Bei der Bildung der neuen Kommission kam es gestern zu ersten Konflikten. Die Anhörung des designierten Klimakommissars Cañete offenbarte den wachsenden Widerstand unter den Europaabgeordneten gegen seine Nominierung für die Juncker-Kommission.
Die ersten zehn der designierten Kommissare erhielten an den ersten beiden Anhörungstagen grünes Licht vom Parlament. Gestern aber gefährdete die aufgeheizte Stimmung in den Ausschussräumen des Parlaments bei Miguel Cañetes Anhörung den Fahrplan für die Nominierung der Kommission. Die Kommission soll am 22. Oktober bestätigt werden und am 1. November ihr Amt antreten.
Bis jetzt scheint Cañete der umstrittenste aller designierten Kommissare zu sein. Der frühere Landwirtschaftsminister wurde für seine Verbindungen zu Ölindustrie und die kurzfristigen Änderungen bei der Angabe seiner finanziellen Interessen kritisiert.
Cañete erklärte, er sei als Schirmherr der Faes-Stiftung, die seiner konservativen Partei Partido Popular (PP) nahesteht, zurückgetreten. Auch würde er kein Gehalt mehr als Präsident des Nationalen Wahlausschusses der PP beziehen.
Die Abgeordneten überhäuften ihn mit Fragen nach seinen Verbindungen zum Ölgeschäft. Seine Anteile an den Ölfirmen Ducar und Petrologis habe er verkauft. Cañete umging jedoch wiederholt Fragen zur Beteiligung seines Schwagers an Energiefirmen.
Der designierte Kommissar beharrte darauf, dass seine Frau, sein Sohn und er selbst sich gänzlich aus dem Öl-Sektor zurückgezogen hätten. Einige Abgeordnete fragten dennoch wiederholt nach der Verbindung seines Bruders zu Anteilinhabern der zwei in Frage stehenden Unternehmen.
Cañete umging diese Fragen mehrfach. Die Interessenserklärung, die er beim Parlament einreichte, betreffe nur seine engsten Familienmitglieder, sagte Cañete nach mehreren ausweichenden Antworten. Er habe bereits mehr Angaben gemacht als die Anforderungen des Verhaltenskodex der Kommission von ihm verlangen würden.
Der Spanier entschuldigte sich für das, was er als unangemessenen, sexistischen Kommentar während des diesjährigen Wahlkampfs für die Europawahlen bezeichnete. Nach einer Diskussion mit einer Kandidatin sagte er, eine Debatte mit einer Frau sei schwierig zu führen. Denn ein Mann, der seine „intellektuelle Überlegenheit“ nutze, könnte chauvinistisch erscheinen.
Zusammenführung von Energie und Klima
In der hektisch geführten Debatte konnte Cañete auch inhaltliche Aspekte des ihm zugewiesenen Geschäftsbereichs anbringen. Er verteidigte den Zusammenschluss der Bereiche Klimaschutz und Energie. Ihm zufolge sind sie „zwei Seiten derselben Medaille“.
Cañete wolle für die Förderung erneuerbaren Energien eintreten und auf eine größere Energieeffizienz, damit die EU „ein Vorreiter“ bei der Bekämpfung des Klimawandels sein könne. Der designierte Kommissar sagte, er habe die Vorschläge der scheidenden Klimaschutz-Kommissarin Connie Hedegaard immer unterstützt. Das gelte auch für die Ziele der Kommission, die eine Verringerung der Treibhausgase fordert.
Die Grünen und die Fraktion der Vereinten Europäischen Linken/Nordischen Grünen Linken (GUE/NGL) warfen ihm vor, die Politik in seiner Zeit als spanischer Umweltminister nicht vertreten zu haben. Cañete wurde für seine Schiefergas-Politik und für die Öl-Importe aus Kanada heftig kritisiert, das Teersandvorkommen ausbeutet.
Cañete sprach sich für die Schaffung eines Energiebinnenmarktes und für eine größere Energieunabhängigkeit der EU von Russland aus. Das Pipeline-Projekt South Stream solle eingefroren bleiben, bis alle rechtlichen Probleme damit gelöst sind. Mit South Stream könnte Russland noch mehr Macht auf EU-Territorium erhalten, sagte er.
Die Grünen und GUE/NGL setzten sich für das #StopCañete-Manifest ein. Bis jetzt wurde es von mehr als 80 Abgeordneten unterzeichnet. Darunter sind einige Mitglieder der sozialdemokratischen Fraktion und auch Abgeordnete aus der Fraktion Europa der Freiheit und der direkten Demokratie (EFDD).
Die SPD-Abgeordneten im E?uropaparlament halten Cañete für „fragwürdig“. Matthias Groote zufolge wäre der Spanier ein klassischer konservaitver Energiekommissar. „Aber seine Eignung weiter zweifelhaft. Der Zuschnitt des neuen Portfolios, wonach Klima und Energie zusammengelegt werden sollen, ist an dieser Stelle und mit diesem Kandidaten kontraproduktiv“, so Groote.
Der SPD-Politiker kritisierte, dass Cañete seine finanziellen Interessen keine klare Aussagen macht. „Wir brauchen eine erneute juristische Abschätzung durch den Rechtsausschuss bezüglich eines potentiellen Interessenkonflikts. Ohne diese Beurteilung können wir Sozialdemokraten die Eignung des Kandidaten nicht abschließend bewerten“, sagte Groote.