?Unmittelbar vor seiner Anhörung im Parlament protestieren EU-Abgeordnete und zivilgesellschaftliche Organisationen gegen die Wahl Miguel Arias Cañetes zum Kommissar für Klimaschutz und Energie. Insbesondere wegen Verbindungen zur Ölindustrie ist der Spanier einer der umstrittensten Kandidaten in der Mannschaft von Jean-Claude Juncker. EURACTIV Brüssel berichtet.
Die Organisatoren erwarten bis zu 100 Demonstranten zu der „Stop Cañete“-Kundgebung am Mittwochnachmittag (14.30 Uhr) auf dem Place du Luxembourg vor dem Europaparlament in Brüssel.
Die EU-Abgeordneten der spanischen Linksparteien wie Podemos, Izquierda Unida, Primavera Europea/EQUO, ICV, ERC und AGE werden dort gegen die Ernennung Miguel Arias Cañetes zum Kommissar demonstrieren. Sie kritisieren ihn für seine Verbindung zur Ölindustrie und einen sexistischen Ausfall.
Gegen 18 Uhr wird der spanische Konservative dann von den Europaabgeordneten „gegrillt“. Das Parlament kann nur die gesamte neue Kommission bestätigen oder ablehnen. Sollte eine Anhörung aber besonders schlecht laufen, können sie den gewählten Kommissionspräsidenten dazu drängen, einzelne designierte Kommissare zu ersetzen.
So musste der konservative, italienische Rocco Buttiglione 2004 seine Kandidatur zurückziehen. Sozialdemokraten, Liberale und die Grüne drohten, seine Kandidatur abzulehnen, nachdem bekannt wurden, dass er Homosexualität als Sünde bezeichnet.
Zivilgesellschaftliche Gruppen aus dem umweltpolitischen Bereich und die Anti-Lobby-NGO Corporate Europe Observatory werden sich dem „Stop Cañete“-Protest in Parlamentsnähe ebenfalls anschließen. Gerüchten zufolge könnte es zusätzlich zu der Demonstration weitere Aktionen geben, um den Widerstand gegen die Nominierung zu verdeutlichen.
Aller Voraussicht nach wird kein anderer Kommissar während der Anhörungen mit ähnlichen Protesten konfrontiert werden.
„Niemand, der seine Hände in Öl gewaschen hat, sollte zum Energiekommissar ernannt werden. Weder für die Erneuerbaren, noch für die Bürger können wir etwas Gutes unter Cañetes Mandat erwarten“, sagte Martin Behar von Podemos Belgica. „Wir drängen die Europaabgeordneten aller politischen Fraktionen, zu handeln und seine Kandidatur als Energie- und Klimakommissar abzulehnen.“
Verbindungen ins Ölgeschäft
Die Kandidatur des Spaniers löste wegen seiner Verbindungen zur Ölindustrie Kritik aus. Er war so gezwungen, seine Anteile an den zwei Ölfirmen Petrolifera Ducar und Petrologis Canaris zu verkaufen, um seine Nominierung zum Kommissar für Klimaschutz und Energie zu stützen.
Seine Frau, sein Sohn und sein Schwager würden Anteileigner bleiben oder sogar in den Vorständen der Firmen sitzen, betonen Kritiker wie Podemos und die Grünen im Europaparlament.
Cañete wurde auch „inakzeptabler Sexismus“ vorgeworfen. In einem Schreiben an Kommissionschef Juncker stellen die Grünen seine Unabhängigkeit und seine Freiheit von Interessenskonflikten in Frage.
Anfang des Jahres soll Cañete gesagt haben, dass „eine Diskussion mit einer Frau kompliziert ist, denn intellektuelle Überlegenheit zu zeigen, könnte als sexistisch ausgelegt werden“.
Eine Debatte zwischen einem Mann und einer Frau sei „sehr kompliziert“. Denn wenn der Mann „intellektuelle Überlegenheit oder was auch immer“ beweise, könnte er einen „sexistischen Eindruck“ vor einer „schutzlosen Frau“ hinterlassen, so der Spanier.
Podemos ist eine 2014 gegründete Linkspartei. Bei den Europawahlen im Mai erhielt die Partei beachtliche acht Prozent der Stimmen. Auf einer speziellen „Stop Cañete“- Webseite zitierte sie spanische Presseberichte über die angebliche Steuerhinterziehung des konservativen Politikers.
Als Europaabgeordneter soll Cañete 1996 für Subventionen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) gekämpft haben. Seine Frau, die Stiere für den Stierkampf züchtet, profitierte anschließend von diesen Subventionen.
Später gab es in einem anderen Zusammenhang Ermittlungen gegen sie. Cañetes Frau soll in seiner Zeit als Landwirtschaftminister vom Zugang zu vertraulichen Informationen profitiert haben. Der Spanier versprach in seinen Antworten auf die schriftlichen Fragen vor seiner Anhörung, den Verhaltenskodex für die Kommissare genau zu befolgen.
„Ich bin dazu übergegangen, alle meine Vermögenswerte und finanzielle Interessen und die meiner Frau sowie ihre beruflichen Aktivitäten offenzulegen“, sagte er. „Ich werde nie Themen meines Geschäftsbereich behandeln, bei denen ich persönliche, familiäre oder finanzielle Interessen haben könnte, die meine Unabhängigkeit einschränken könnten. Wenn ich mit einer solchen Situation konfrontiert bin, werde ich den Kommissionspräsidenten unverzüglich informieren.“