Der – wenn auch vorläufig aufgeschobene – Brexit könnte zu neuen Fraktionsbildungen im Europäischen Parlament führen. Die FPÖ spekuliert über eine neue rechte Parteigruppierung.
Innerhalb der Fraktion der Rechtspopulisten „Europa der Nationen und Freiheit“ (ENF) scheint es schon seit längerer Zeit Meinungsverschiedenheiten zu geben. So hieß es etwa aus der österreichischen Rechts-Partei FPÖ, dass die Zusammenarbeit mit Marine Le Pen, der Parteichefin der „Rassemblement National“, vormals „Front National“, zunehmend schwieriger wird.
Le Pen würde den übrigen Parteien innerhalb der Fraktion ihre Politik aufzwingen wollen, heißt es. Das stieß vor allem auf den Widerstand der italienische Lega Nord, die sich seit ihren Wahlerfolgen massiv gestärkt sieht und ihren französischen Parteikollegen auf gleicher Augenhöhe begegnen will. Rückenwind bekommt die Lega von der FPÖ.
Ein Interview des EU-Mandatars und FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky in der österreichischen Tageszeitung „Der Standard“, liefert nun plötzlich Anhaltspunkte für einen möglichen politischen Stimmungswandel bei den österreichischen Freiheitlichen.
Die Gedanken die darin zum Ausdruck kommen, klingen fast so, als hätte die FPÖ Kreide gefressen. Vilimsky und seine blauen Weggefährten wehren sich gegen den Vorwurf, die EU zerstören zu wollen, vielmehr ginge es ihnen um die Reformierung.
Sie kündigten an, die Kompetenzen der Kommission beschneiden zu wollen, mehr Aufgaben an die Nationalstaaten delegieren sowie die Zahl der EU-Abgeordneten ebenso wie der EU-Kommissare reduzieren. Der freiheitlichen Spitzenkandidaten für die EU-Wahl beklagt jetzt, dass wesentliche Mitglieder der ENF von diesem „Aufmischen“ der EU-Strukturen wenig halten und nicht mitziehen wollen.
FPÖ will Allianz mit Lega, PiS und Fidesz
Daher spielt die FPÖ mit dem Gedanken, eine neue Fraktion zu gründen, die nicht mehr als rechts-extrem eingeordnet werden soll. Alternativ könne man sich vorstellen, sich einer bereits bestehenden Fraktion anzuschließen. Konkret denkt Vilimsky an die Fraktion der „Konservativen und Reformer“ (ECR), die derzeit die drittgrößte Parteiengruppierung im EU-Parlament darstellt. Das könnte sich bald ändern: Die britischen Konservativen sind Teil der ECR, ihr Wegfall würde die ECR schwer treffen
Und auch die polnische „Recht- und Gerechtigkeitspartei“ (PiS) hat durchblicken lassen, dass sie nach dem Auszug der Briten nun andere befreundete Parteien zum Eintritt in die ECR animieren könnte. Und auch die FPÖ würde gerne noch zwei weitere Länder mitbringen: die italienische Lega Nord und die ungarische Fidesz.
Die Gedankenspiele von Vilimsky haben freilich zwei Haken.
Just am selben Tag, an dem die Überlegungen innerhalb der österreichischen Rechtspopulisten öffentlich wurden, hat sich Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán bei jenen 13 EVP-Mitgliedsparteien für seine Kritik an der EU-Führung entschuldigt, die den Ausschluss von Fidesz verlangt hatten. EVP-Chef Manfred Weber erklärte daraufhin, dies sei ein erster Schritt, um die Innenbeziehungen zu normalisieren.
Das zweite Problem an dem angedeuteten Fraktionswechsel betrifft die Wählerschaft der FPÖ. Sie wird der FPÖ am 26. Mai nämlich vor allem deshalb ihre Stimme geben, weil sie der EU einen Denkzettel verpassen will. Der EU gegenüber ist sie kritisch eingestellt. Ein Kurswechsel der Parteiführung könnte die Wähler nun vor den Kopf stoßen und der FPÖ damit das angepeilte Ziel, mit der SPÖ zumindest gleichzuziehen, vermasseln.