Emmanuel Macrons Partei startete vergangene Woche in ihren Wahlkampf für die EU-Wahlen 2019. Die Kampagne basiert auf einer Umfrage zu europapolitischen Themen, die unter rund 71.000 französischen Wählern durchgeführt worden war. En Marche will sich als die einzige wirklich proeuropäische Partei präsentieren. EURACTIV Frankreich berichtet.
La République En Marche (LREM) ist wieder im Wahlkampfmodus: Zwei Jahre nach den Präsidentschaftswahlen in Frankreich startete Christophe Castaner, der Generaldelegierte der von Emmanuel Macron gegründeten Bewegung, am Mittwochabend in Paris die Wahlkampfkampagne für die Europawahlen.
Das Rezept ist fast das gleiche wie bei den Präsidentschaftswahlen: Die Basis bildet eine Anhörung der französischen Bürger zu europapolitischen Themen, die im Frühjahr stattfand. Auf die Ergebnisse sollen in den kommenden Wochen Rückmeldungen und Vorschläge von Seiten der Partei erfolgen.
Eine große Frage bleibt jedoch vorerst bestehen: Wer wird die LREM-Liste für die Europawahlen am 26. Mai 2019 anführen? Dieser Name sollte zum Ende des Jahres oder Anfang 2019 feststehen. Es wurde ein Aufruf zur Nominierung von Kandidaten gestartet; und die Namen Daniel Cohn-Bendit und Sylvie Goulard stehen bereits im Raum.
Im Rahmen der Konsultation konnte LREM Rückmeldungen von insgesamt rund 71.000 Bürgern einholen. Wie zu erwarten war, zeigten die LREM-Wähler sich dabei proeuropäischer als der französische Durchschnitt.
Enthusiasmus für Europa, Kritik an den Institutionen
Ihre Antworten unterstreichen ein starkes Bekenntnis zu Europa – 82 Prozent der Befragten glauben, „dass es sich lohnt, für die Verbesserung der Europäischen Union zu kämpfen“. Sie äußern jedoch auch teils heftige Kritik an der Funktionsweise der europäischen Institutionen sowie am Sozial- und Steuerdumping zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten.
Drei Themen tauchen immer wieder als „europäische Prioritäten“ auf: Ökologie, Ökonomie und Sicherheit.
Dies sind sicherlich Antworten, die auch mit der von Macron angestrebten Politik übereinstimmen. Der französische Präsident, der sich stark für das europäische Projekt einsetzt, besteht nach wie vor auf wichtige Reformen, um die europaweite EU-Müdigkeit zu bekämpfen.
Anlässlich des ersten LREM-Treffens zu den EU-Wahlen am vergangenen Mittwoch informierte die Ministerin für europäische Angelegenheiten, Nathalie Loiseau, die Wähler über die Fortschritte in Bezug auf die Vorschläge, die Macron in seiner Sorbonne-Rede vor genau einem Jahr unterbreitet hatte.
„In einem Jahr haben wir größere Fortschritte gemacht als in den letzten sechs Jahrzehnten,“ so Loiseau vor den 500 LREM-Mitgliedern, die sich in einem Saal am Place d’Italie in Paris versammelt haben.
Loiseau hielt fest, die Hälfte dieser Vorschläge sei entweder ganz oder zumindest teilweise umgesetzt worden. Als „Realistin“, so ihre eigenen Worte, müsse sie jedoch zustimmen, dass dies noch nicht ausreiche. Sie verurteilte auch die ihrer Ansicht nach beiden großen Bedrohungen für Europa.
Die erste sei eine externe Bedrohung, die aus Ländern wie den Vereinigten Staaten von Donald Trump sowie aus Russland und China stamme. Die zweite sei hingegen hausgemacht und komme von Populisten, beginnend mit Parteien wie dem Rassemblement National (dem ehemaligen Front National).
Abschließend bezeichnete Loiseau die EU-Wahlen 2019 als „historisch“.
Castaner greift die „Feinde Europas“ an
Nun ist es also an Christophe Castaner, der seit einem Jahr Generaldelegierter von LREM ist, die Wahlkampfmaschine von Macron erneut zu starten und die Truppen zu sammeln. In seiner Begründung zur Entscheidung, den Wahlkampf schon vor den anderen Parteien zu beginnen, sagt Castaner, er halte es für „unerlässlich, auch außerhalb der Wahlperioden über Europa zu sprechen“.
Er resümierte Macrons Leistungen in Bezug auf Europa in den letzten 16 Monaten und kritisierte nationalistische Führer in Frankreich und anderen EU-Ländern, denen der LREM-Politiker „Lügen und politische Spielchen“ vowarf. Sie seien „die Feinde Europas; die Feinde der Völker Europas“.
Dabei nahm Castaner nicht nur Viktor Orbán und Marine Le Pen ins Visier, sondern schoss auch gegen Laurent Wauquiez, den Vorsitzenden der Republikaner – der nach wie vor wichtigsten konservativen Partei in Frankreich.
„Worüber reden wir, wenn wir von Populisten und Nationalisten sprechen? Wir sprechen von Menschen, deren einzige politische Agenda darin besteht, Nein zu Europa zu sagen, weil sie von der Fantasie beseelt sind, Rückschritte zu machen. Im Gegensatz zu ihnen schäme ich mich nicht für Europa,“ sagte Castaner weiter.
En Marche sucht nun Verbündete, um eine eigene Gruppe im Europäischen Parlament aufzubauen und somit möglicherweise auch zum Zünglein an der Waage bei der Wahl des zukünftigen EU-Kommissionspräsidenten zu werden. Dafür muss die Wahlkampf-Kampagne zunächst aber vor allem im Heimatland Frankreich erfolgreich sein.
Die Partei des französischen Präsidenten scheint dabei bereit zu sein, sowohl über ihre politischen Grenzen hinausgehen – indem sie Verbündete in der zentristischen MoDem-Partei, den Linksaußen und den gemäßigte Rechten finden will – als auch die Zivilgesellschaft einzubinden.