Seit Wochen beherrscht der erbitterte Streit zwischen CDU und CSU die politische Landschaft in Deutschland. Die Auseinandersetzung, die sich an der Sachfrage entfacht hat, ob bereits registrierte Asylsuchende an deutschen Grenzen zurückgewiesen werden, ist am Sonntag mit dem Rücktrittsangebot von CSU-Chef und Bundesinnenminister Horst Seehofer erneut eskaliert.
Auf dem Spiel steht nicht nur die Zukunft einer deutschen Bundesregierung mit Angela Merkel (CDU) als Bundeskanzlerin, sondern auch die Stabilität innerhalb der EU. „Der Streit in der Union hätte nie so eskalieren dürfen“, so Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) am Sonntag. Denn es handle sich „im Kern um eine Sachfrage“.
Eine Sachfrage, die laut Horst Seehofer auf dem EU-Gipfel vergangener Woche nicht „wirkungsgleich“ beantwortet wurde. Während der Bundesinnenminister bereits in anderen EU-Staaten registrierte Flüchtlinge an der deutschen Grenze zurückweisen will, lehnt die Bundeskanzlerin das ab und vereinbarte mit einer Reihe von EU-Mitgliedstaaten schnellere Rücknahmen von Flüchtlingen.
Statement nach der Parteivorstandssitzung https://t.co/BkWvJFf02K
— CSU (@CSU) July 1, 2018
Für die ansonsten schwerfälligere Entscheidungsfindung auf EU-Ebene war der EU-Gipfel zumindest ein politisches Bekenntnis. Doch das reicht Seehofer nicht aus. So soll die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache, Frontex, zwar mehr Geld erhalten, die Finanzierung selbst steht aber noch nicht. Die kontroversen „geschlossenen Sammellager“ innerhalb der EU wurden zwar beschlossen, aber bisher hat sich kein Mitgliedstaat bereit erklärt, diese einzurichten. Auch die einzurichtenden Aufnahmelager in Nordafrika stoßen bei den avisierten Ländern auf wenig Gegenliebe.
Selbst die von Merkel angekündigten bilateralen Absprachen über die Flüchtlingsrückführung mit 14 Mitgliedstaaten führte kurzzeitig zu Irritationen, da Polen, Ungarn und Tschechien solche Absprachen kurz darauf dementierten.
Es sei viel zu früh, um von einem Erfolg zu sprechen, sagte auch EU-Ratspräsident Donald Tusk nach Abschluss des EU-Gipfels. Die Vereinbarung der 28 EU-Staaten sei noch der “einfachste Teil” im Vergleich mit dem, was die Länder bei der Umsetzung erwarte.
Genügend Gründe für Seehofer, alles hinzuwerfen und die Regierungskoalition platzen zu lassen? Am Sonntag zeigte sich sich der Minister dann aber doch zu einem weiteren Gespräch mit Angela Merkel am Montag nachmittag bereit. Zuvor wird sich das CSU-Präsidium treffen.