Die EU muss „die Wirtschaft in Schwung bringen“, um ihrer Jugend zu helfen, neue Chancen zu erschließen und die „Lücke“ zwischen Schule und Arbeit bestmöglich zu überbrücken, so Christa Schweng, die Vorsitzende des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (EWSA), im Gespräch mit EURACTIV.com.
Es sei ein wichtiger Schritt, „diesen Übergang von der Schule oder von der Universität ins echte Leben zu schaffen. Ich denke, da gibt es eine Lücke, die geschlossen werden muss,“ erklärte die österreichische Chefin des 328 Mitglieder zählenden EU-Beratungsgremiums. „Aber leider, so zumindest mein Gefühl, wird diese Lücke durch die Krise immer größer,“ warnte sie.
Schweng betonte die entscheidende Rolle, die Praktika und Ausbildungsplätze bei der Überbrückung eben dieser „Lücke“ zwischen Schule und Beruf spielen: „Was man immer braucht, ist eine Art Übergang – zum Beispiel die Möglichkeit, Praktika zu machen, um zu lernen, wie das Arbeitsleben wirklich funktioniert.“
Mit der durch die Pandemie ausgelösten Rezession würden sich aber viele Unternehmen heute nicht in der Lage sehen, derartige Möglichkeiten anzubieten. Dies sei „ein großes Problem“, warnte sie. Deswegen gelte: „Wir müssen die Wirtschaft wieder in Schwung kriegen, wieder zum Laufen bringen. Dann werden wir auch Lösungen für den Arbeitsmarkt finden.“
Junge Menschen sind tatsächlich unverhältnismäßig stark von den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie betroffen. Lag die Jugendarbeitslosigkeit im April 2020 EU-weit noch bei 15,4 Prozent, so ist sie im Dezember 2020 bereits auf 17,8 Prozent angestiegen. Im Gegensatz dazu stieg die allgemeine Arbeitslosenquote in der Gesamtbevölkerung „nur“ um 0,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Um dem entgegenzuwirken, will die EU-Kommission beim Sozialgipfel der EU-Staats- und Regierungschefs, der im Mai in Porto stattfinden soll, den Fokus auf junge Menschen legen.
Laut Schweng birgt die Krise aber auch eine Chance: „Ich will nicht zynisch wirken, verstehen Sie mich da nicht falsch: Aber ich denke, es gibt auch eine gewisse Chance, von dem abzuweichen, was bisher gemacht wurde, und zu versuchen, sich jetzt auf eine nachhaltigere Produktion und Erbringung von Dienstleistungen zu konzentrieren.“
Wichtig sei dabei unter anderem, neue Qualifikationen und „Skills“ unter den Arbeitskräften in Europa zu schaffen. Laut Investitionsbericht 2020 der Europäischen Investitionsbank mangelt es beispielsweise 42 Prozent der EU-Bevölkerung an Digital-Grundkenntnissen.
Auch Nicolas Schmit, der EU-Kommissar für Beschäftigung und soziale Rechte, betont, dass die EU-Länder in ihren nationalen „Recovery-Plänen“ einen besonderen Schwerpunkt auf Investitionen in Qualifikationen und Kompetenzen legen sollten. „Wir arbeiten jetzt mit den Mitgliedsstaaten zusammen, um sicherzustellen, dass die Aus- und Weiterbildung ein Hauptschwerpunkt wird,“ sagte er am Montag während einer Plenarsitzung des Europäischen Parlaments.
Laut Schweng wäre es ein guter Ansatz, möglichst bald Kurzzeitarbeitsprogramme mit Schulungen/Weiterbildungen zu kombinieren. „Meiner Ansicht nach wäre dies eine sehr logische Kombination,“ sagte sie.
Ein weiteres Hindernis könnten derweil die Arbeitsämter und andere Institutionen sein, die teilweise ebenfalls unter der Krise gelitten haben. Schweng dazu: „Ich denke, es sind einige Verbesserungen nötig. Vielleicht nicht in allen Mitgliedsstaaten, aber in einigen Mitgliedsstaaten ganz sicher.“
[Bearbeitet von Frédéric Simon]