Eine frühere Europaabgeordnete des französischen Front National (FN) hat sich Nigel Farages Fraktion Europa der Freiheit und Demokratie (EFD) im Europaparlament angeschlossen. Mit ihrer Unterstützung hat die EFD erneut Fraktionsstatus erreicht. EURACTIV Brüssel berichtet.
Joelle Bergeron verließ den rechtsextremen FN zwei Tage nach den Wahlen. Die von Marine Le Pen angeführte Partei hatte sie zuvor darum gebeten, ihren Sitz an einen anderen Kandidaten abzutreten. Sie trat daraufhin als unabhängige Abgeordnete der neu formierten EFD-Fraktion bei, die am Mittwoch gebildet wurde.
Die europaskeptische Fraktion kommt damit auf insgesamt 48 Abgeordnete. Mit dem Beitritt Bergerons und dem dreier weiterer nationaler Delegationen erfüllt die EFD die Mindestanforderungen von 25 Abgeordneten aus mindestens sieben Ländern für eine Fraktionsbildung. Zu den neuen Mitgliedern zählen auch die Schwedendemokraten, die von einem ehemaligen Mitglied der Waffen-SS gegründet wurden. Damit erhält die EFD als Fraktion des EU-Parlaments EU-Gelder und einflussreiche Ausschuss-Positionen.
Die neue Fraktion steht
In einer EFD-Presseerklärung heißt es zu Bergeron: „Obwohl sie bei den letzten Wahlen auf der Liste des Front National gewählt wurde, räumt sie ein, dass sie der Partei zwar mit viel Hoffnung beigetreten war, ihre Sichtweise aber eine andere ist[…] Joelle Bergeron schließt sich der Fraktion als Unabhängige an und beschreibt sich als anglophil, mit dem Wunsch nach demokratischer Selbstbestimmung und Respekt unter den verschiedenen Nationen.“
In der Erklärung wurden auch die anderen neuen Mitglieder der Fraktion verkündet. Zu ihnen gehören zwei Abgeordnete der Schwedendemokraten, die einen EU-Austritt Schwedens fordern, Petr Mach von der tschechischen Partei Freie Bürger, Autor des Buches „Wie man die EU verlässt“ sowie Iveta Grigule von der lettischen Partei Saeima, die ein Veto für die EU-Agrarpolitik fordert. Die Europaabgeordneten der Schwedendemokraten, Kristina Winberg und Peter Lundgren, distanzierten sich unterdessen in einem Schreiben an Farage von der rassistischen Vergangenheit ihrer Partei.
Die italienische Fünf-Sterne-Bewegung Beppe Grillos sprach sich in einem Online-Voting für einen Beitritt zur EFD-Fraktion aus. Sie stellt mit 17 Abgeordneten die zweitgrößte Partei innerhalb der Fraktion. Nur Farages UKIP ist mit 24 Fraktionsmitgliedern größer.
Die litauische Partei Ordnung und Gerechtigkeit hält der EFD unterdessen die Treue, nachdem sich die Dänische Volkspartei (DVP), die italienische Lega Nord, die Wahren Finnen sowie der niederländische Abgeordnete Bas Belder anderen Fraktionen angeschlossen haben.
Viele Beobachter waren davon ausgegangen, dass die EFD Schwierigkeiten haben würde, genügend Delegationen für eine Neubildung zu finden. Nun hat Marine Le Pens Bündnis der rechten Parteien Probleme, aus einem abnehmenden Pool an Abgeordneten und Parteien Unterstützung für die Fraktionsbildung zu gewinnen. Falls ihr das nicht gelingt, würden dem Bündnis in der nächsten fünf Jahre währenden Legislaturperiode 22 Millionen Euro entgehen – Gehälter und Ausgaben nicht mitgerechnet.
Die Denkfabrik Open Europe schätzt, dass die neue EFD-Fraktion ungefähr 3.8 Millionen Euro pro Jahr für die Finanzierung der Fraktion einfordern könnte.
Politische Ziele
„Wir werden an allererster Stelle für die Wiederherstellung des Friedens, der nationalen Demokratie und des Wohlstands in ganz Europa arbeiten. Ich freue mich darauf, mit anderen Delegationen zusammen so wirksam wie möglich Veränderungen in Brüssel herbeizuführen, während wir daheim die leute für den Schaden sensibilisieren, den EU-Verordnungen im Leben gewöhnlicher Menschen anrichten. Sie können von uns erwarten, dass wir einen gerechten Kampf austragen, um die Kontrolle in Richtung unserer Länder zu verschieben“, sagte Farage. Man hätte gegen großen politischen Widerstand ankämpfen müssen, um die Fraktion bilden zu können. Er sei sich sicher, dass alles sehr gut funktionieren wird und weitere Delegationen der Fraktion beitreten werden.
Auch Beppe Grillo war erfreut über den Beitritt seiner Fünf-Sterne-Bewegung zur EFD: „Es ist ein großer Sieg für die direkte Demokratie. Zum ersten Mal haben die Bürger ihr Sprachrohr gewählt und ihm gesagt, wo es sich im Europaparlament verorten soll. Jetzt werden wir mit der Ausschussarbeit beginnen und die Stimme der Völker wird in den Europäischen Institutionen gehört werden, ohne Vermittler. Das ist großartig!“
Die Fünf-Sterne-Bewegung fordert die Abschaffung des Fiskalpaktes, die Annahme von Eurobonds, die Bildung eines Bündnisses der Mittelmeerländer für eine gemeinsame Politik, die Abschaffung eines ausgeglichenen Haushalts und ein Referendum über den Verbleib Italiens in der Eurozone.
Die neue Fraktion wird sich kommenden Dienstag treffen.