Breton verspricht Unterstützung für europäische Tourismusbranche

"Wir werden gewaltige Summen an Geldern benötigen (...) und ich bin der Meinung, dass der Tourismus mit etwa 20-25 Prozent am meisten davon profitieren dürfte", so Breton. [EPA-EFE/OLIVIER HOSLET]

Da der Tourismus einer der am härtesten betroffenen Sektoren in der aktuellen Corona-Krise ist, könnte ein Sondergipfel im September oder Oktober organisiert werden, um sich mit den Auswirkungen der Pandemie zu befassen, sagte Binnenmarktkommissar Thierry Breton am Dienstag (21. April) vor den Abgeordneten im Verkehrsausschuss des Europäischen Parlaments.

In einer Videokonferenz mit EU-Gesetzgebern sagte Breton, der Herbstgipfel solle auch einen Fahrplan für nachhaltigen Tourismus in ganz Europa aufstellen.

Der EU-Kommissar für Industriepolitik präsentierte einen düsteren Ausblick für den EU-Tourismussektor und erinnerte daran, dass 50 Prozent des Welttourismusmarktes in Europa liegen. Die COVID-19-Krise könnte laut der Welttourismusorganisation zu einem Rückgang des internationalen Verkehrs um 20-30 Prozent führen, während die OECD einen Rückgang der Tourismuswirtschaft um 45-70 Prozent schätzt.

Wie EURACTIV Anfang März berichtete, forderte das European Tourism Manifesto, das die Interessen der europäischen Reise- und Tourismusbranche vertritt, die EU-Exekutive auf, sofortige Maßnahmen zur Milderung der Auswirkungen auf den Tourismus zu ergreifen.

Italien könnte in diesem Jahr bis zu 4,5 Milliarden Euro an Einnahmen aus dem Tourismus verlieren. In Griechenland macht der Tourismus etwa ein Fünftel der Wirtschaft und mehr als ein Viertel der Arbeitsplätze aus, während in Portugal der Sektor 2018 14,6 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt beitragen hat.

Europäische Tourismusindustrie hofft auf Unterstützung

Die europäische Tourismusindustrie bereitet sich aufgrund der anhaltenden Coronavirus-Krise auf dem Kontinent auf massive wirtschaftliche Einbußen vor.

Nach Bretons Schätzungen kostet die Pandemie Europa jeden Monat eine Milliarde Euro. Die Welttourismusorganisation (UNWTO) prognostiziert, dass die weltweiten Ankünfte von Touristen im Jahr 2020 um bis zu 30 Prozent zurückgehen könnten.

Bevor er mit den EU-Gesetzgebern sprach, sagte Breton in einem Interview mit dem französischen Fernsehsender BFM TV, dass ein „Marshall-Plan“ nötig sei, um der europäischen Tourismusindustrie zu helfen.

Gegenwärtig sind sich die Mitgliedsstaaten über die technischen Aspekte der Finanzierung eines solchen wirtschaftlichen Unterstützungspakets uneinig. Es wird erwartet, dass die Staats- und RegierungschefInnen der EU eine endgültige Entscheidung diesbezüglich verschieben werden, wenn sie sich am Donnerstag per Telefonkonferenz beraten, sagten EU-Diplomaten und Beamte am Dienstag.

Auf die Frage der EU-Gesetzgeber, welche Finanzinstrumente die EU einzusetzen gedenkt, um die Folgen der Pandemie für Länder abzuschwächen, deren Wirtschaft stark von der Tourismusindustrie abhängt, erklärte Breton, dass „starke Maßnahmen ergriffen werden müssen“.

„Dies ist der Kampf, den ich führen werde, um sicherzustellen, dass der Tourismus der größte Nutznießer davon sein wird“, so der französische Kommissar.

Das Coronavirus und die Fluggastrechte

14 EU-Regierungen sprechen sich dafür aus, dass Fluggesellschaften Gutscheine anstelle von Rückerstattungen für stornierte Flüge ausstellen dürfen. Werden die EU-Passagierrechte unter dem Druck des Coronavirus-Ausbruchs aufgeweicht?

„Wir werden gewaltige Summen an Geldern benötigen (…) und ich bin der Meinung, dass der Tourismus mit etwa 20-25 Prozent am meisten davon profitieren dürfte“, bekräftigte Breton. Europa sollte sich ansehen, wie die USA zehn Prozent ihres BIP für die Bekämpfung der Krise aufwenden, so Breton weiter.

Ihm zufolge sollten „alle Mitgliedsstaaten den selben und gleichberechtigten Zugang zu den Geldern haben“, während der genaue Betrag unklar bleibt.

Wie EURACTIV bereits zuvor berichtete, sprechen sich vierzehn europäische Regierungen dafür aus, Fluggesellschaften die Ausstellung von Gutscheinen anstelle von Rückerstattungen für stornierte Flüge zu gestatten, da die EU-Passagierrechtscharta unter dem durch den Coronavirus-Ausbruch entstandenen Druck leidet.

Da der Flugverkehr in Europa aufgrund der Lockdown- und Quarantänemaßnahmen erheblich zurückgegangen ist, was zu Massenstreichungen von Flügen geführt hat, haben die Fluggesellschaften versucht, den Kunden Gutscheine statt Rückerstattungen anzubieten, um ihre Bargeldreserven intakt zu halten.

Auf die Frage nach einer möglichen EU-weiten Lösung des Problems sagte Breton, er und Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager seien der Meinung, dass es wichtiger sei, dass die Staaten und nicht die Kunden ihre Fluggesellschaften unterstützen.

EU mit Klarstellungen zu Fahrgastrechten in Coronavirus-Zeiten

Die EU-Kommission hat deutlich gemacht, wie der Passagierrechte-Kodex des Blocks funktioniert. Mit der Mitteilung sollen die Bedenken von Tausenden von Reisenden, aber auch von Unternehmen, die vom Ausbruch des Coronavirus betroffen sind, gemildert werden.

Zudem werde demnächst ein Leitfaden veröffentlicht, wie Passagierrechte und Insolvenzmaßnahmen auszugleichen seien, der mit Verkehrskommissarin Adina Valean koordiniert werden solle. Valean erklärte gegenüber EURACTIV, dass Gutscheine eine Option seien, „aber die Passagiere dem zustimmen müssen“.

Auf die Frage der Europaabgeordneten, wann die Grenzen wieder geöffnet werden könnten, konnte Breton keine klare Antwort geben. Dies hänge von der Gesundheitssituation ab, müsse aber durch koordinierte Maßnahmen der Mitgliedsstaaten geschehen.

„Wir werden unser Äußerstes tun, um sicherzustellen, dass wir so harmonisiert wie möglich versuchen, kontrollierte Bewegungen und Reisen zuzulassen und gleichzeitig Verpflichtungen und Maßnahmen zu erfüllen“, betonte er gegenüber den Europaabgeordneten.

Bereits am Dienstag erklärte Breton gegenüber BFM TV, er erwarte, dass der Schengenraum wegen des neuen Coronavirus über den Sommer geschlossen bleiben werde.

Die Schlacht um Coronabonds: Wo steht Deutschland?

Auf der EU-Ebene stemmt sich Bundeskanzlerin Angela Merkel gegen Coronabonds, ihre Regierung steht geschlossen hinter ihr. Doch im Land brodelt es, Merkel bekommt Kritik aus den eigenen Reihen.

[Bearbeitet von Zoran Radosavljevic und Britta Weppner]

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