei vor.
Da es sich um die erste Abstimmung seit den Präsidentschaftswahlen im vergangenen Jahr handelt, bieten die Europawahlen im Mai 2019 für Jean-Luc Mélenchons „Insoumis“ (etwa: Aufmüpfige, Rebellen) die erste echte Gelegenheit, Macrons Politik direkt anzugreifen.
„Die Europawahlen bergen die Chance, Macron eine große Wahlniederlage beizubringen. Und das ist das Ziel, auf das wir hinarbeiten,“ erklärte Bompard am Montag auf einer Pressekonferenz in Paris.
Die geplante Zurückhaltung von La France Insoumise zum Thema Migration – die dennoch bei den Europawahlen im Mittelpunkt stehen wird – ist weitgehend auf die Differenzen zurückzuführen, die das Thema innerhalb der Bewegung selbst verursacht.
Jüngstes Beispiel dafür war das „Manifeste pour l’accueil des migrants“ (Manifest zur Aufnahme von Migranten). Der Text, der von 150 prominenten Persönlichkeiten unterzeichnet wurde, verurteilt die Stigmatisierung von Migration als „Krankheit der europäischen Gesellschaft“ und fordert eine würdige Aufnahme von Migranten.
Diese Botschaft steht jedoch teilweise im Widerspruch zur Position des Parteiführers Mélenchon. Er fordert zumindest eine stärkere Bekämpfung der Migrations-Ursachen – ein Diskurs, der von der extremen Rechten auf europäischer Ebene weitgehend und gerne unterstützt wird.
Um die Situation zu entschärfen, erklärte Bompard, die Botschaft des Migrationsmanifests werde von weiten Teilen der Partei geteilt; gleichzeitig bekräftigte er die Notwendigkeit, die Ursachen für Migration zu „untersuchen“.
Eine solche zweideutige Position dürfte im EU-Wahlkampf jedoch kaum Beachtung finden. Schließlich deutet alles auf einen harten Kampf zwischen Befürwortern einer Politik der konsequenten Grenzschließung und Verfechtern einer großzügigeren Aufnahmepolitik hin.
Gegen das neoliberale Europa
Um sich von der heiklen Migrationsfrage zu lösen, konzentriert sich La France Insoumise daher auf die Idee einer „Protestabstimmung“ gegen die Politik von Macron: „Denn eine Niederlage Macrons bedeutet auch eine Niederlage für das Europa, wie es heute ist,“ betonte Bompard.
Als selbsternannter Führer der Pro-Europäer verkörpere Macron das neoliberale Europa, gegen das La France Insoumise kämpfen wolle.
Die Agenda der linken Partei solle sich daher verstärkt auf „die großen Themen“ konzentrieren, die sie bereits während des Präsidentschaftswahlkampfes in Frankreich angesprochen hatte. Dazu gehören unter anderem Forderungen, die europäischen Verträge zu ändern sowie der Kampf gegen Steuerhinterziehung und das leidige Thema Entsenderichtlinie.
La France Insoumise will seine Wahllisten für die Europawahlen bis zum 15. November fertig stellen. Eine erste Version wurde bereits im Juni veröffentlicht, kann aber auf weitere politische Persönlichkeiten ausgedehnt werden, die zwar keine Parteimitglieder sind, deren Ideen aber mit denen der Linkspartei kompatibel sind.
Der Europaabgeordnete Emmanuel Maurel und die ehemalige Ministerin Marie-Noëlle Lienemann, die dem linken Flügel der sozialistischen Partei angehören, scheinen beispielsweise potenzielle Kandidaten zu sein. Die beiden haben bereits Gespräche mit den Insoumis geführt.
Die Parteimitglieder können dann ab Mitte November über die endgültigen Listen abstimmen, bevor diese am 8. und 9. Dezember offiziell bekannt gegeben werden, parallel zum endgültigen Wahlprogramm.
Neue radikal-linke Sammlungsbewegung
La France Insoumise ist inzwischen von seinen ehemaligen Verbündeten der Kommunistischen Partei – mit der sie gemeinsam an den letzten Europawahlen 2014 teilgenommen hatte – auf nationaler Ebene isoliert.
Auch deswegen hat die Partei mit dem Aufbau einer neuen europäischen politischen Kraft begonnen.
Bisher war man Mitglied der Konföderalen Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke (GUE/NGL) im Europäischen Parlament. Nun wurde zusammen mit Spaniens Podemos, dem portugiesischen Bloco de Esquerda, der Rot-Grünen Allianz aus Dänemark, der schwedischen Linkspartei und der Linksallianz aus Finnland eine neue Sammlungsbewegung der europäischen Linken ins Leben gerufen.
Die am 12. April 2018 in Lissabon gegründete Bewegung „Maintenant le peuple“ (Jetzt das Volk) will sich von der Partei der Europäischen Linken lösen, die die Mehrheit der nationalen Linksparteien in ihrer EU-Parlamentsfraktion vereint.
„Wir können nicht mehr den gleichen politischen Raum teilen wie Alexis Tsipras und seine Syriza,“ betonte Bompard.
Dieses Gefühl der „Inkompatibilität“ scheint auf Gegenseitigkeit zu beruhen: Gabriele Zimmer, Vorsitzende der GUE/NGL, kritisierte, Mélenchon habe mehrfach „problematische Situationen“ geschaffen, insbesondere durch seine öffentliche Forderung, Syriza aus der Fraktion auszuschließen.
Eigene Fraktion im EU-Parlament?
Die von La France Insoumise ins Leben gerufene neue Gruppierung hofft nun, bis zur Wahl im Mai 2019 weitere politische Parteien ansprechen und aufnehmen zu können.
Dann könne man sogar eine eigene Fraktion im zukünftigen Europäischen Parlament bilden, heißt es. Dafür würde „Maintenant le peuple“ 25 Abgeordnete aus mindestens einem Viertel (also mindestens sieben) Mitgliedstaaten benötigen.