Die Europäische Volkspartei (EVP) will im November einen Ausschuss einrichten, der „alles tun wird, um unethisches Verhalten“ zu bekämpfen. Zu einer Warnung an das EVP-Mitglied Partido Popular (PP) konnte die Partei sich nach dem schwerwiegenden Urteil in Spanien aber nicht durchringen.
EVP-Mitarbeiter teilten EURACTIV mit, die Partei werde im Herbst dieses Jahres offiziell die Einrichtung einer Kommission zur Anwendung eines Verhaltenskodexes für ethisches Verhalten in ihre Satzung aufnehmen.
„Öffentliche und politische Rechenschaftspflicht und absolute Integrität sind für jedes Mitglied der EVP wichtige Voraussetzungen. Wir werden alles tun, um diese Standards aufrechtzuerhalten,“ erklärte der Pressedienst der Partei.
Diese Mitteilung knüpft an die Worte von EVP-Präsident Joseph Daul vom April an, nachdem ein Bestechungsskandal um Mitglieder der Parlamentarischen Versammlung des Europarates (PACE) bekannt geworden war.
Die konservative Partei scheint bisher aber nicht geklärt zu haben, ob sie ihren neuen Verhaltenskodex schon jetzt auf ihr spanisches Mitglied anwenden wird. In Spanien nimmt der Druck auf die regierende PP derweil weiter zu.
Die EVP-Mitarbeiter konnten auch nicht sagen, ob Daul eine Warnung an den spanischen Premierminister Mariano Rajoy senden werde.
Am Donnerstag vergangener Woche waren spanische Richter zu dem Schluss gekommen, dass ein Netzwerk von Geschäftsleuten und Mittelsmännern „eine stabile Zusammenarbeitsstruktur“ mit der PP aufgebaut hatte, um „ein effizientes System der institutionellen Korruption“ zu verfolgen, über das nationale, regionale und lokale Verträge vergeben wurden.
Die Richter stellten auch die Wahrhaftigkeit von Rajoys Aussagen während des Prozesses in Frage. Der Premier hatte die Frage verneint, ob die PP jegliche Gewinne über die schwarzen Kassen des Korruptionsnetzwerks erzielt habe.
Rajoy betonte, er werde aufgrund des Skandals nicht zurücktreten und griff die sozialistische Opposition an, die ein Misstrauensvotum gegen seine Regierung vorgebracht hatte. Auch PP-Generalsekretärin Maria Dolores de Cospedal bestritt am Dienstag die Existenz eines „Schmiergeldfonds“. Stattdessen stellte sie die Schlussfolgerungen der Richter in Frage: „Sind die Richter unfehlbar?,“ fragte sie bei einer Anhörung im spanischen Parlament.
Mit Korruptionsbekämpfung gegen Populisten
Die Turbulenzen in Spanien folgen auf andere Skandale innerhalb der EVP-Familie. So hatten der Fall François Fillon, dessen Missbrauch von Steuergeldern seine Präsidentschaftskandidatur in Frankreich deutlich schwächte, und der unabhängige Bericht über korruptes Verhalten von EVP-Mitgliedern in der PACE die Partei zur Gründung der neuen Ethikkommission veranlasst.
Die Konservativen versprechen, Korruptionsfälle innerhalb der eigenen Reihen ernsthaft anzugehen. Dieses Engagement wiederum zielt sicherlich auch darauf ab, dem wachsenden Erfolg und Druck von liberalen und populistischen Parteien vor den Europawahlen im Mai 2019 mit eigenen Maßnahmen entgegenzutreten.
Im Falle des PACE-Vorfalls stand übrigens ebenfalls ein Spanier, Pedro Agramunt, Senator der PP und ehemaliger PACE-Präsident, im Mittelpunkt.
Die beunruhigenden Aussichten für die PP, derzeit die viertgrößte nationale Delegation innerhalb der EVP im Europäischen Parlament, könnten auch den Wahlergebnissen der europäischen Partei im kommenden Frühjahr schaden.
Während die EVP auf die Probleme in Spanien bisher nur schleppend reagiert – zumindest bis zur tatsächlichen Einsetzung des neuen Ausschusses – hat die Partei gefordert, alle ihre Mitglieder, die im unabhängigen Bericht über den Bestechungsskandal der PACE genannt werden, aus der Versammlung zurückzuziehen oder zu suspendieren.
„Die [nationalen] Parteien der EVP müssen die Verantwortung übernehmen, die Transparenz zu verbessern und die Integrität ihrer Vertreter im Einklang mit den Werten der EVP wiederherzustellen,“ hatte Daul im April betont.