Die Fachausschüsse des Europaparlaments haben Alenka Bratušek aus Slowenien als Kommissarskandidatin durchfallen lassen. Der umstrittene Miguel Arias Cañete wurde hingegen durchgedrückt. Bestätigt wurden außerdem Jyrki Katainen, Jonathan Hill, Pierre Moscovici und Valdis Dombrovskis.
Die Ausschüsse für Energie und Umwelt des Europaparlamentes haben am Mittwoch gegen die designierte Vizepräsidentin für die Energie-Union, Alenka Bratušek, gestimmt. Nur 13 Ja-Stimmen entfielen auf Bratušek, 112 stimmten gegen sie. Bereits in der Anhörung hatte die Slowenin die Europaabgeordneten in den Ausschüssen für Energie und Umwelt nicht überzeugen können. Slowenien muss nun einen neuen Kandidaten für die Kommission nominieren und Jean-Claude Juncker könnte die Portfolios seines Teams umstellen müssen.
„Nach ihrem inkompetenten Auftritt war die Entscheidung des Europaparlaments gegen diese Kandidatin die einzig richtige“, sagte Matthias Groote, SPD-Europaabgeordneter und Umweltsprecher der sozialdemokratischen Fraktion im EU-Parlament. „Bratušek hat während der Anhörung gezeigt, dass sie dem ihr zugewiesenen Resort fachlich nicht gewachsen ist. Zudem war ihr gesamter Nominierungsprozess von Anfang an sehr fraglich.“
Martina Werner, energiepolitische Expertin der SPD-Europaabgeordneten, begrüßt das Ergebnis der Abstimmung gegen die slowenische Kandidatin: „Frau Bratušek hatte sich mit ihrer enttäuschenden Leistung bei der Anhörung am Dienstag selbst disqualifiziert. Die Ausschüsse für Energie- und Umwelt haben heute eine wichtige und richtige Entscheidung getroffen. Wir haben die Funktion des Europäischen Parlaments als demokratische Kontrolle der EU-Kommission deutlich unter Beweis gestellt.“
Wackelkandidat Miguel Arias Cañete, designierter Kommissar für Energie und Klimapolitik, wurde hingegen durchgewunken. Bei der Frage, ob er als Kommissar geeignet sei, stimmten 83 mit Ja, 42 mit Nein. 77 Ja-Stimmen bekam der Spanier bei der Frage, ob er für das Portfolio geeignet sei. 48 stimmten mit Nein.
Cornelia Ernst, stellvertretendes Mitglied im Industrieausschuss für Die Linke, empörte sich: „Cañete ist der denkbar schlechteste Kandidat. Er soll sowohl Energie als auch Klimaschutz bearbeiten, obwohl seine Familie immer noch geschäftliche Interessen in der Ölindustrie hat. Er ist ein Anhänger der Atomkraft, verteidigt desaströse Techniken wie Fracking und verschlechterte die Gesetzeslage für Erneuerbare Energien in Spanien zugunsten der marktbeherrschenden Energieriesen.“
Hintergrund für das „Durchdrücken“ Cañetes dürfte ein Deal der Sozialdemokraten gewesen sein. Diese hatten wohl entschieden, „Problem-Kommissare“ Cañete, Jonathan Hill (designierter Kommissar für Finanzdienstleistungen und Kapitalmärkte), Jyrki Katainen (designierter Vize-Präsident der Kommission für Jobs, Wachstum, Investitionen und Wettbewerb) und Valdis Dombrovskis (designierter Kommissar für sozialen Dialog und den Euro) zu unterstützen, um im Gegenzug ihren Kandidaten Pierre Moscovici zu retten.
Sven Giegold, finanz- und wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament, erklärt: „Die Mehrheiten für die konservativen Problem-Kommissare sind dadurch zustande gekommen, dass sich die Sozialdemokraten auf einen ungleichen Kuhhandel mit den Konservativen eingelassen haben. Die Sozialdemokraten haben die vier konservativen Kandidaten durchgewunken, nur um den Sozialdemokraten Moscovici als Wirtschaftskommissar durchzusetzen. Mit diesem schrägen Deal tritt die Große Koalition im EU-Parlament die Europäische Demokratie mit Füßen. Das hart erkämpfte Anhörungsrecht des Europaparlaments wird durch Parteitaktik ausgehebelt. Interessenskonflikte und einseitige Orientierung auf Austerität sind bedeutungslos.“
Von einem „wichtigen Schritt für die Stärkung des Euro, nachhaltiges Wachstum und eine wettbewerbsfähigere EU“ spricht hingegen der Sprecher der EVP-Fraktion im Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europaparlaments, Burkhard Balz (CDU). „Wir setzen auf die konsequente Einhaltung der europäischen Haushaltsregeln unter Federführung von Vize-Präsident Valdis Dombrovskis. Daran wird sich auch Pierre Moscovici als Fachkommissar halten müssen, der uns in der Anhörung und in den geforderten schriftlichen Ergänzungen eindeutig zugesichert hat, den Stabilitäts- und Wachstumspakt einzuhalten und keine Unterschiede zwischen großen und kleinen Mitgliedsstaaten zu machen.“
Katainen werde die „Mammutaufgabe“ der Koordinierung der EU-Politiken für nachhaltiges Wachstum und mehr Wettbewerbsfähigkeit zukommen, so Balz. „Jonathan Hill muss im gesamteuropäischen Interesse handeln und nun eine Banken- und Kapitalmarktunion verwirklichen, die die Stabilität des Finanzsystems weiter stärkt, und den Verbrauchern sowie der Realwirtschaft zugutekommt. Ich erwarte, dass er ein neutraler Anwalt für gleiche Spielregeln ist und keine Schlupflöcher für einzelne Finanzzentren oder Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten anderer EU-Staaten entstehen lässt.“
Die weiteren Abstimmungsergebnisse:
designierter Vizepräsident Jyrki Katainen (Jobs, Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit): bestätigt
geeignet als Kommissar: 123 Ja, 40 Nein, 5 Enthaltungen
geeignet für das Portfolio: 98 Ja, 52 Nein, 18 Enthaltungen
designierter Kommissar Lord Jonathan Hill (Finanzmarkt): bestätigt
geeignet als Kommissar: 43 Ja, 15 Nein, 0 Enthaltungen
geeignet für das Portfolio: 42 Ja, 16 Nein, 0 Enthaltungen
designierter Kommissar Pierre Moscovici (Wirtschaft): bestätigt
geeignet als Kommissar: 44 ja, 12 Nein, 3 Enthaltungen
geeignet für das Portfolio: 32 ja, 15 Nein, 12 Enthaltungen
designierter Vizepräsident Valdis Dombrovskis (Euro und Sozialer Dialog): bestätigt
geeignet als Kommissar: 73 ja, 25 Nein, 4 Enthaltungen
geeignet als Portfolio: 54 Ja, 37 Nein, 11 Enthaltungen