Österreichs ehemaliger Bundeskanzler Sebastian Kurz von der konservativen ÖVP kann sich eine erneute Regierungszusammenarbeit mit der rechten FPÖ vorstellen. Das sagte der Politiker in einem Interview mit dem österreichischen Rundfunk (ORF).
Bedingungen für eine Koalition seien allerdings, dass die ÖVP das Innenministerium führe und dass der ehemalige FPÖ-Innenminister, Herbert Kickl, nicht erneut Regierungsmitglied werde. „Sollte ich wieder eine Regierung anführen, hätte er keinen Platz“, so der Ex-Kanzler. Kickl habe „sich als Innenminister in verschiedenen Bereichen durch sein Verhalten eigentlich schon disqualifiziert.“
Kurz schloss in dem am Dienstagabend ausgestrahlten Interview allerdings auch keine möglichen Koalitionen mit anderen Parteien aus.
Österreich wählt am 29. September ein neues Parlament, nachdem die ÖVP-FPÖ-Koalition im Mai zerbrach.
Die Veröffentlichung eines geheim aufgezeichneten Videos führte zum Rücktritt des damaligen Vizekanzlers und FPÖ-Parteichef Heinz-Christian Strache. In dem Video war zu sehen, wie Strache und ein weiterer FPÖ-Politiker sich mit einem unbekannten Lockvogel unter anderem über möglicherweise illegale Parteispenden unterhalten.
Ex-Innenminister Kickl war zur Zeit der Entstehung des Videos FPÖ-Generalsekretär, weigerte sich allerdings nach der Veröffentlichung zurückzutreten. Noch am selben Tag trat Kanlzer Kurz vor die Presse und Verkündete die Beendung der großen Koalition. Vier Tage später wurde Kickl von Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen entlassen, alle anderen FPÖ-Minister traten ebenfalls zurück.
Knackpunkt Innenministerium
Kurz ist nicht der erste hochrangige ÖVP-Politiker, der sich gegen einen neuen Regierungsjob für Herbert Kickl ausspricht. Eine entsprechende Aussage von Ex-Kanzleramtsminister Gernot Blümel vor wenigen Wochen wurde von der FPÖ heftig kritisiert.
„Herbert Kickl hat als Innenminister ebenso wie die ganze FPÖ-Regierungsriege eine fantastische Arbeit abgeliefert“, verteidigte FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky seinen Parteikollegen in der Tageszeitung Kurier.
Die Besetzung des Innenministeriums könnte mögliche Regierungsverhandlungen nach der Wahl Ende September erschweren. Sebastian Kurz‘ Partei liegt in Umfragen klar voran, braucht aber einen Koalitionspartner für eine Mehrheit im Parlament. Das Innenressort ist für die rechte FPÖ von strategischer Bedeutung, da sie hier ihre Migrations- und Sicherheitspolitik umsetzen kann.
FPÖ-Spitzenkandidat für die bevorstehende Parlamentswahl ist Norbert Hofer, der 2016 knapp die Wahl für das Amt des Bundespräsidenten verlor. Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache tritt im September voraussichtlich nicht an. Strache ist als FPÖ-Spitzenkandidat für die Regionalwahl in Wien im kommenden Jahr im Gespräch. Der Job des Bürgermeisters der 2-Millionen-Metropole gilt als einer der einflussreichsten Politikerposten in Österreich.