Die Europawahlen haben die Mehrheitsverhältnisse im EU-Parlament kräftig umgekrempelt. Dies macht nicht nur die Bestimmung des künftigen EU-Kommissionspräsidenten schwieriger, sondern hat auch Auswirkungen auf die inhaltliche Arbeit der Volksvertretung in den kommenden fünf Jahren.
Trends
Konservative und Sozialdemokraten kommen erstmals seit 40 Jahren zusammen nicht mehr auf eine absolute Mehrheit im neuen , das am heutigen Dienstag erstmals zusammentritt. Stattdessen ist rechnerisch eine knappe Mehrheit der vier Fraktionen links der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) möglich.
Die Liberalen bilden nach Verstärkung durch Frankreichs Präsidentenpartei die drittstärkste Fraktion. Deutliche Gewinne verbuchten auch die Grünen. Im rechten Spektrum gründeten Europakritiker eine neue Fraktion, die Brexit-Partei bleibt aber wohl fortan allein. Und Sozialdemokraten, Liberale und Grüne müssen sich darauf einstellen, nach dem Brexit kräftig Federn zu lassen.
Fraktionen
Europäische Volkspartei (EVP)
Abgeordnete: 182 (bisher 216)
Fraktionsvorsitz: Manfred Weber (Deutschland): u.a. CDU/CSU (Deutschland – 29), Wahlbündnis um Bürgerplattform (Polen – 17), Wahlbündnis um Fidesz (Ungarn – 13), Partido Popular (Spanien – 12), Partidul National Liberal (Rumänien – 10), Les Républicains (Frankreich – 8), Nea Demokratia (Griechenland – 8), ÖVP (Österreich – 7), Forza Italia (Italien – 6)
Progressive Allianz der Sozialdemokraten (S&D)
Abgeordnete: 154 (bisher 185)
Fraktionsvorsitz: Iratxe García Pérez (Spanien)
Mitgliedsparteien: u.a. Partido Socialista (Spanien – 20), Partito Democratico (Italien – 19), SPD (Deutschland – 16), Labour (Großbritannien – 10), Partido Socialista (Portugal – 9), Partidul Social Democrat (Rumänien – 8), Partij van de Arbeid (Niederlande – 6), Wahlbündnis um Parti socialiste (Frankreich – 5), SPÖ (Österreich – 5)
Renew Europe (RE)
Abgeordnete: 108 (Vorläufer Alde 69)
Fraktionsvorsitz: Dacian Ciolos (Rumänien)
Mitgliedsparteien: u.a. Wahlbündnis um La République en Marche (Frankreich – 21), Liberal Democrats (Großbritannien – 16), Alliance 2020 (Rumänien – 8), Ciudadanos (Spanien – 7), Ano 2011 (Tschechien – 6), FDP (Deutschland – 5)
Die Grünen / Europäische Freie Allianz (EFA)
Abgeordnete: 75 (bisher 52)
Fraktionsvorsitz: Ska Keller (Deutschland), Philippe Lamberts (Belgien)
Mitgliedsparteien: u.a. Grüne (Deutschland – 21), Europe Écologie-Les verts (Frankreich – 12), Green Party (Großbritannien – 7), Scottish National Party (Großbritannien – 3)
Identität und Demokratie (ID)
Abgeordnete: 73 (Vorläufer ENF: 36)
Fraktionsvorsitz: Marco Zanni (Italien)
Mitgliedsparteien: u.a. Lega (Italien – 28), Rassemblement National (Frankreich – 22), AfD (Deutschland – 11), FPÖ (Österreich – 3), Vlaams Belang (Belgien – 3)
Europäische Konservative und Reformer (EKR)
Abgeordnete: 62 (bisher 77)
Fraktionsvorsitz: Ryszard Legutko (Polen), Raffaele Fitto (Italien)
Mitgliedsparteien: u.a. Recht und Gerechtigkeit PiS (Polen – 26), Fratelli d’Italia (Italien – 5), Conservative Party (Großbritannien – 4), Vox (Spanien – 3), Nieuw-Vlaamse Alliantie (N-VA, Belgien – 3)
Konföderale Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken / Nordische Grüne Linke (GUE / NGL) Abgeordnete: 41 (bisher 52)
Fraktionsvorsitz: offen
Mitgliedsparteien: u.a. Syriza (Griechenland – 6), France insoumise (Frankreich – 6), Die Linke (Deutschland – 5), Wahlbündnis um Podemos (Spanien – 5)
Unklar
Die Zukunft der bisherigen Fraktion Europa der Freiheit und der direkten Demokratie (EFDD) ist offen. Die Gruppe umfasste bisher 42 Abgeordnete. Als mögliche Mitglieder gelten die Brexit-Partei von Nigel Farage (29 Abgeordnete) und die italienische Fünf-Sterne-Bewegung (14 Abgeordnete). Bis dato ist es ihnen jedoch nicht gelungen, das nötige Quorum für den Fraktionsstatus zu erreichen: Dies sind mindestens 25 Abgeordnete aus sieben EU-Ländern.