Nicht alle EU-Länder werden sich im gleichen Tempo von den wirtschaftlichen Einbußen des Jahres 2020 erholen, warnte die Europäische Kommission am Montag. Es brauche eine „starke gemeinsame Antwort“ von allen 27 EU-Mitgliedsstaaten.
„Die Verluste aus dem Jahr 2020 werden sich nicht überall in der EU gleich schnell oder im gleichen Tempo ausgleichen lassen, und deshalb ist es wichtig, dass die 27 Mitgliedsstaaten in einer gemeinsamen und starken europäischen Antwort zusammenarbeiten,“ betonte Johannes Hahn, der EU-Kommissar für Haushalt und Verwaltung, gestern.
Obwohl die Auswirkungen der Pandemie immer noch in der gesamten Wirtschaft zu spüren seien, so Hahn, gebe es „in den Winterprognosen inzwischen Licht am Ende des Tunnels: Wir erwarten eine Gesamterholung der EU-Wirtschaft von 3,7 Prozent im Jahr 2021 und 3,9 Prozent im Jahr 2022.“ Damit werde man bereits 2022 zum BIP-Niveau vor der Pandemie zurückkehren – früher als erwartet.
Hahn wiederholte den Appell der Exekutive an die EU-Mitgliedsstaaten, den Beschluss zur Schaffung neuer Eigenmittel für den EU-Haushalt, den die Staats- und Regierungschefs im vergangenen Dezember verabschiedet hatten, schnell zu ratifizieren. Sieben EU-Staaten hätten dies bereits getan.
„Wir zählen auf das Engagement aller Mitgliedsstaaten, im Interesse aller Bürgerinnen und Bürger so schnell wie möglich voranzukommen,“ fügte er hinzu und erklärte einmal mehr, dass die Kommission erst mit der Ausgabe von Schulden beginnen könne, wenn alle 27 Mitgliedsstaaten die Ratifizierung abgeschlossen haben.
Seit vergangenem Jahr steht die EU-Exekutive darüber hinaus im intensiven Dialog mit allen Mitgliedsstaaten, um die Vorbereitung der jeweiligen nationalen Konjunkturpläne zu diskutieren. Diese sind eine weitere Voraussetzung, um den 750 Milliarden Euro schweren EU Recovery Fund anzapfen zu können.
Hahn betonte, man wolle „unangemessene Verzögerungen“ bei der Auszahlung der Mittel an die EU-Mitgliedsstaaten vermeiden.
Der österreichische Kommissar beharrte außerdem darauf, dass die Regierungen der 27 Staaten bei der Ausarbeitung ihrer Pläne die Interessengruppen auf nationaler Ebene konsultieren sollten. Neben Gewerkschaften und Verbänden müsse auch mit den lokalen und regionalen Behörden gesprochen werden. Er sagte weiter, bei den nationalen Plänen gehe es nicht nur um Investitionen, sondern auch um die notwendigen Reformen, die den Empfehlungen des Europäischen Semesters entsprechen sollten.
Laut der Verabschiedung des Eigenmittelbeschlusses durch alle Mitgliedsstaaten sieht die EU-Kommission bis Ende 2026 ein Volumen von jährlich 150 bis 200 Milliarden Euro an Schuldenemissionen vor.
Damit werde die EU einer der größten Emittenten auf dem Markt sein – auf Augenhöhe mit Staatsanleihen-Emittenten wie Frankreich, Italien und Deutschland, so Hahn.
[Bearbeitet von Frédéric Simon]