EVP-Spitzenkandidat: Geheime Abstimmung ein Vorteil für Stubb?

Der ehemalige finnische Premierminister Alexander Stubb fordert den EVP-Fraktionsvorsitzenden im EU-Parlament, Manfred Weber, heraus. [Shutterstock]

Alexander Stubb, einer der beiden Kandidaten der EVP für das Amt des nächsten EU-Kommissionspräsidenten, hat die griechischen und zypriotischen Konservativen aufgefordert, sich daran zu erinnern, wie er mit der Finanzkrise umgegangen sei. Auf dem Parteitag im kommenden Monat sollten sie eine „fundierte und individuelle“ Wahl treffen.

Die großen konservativen Parteien der beiden Länder, die griechische Nea Demokratia und die zypriotische Dimokratikos Synagermos, unterstützten offiziell die Kandidatur des Bayern Manfred Weber (CSU).

„Die öffentliche Unterstützung ist eine Sache, die Stimmabgabe eine andere,“ orakelte der ehemalige finnische Premierminister Stubb allerdings im Interview mit Capital.gr.

Die EVP wird auf ihrem Kongress am 7. und 8. November in Helsinki entscheiden, wer die Partei im EU-Wahlkampf anführen soll. Stubb und Weber sind dabei die einzigen beiden Kandidaten. Letzterer ist aktuell Vorsitzender der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament.

Alexander Stubb: "Wir brauchen mehr Emotionen für Europa"

Der Finne Alexander Stubb erklärt im großen Exklusivinterview, warum er der nächste EU-Kommissionspräsident werden will und welchen Herausforderungen Europa sich gegenübersieht.

Bei Vorgesprächen am vergangenen Mittwoch konnte Weber sich die Unterstützung aller acht aktuell (mit-)regierenden EVP-Führer sichern (namentlich die Premierminister von Österreich, Bulgarien, Kroatien, Ungarn und Irland sowie die Präsidenten Zyperns und Rumäniens).

„Ich weiß aber: Es ist eine geheime Abstimmung; und am Ende des Tages ist es eine persönliche Angelegenheit. Die EVP ist eine Partei, die an die individuelle Freiheit und Entscheidung glaubt. Vor diesem Hintergrund denke ich, dass die zypriotischen und die griechischen Delegierten mit ihrem eigenen Herzen und Verstand in Helsinki eine fundierte, individuelle Entscheidung treffen werden,“ sagte Stubb im Interview.

„Ich glaube, dass die Zyprioten und die Griechen wissen, wie ich mit der Finanz- und Eurokrise umgegangen bin. Und dass es in der damaligen Situation – in der ich mit den „Wahren Finnen“ in einer Regierungskoalition war – äußerst schwierig war. Dennoch konnten wir eine Lösung finden,“ fügte er hinzu.

Kritik an linker Syriza

Stubb behauptete außerdem, Griechenland hätte spätestens im Frühjahr 2015 an die Märkte zurückkehren können, wenn die konservative Nea Demokratia im Herbst 2014 an der Macht geblieben wäre. „Aber wegen der Wahlen und der politischen Situation in Griechenland musste das griechische Volk weitere vier Jahre leiden,“ so Stubb mit Blick auf die auch aktuell noch regierende linke Partei Syriza.

Auch Weber war bei den griechischen Wahlen 2014 ausgesprochener Unterstützer des Kandidaten der Nea Demokratia, Kyriakos Mitsotakis, gewesen. Weber hat die Syriza-Regierung des Öfteren kritisiert und Premierminister Alexis Tsipras sogar als „Kommunisten“ bezeichnet – womit er in Athen heftige Reaktionen auslöste.

"Kommunistischer Premierminister": Syriza schießt nach Kommentar gegen Weber

Griechenlands einziges Problem: Sein Ministerpräsident Alexis Tsipras ist ein Kommunist. Das meint jedenfalls Manfred Weber, Vorsitzender der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament. Athen schießt nun zurück.

Weber hat sich bisher auch nicht zum Namens-Deal mit Mazedonien geäußert. Während die offizielle EVP-Haltung die Einigung begrüßt, will Weber wohl die Nea Demokratia nicht in eine unangenehme Situation bringen: Die Partei ist gegen den Vertrag.

Gleichzeitig ist Mitsotakis ein zentristisch-liberaler Pro-EU-Politiker und damit politisch eigentlich näher an Stubbs. Mitsotakis war auch einer der wenigen EVP-Führer, der offen den ungarischen Viktor Orbán kritisierte. Er hatte die Aktivierung von Artikel 7 gegen Budapest gefordert.

Offizielle Unterstützung für Weber – aber geheime Wahl als Vorteil für Stubb

Die Rolle Webers als aktueller Vorsitzender der EVP-Fraktion lässt keinen großen Spielraum für öffentliche, offizielle Widersprüche gegen seine Kandidatur.

Aber Überraschungen sind bei der Spitzenkandidaten-Wahl durchaus möglich. Als EURACTIV kürzlich den konservativen bulgarischen Ministerpräsidenten Bojko Borissow, der offiziell Weber unterstützt, fragte, ob seine Entscheidung endgültig sei, erklärte dieser, eine endgültige Entscheidung werde er erst in Helsinki treffen.

Insgesamt werden Anfang November 758 EVP-Delegierte entscheiden, ob Weber oder Stubb die Partei im Wahlkampf führen soll.

Viele gehen davon aus, dass die geheime Abstimmung ein Vorteil für den liberaleren Stubb gegenüber dem konservativeren Weber ist.

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