Das EU-Parlament schrumpft

EU-Parlamentarier bei der Arbeit. [European Union 2011 PE-EP/Pietro Naj-Oleari]

Entsprechend einem Parlamentsbeschluss vom gestrigen Mittwoch wird das EU-Parlament nach der Wahl im Juni 2019 46 Abgeordnete weniger haben.

Hintergrund der neuen Sitzverteilung ist der Brexit. Gemäß dem aktuellen Schlüssel gehören dem EP derzeit 73 Briten an. 46 Sitze sollen künftig gestrichen werden – ein Beitrag zur allgemein um sich greifenden Sparsamkeit. Die übrigen 27 freiwerdenden Sitze sollen auf 14 Länder verteilt werden, die derzeit leicht unterrepräsentiert sind. Am stärksten profitieren Frankreich und Spanien, die nach der neuen Sitzverteilung je fünf Sitze hinzugewinnen.

Die leichte Unterrepräsentation einiger Mitgliedsstaaten hat damit zu tun, dass es eine europarechtliche Obergrenze gibt, die das Parlament auf maximal 750 Abgeordnete (exklusive dem Präsident) begrenzt. So konnte kein Ausgleich durch zusätzliche Mandate hergestellt werden. Durch den Brexit wird es wieder möglich, die „degressive Proportionalität“ der Sitzverteilung wiederherzustellen.

Angedacht ist nun, dass die weggekürzten Sitze zu einem späteren Zeitpunkt von Abgeordneten neuer EU-Mitgliedsstaaten eingenommen werden können. Beitrittsgespräche laufen derzeit vor allem mit den Staaten des Westbalkans. Erst im Mai wurden deren Beitrittsperspektiven auf einem Gipfel im bulgarischen Sofia bekräftigt. Die Sitze kommen, so heißt es beim Parlament, in „eine Reserve“.

Tajani drängt auf Spitzenkandidaten-System

Ein Jahr vor den Europawahlen hat das EU-Parlament – mit positiven Ergebnissen einer Umfrage im Rücken – gestern erneut für das Spitzenkandidaten-System geworben.

Die Beschlussvorlage wurde mit einer deutlichen Mehrheit von 566 zu 94 Stimmen bei 31 Enthaltungen angenommen. Ein Vorstoß, die Gunst der Stunde zu nutzen, um transnationale Wahllisten einzuführen, scheiterte hingegen bereits im Februar diesen Jahres. Lange sah es so aus, als fände sich für diesen Vorstoß eine Mehrheit. Am Ende wurde der Vorschlag jedoch mit einer Mehrheit von 368 zu 274 Stimmen abgelehnt. Entscheidend waren damals die Stimmen der konservativen EVP, die sich erst kurz vor der Abstimmung entschied, die Initiative abzulehnen.

Die zuständige Berichterstatterin Danuta Hübner von der EVP zeigte sich erfreut über die Einigung: „Die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments ist der höchste Ausdruck des Willens der Bürger Europas. Deshalb ist es wichtig, dass die Vertretung der Bürger fair, objektiv und im Einklang mit dem EU-Recht steht. Nach langen und zähen Verhandlungen bin ich froh, dass das Europäische Parlament unserem Vorschlag endgültig zugestimmt hat.“

Im nächsten Schritt muss die vorgeschlagene Sitzverteilung muss noch von den Staats- und Regierungschefs der EU auf dem Gipfel am 28. und 29. Juni in Brüssel formell gebilligt werden. Dann steht der neuen Sitzverteilung nach den Wahlen nichts mehr im Wege.

 

Das EU-Parlament setzt sich aus Vertretern der EU-Bürger zusammen. Ihre Anzahl darf 750 nicht überschreiten, zuzüglich des Präsidenten. Die Bürger sind im EU-Parlament degressiv proportional, mindestens jedoch mit sechs Mitgliedern je Mitgliedstaat vertreten. Kein Mitgliedstaat erhält mehr als 96 Sitze. "Degressiv proportional" bedeutet, dass die Gesamtzahl der Sitze gemäß der Bevölkerungszahl der Mitgliedstaaten verteilt werden, wobei jedoch die bevölkerungsreicheren Mitgliedstaaten akzeptieren, dass sie zugunsten einer überproportionalen Vertretung der bevölkerungsärmeren Mitgliedstaaten unterrepräsentiert sind.

Doch keine transnationalen Wahllisten

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