Theresa Mays konservative Partei würde eine krachende Niederlage erleiden, wenn das Vereinigte Königreich an den Europawahlen im kommenden Monat teilnimmt. Das zeigt eine am Mittwoch veröffentlichte Umfrage.
Die Tories würden demnach nur 23 Prozent der Stimmen erhalten, während die sozialdemokratische Labour-Partei fast 38 Prozent erzielen könnte, so die Umfrage von Hanbury Strategy für den Think-Tank Open Europe. Nigel Farages neu gegründete Brexit-Partei könnte gute zehn, seine ehemalige Partei UKIP knappe acht Prozent erreichen.
Bei den Europawahlen 2014 hatte die euroskeptische UKIP das Feld noch angeführt. Unter der Führung von Gerard Batten, der die Partei weiter nach rechts und in Richtung offene Islamophobie gedrängt hatte, verließen die meisten ihrer Europaabgeordneten die Partei jedoch.

Unter den proeuropäischen Parteien würden die Liberaldemokraten laut Umfrage acht Prozent der Stimmen bekommen. Die „Change UK“-Partei von Pro-Remain-Abgeordneten, die aufgrund des drohenden Brexits aus Labour und der Konservativen Partei ausgetreten waren und eine eigene Partei gegründet hatten, sowie die Grünen liegen bei jeweils vier Prozent.
Die Umfrage zeigt auch, dass die Bereitschaft, an den EU-Wahlen teilzunehmen und wählen zu gehen, bei den „Remainern“ (47 Prozent) deutlich höher liegt als bei den „Leave“-Befürwortern (38 Prozent).
In den vergangenen Jahren ließ sich im Vereinigten Königreich jedoch die Tendenz erkennen, dass die Unterstützung für euroskeptische Parteien in Umfragen tendenziell unterdurchschnittlich repräsentiert ist. Bei den Wahlen schneiden solche Parteien also meistens besser ab als vorhergesagt. Diese Volatilität könnte sich angesichts der Brexit-Turbulenzen noch verstärken.
Nigel Farage hat bereits angedeutet, er erwarte für seine Brexit Party ein deutlich besseres Ergebnis.
Europawahlen im UK immer wahrscheinlicher
Obwohl die Premierministerin wiederholt betont hatte, sie wolle nicht, dass das Vereinigte Königreich Ende Mai noch einmal EU-Abgeordnete wählt, ist inzwischen nahezu sicher, dass das Land auch am 23. Mai, wenn die Wahlen starten, noch Teil der Union sein wird.
„Die Vorstellung, dass das britische Volk drei Jahre nach seiner Entscheidung, die EU zu verlassen, zur Wahl geht, um Abgeordnete zu wählen, ist kaum erträglich. Es dürfte wohl kein stärkeres Symbol für das kollektive politische Versagen des Parlaments geben,“ warnte May erst vergangene Woche.
Die Wahlergebnisse könnten auch entscheidend dafür sein, ob das Vereinigte Königreich ein zweites Referendum über den Verbleib in der EU durchführt.
Die für die Durchführung der Europawahlen erforderliche Gesetzesänderung wurde Anfang dieser Woche von der May-Regierung vorgenommen. Die lokalen Behörden und die Wahlkommission sind inzwischen beauftragt, die (potenziellen) Wahllokale entsprechend vorzubereiten.
Die Labour-Partei hat am gestrigen Mittwoch angekündigt, sie werde ihre Europawahlliste am 17. April bekanntgeben. Anfang dieser Woche schrieb auch die Tory-Führung an alle Parteimitglieder und legte dabei die Vorauswahlkonzepte für die Wahllisten dar. Der Einsendeschluss für die Nominierungen der Konservativen ist der 24. April.
Auch die anderen Parteien bereiten nun ihre eigenen Kandidatenlisten vor.
[Bearbeitet von Zoran Radosavljevic]