Österreich will in der EU nicht nur als politischer Brückenbauer auftreten sondern sucht nun in der Europapolitik auch den verstärkten Dialog mit den Bürgern.
Wie jüngst eine Umfrage zeigte, sind sich viele Bürger der Bedeutung des Europaparlaments nicht ausreichend bewusst. Das findet auch in der recht niedrigen Beteiligung an den Europa-Wahlen seinen Ausdruck. Europapolitik wird vor allem mit dem Rat, also der Versammlung der Staats- und Regierungschefs, identifiziert und hat damit etwas Elitäres an sich. Bodenhaftung zu gewinnen, ist eine Intention des in Niederösterreich für Europapolitik zuständigen Landesrates Martin Eichtinger. Mit dem so genannten „Europa-Forum Wachau“ hat er auch eine Plattform an der Hand, die für ein solches offenes Dialogforum geeignet ist.
Im Zuge der Eröffnung der Beitrittsverhandlungen der Union mit Österreich im Jahre 1992 wurde seitens Brüssels der Wunsch geäußert, dass sich Österreich – kaum drei Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs – verstärkt um die so genannten neuen Demokratien, also die ehemaligen unter kommunistischem Diktat stehenden „Volksdemokratien“ kümmern soll. Das nahmen der der damalige Außenminister Alois Mock und der damalige niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll zum Anlass, im Zuge des EU-Beitritts im Jahre 1995 das „Europa-Forum Wachau“ zu begründen. Als Standort wurde bewusst das über dem Eingang zur Wachau thronende Stift Göttweig gewählt, nicht nur weil es für das große historische kulturelle Erbe steht, „Ausblick und Weitblick“ signalisiert, sondern auch weil es an der Donau liegt. Also an jenem Fluss, der als Lebensader Europas gilt und von der Mitte Deutschlands bis zum Schwarzen Meer führt.
Politik am Puls der Zeit
Seit 1995 haben Außenminister, Premierminister, EU-Kommissare, Präsidenten und über 10.000 Gäste an diesem Forum teilgenommen. Heute will man den bislang eher geschlossen wirkenden Rahmen gewissermaßen sprengen, um wie es Landesrat Martin Eichtinger und der Zukunftsforscher Matthias Horx formulierten, „nicht nur thematisch am Puls der Zeit zu sein, sondern mit- und füreinander ein gemeinsames Europa mitzugestalten“. Ziel der Reform des Forums ist ein internationales Gipfeltreffen der europäischen Zukunft, bei dem die Bürger direkt in den politischen Diskurs eingebunden werden. So finden im Vorfeld des Hauptevents, das vom 13. bis 15 Juni anberaumt ist, so genannte „Salons“ im ganzen Land statt, um die Meinungen der Bürger zu aktuellen Entwicklungen einzuholen, die dann direkt in das Europa Forum einfließen und drei Tage intensiv behandelt werden.
Niederösterreich, das sich unter Landeshauptmann Pröll in der EU massiv für eine Politik der Regionen eingesetzt hat, will weiter Vorreiter sein und mit dem Europa-Forum nun neue Wege in der Kommunikation gehen. Eichtinger: „Gerade in Zeiten der Unsicherheit in Europa brauche man Sicherheit und Stärke, müsse man die konstruktiven Kräfte in Europa stärken und nicht jene, die gegen die europäische Idee arbeiten“. Europa stehe in einem ständigen Entwicklungsprozess, dem auch durch eine breite Meinungs- und Willensbildung verstärkt Rechnung getragen werden muss. Ein Weg dazu ist es, dass „die Meinungen der Menschen aus den Gemeinden eine sehr starke Stimme bekommen“.